✦ Kapitel 35 ✦

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Damit war es raus. Die Worte, die sich plötzlich so vertraut anfühlten. Nichts daran war unnatürlich, nichts davon überraschte mich. Ich spürte das Band unserer Seelen, wie es sich miteinander verknüpfte - spürte wie ich nun begann ihn zu spüren. Seine Emotionen, seine Gefühle, sein Herz.

Da war dieses Gefühl, dass ich diesem Drachen gegenüber verspürte, auf wessen Rücken ich noch immer saß, während er uns durch die Wolken gleiten ließ. Er hatte mich gerettet, nicht das erste Mal. Er hatte es bereits gewusst, er wusste, dass die Gestalt seines Drachen, die er annehmen konnte, mein Schutzgeist war. Er hatte es gewusst und dennoch nichts gesagt, denn er hatte auf den Moment gewartet, an welchem ich es selbst erfahre - an welchem ich es selbst erkannte und spürte.

Nichts daran war fremd. Nichts an ihm machte mir Angst - es gab nichts an ihm, dass ich nicht schützen wollte - mit aller Kraft, solange ich lebte.

Mein Geist, all meine Erinnerungen - all das war plötzlich so klar, während wir durch die Lüfte flogen.

Meine Brust bebte noch immer vor Aufregung und ich hatte meinen Rücken durchgestreckt, saugte die frische Luft voller Freude über das - was ich nun wusste, in meine Lungen auf.

Meine Finger ruhten auf den warmen Schuppen Koas, ich betrachtete sie, jeden Kratzer und jede Kerbe in ihnen.
Koa sprach nichts. Ich spürte Erleichterung und Aufregung, ich teilte dieselben Gefühle wie er.

«Du bist mein Schutzgeist» flüsterte ich erneut, diesmal mit Kraft in meiner Stimme. Und erneut erreichte mich ein zustimmendes Beben seines riesigen Körpers. Ein Lächeln fuhr mir über das Gesicht, doch zugleich wurde mir bewusst, dass dieser Moment den wir nun hatten, die glücklichen Gefühle und Unbeschwertheit, nur von kurzer Dauer waren. Denn das, was uns zusammen gebracht hatte, war im Inbegriff die Soldaten der Mauer zu vernichten und die Königreiche sowie die Akademie anzugreifen, sollten wir sie nicht aufhalten.

Ich wusste, dass wir zurück kehren mussten. Auch wenn ich es nicht wollte - obwohl ich so viele Fragen an ihn hatte, es musste warten. Wir mussten den anderen helfen.

Und als hätte Koa meine Gedanken gelesen, stürzte er sich sogleich in die Tiefe. Und es benötigte keine Worte, keine Warnung, denn ich schmiegte mich vertraut an seinen Körper und glitt mit dem Wind in die sich auftuende Dunkelheit. Koas schuppiger Körper und seine dunklen, langen Flügel glitten durch die dunkle Wolkendecke, welche das Tor zu Tenebris und die Mauer umgab. Doch bereits bevor wir den Kampf erreichten, hörten wir diesen bereits. Und die Unbeschwertheit verschwand - da war die Anspannung die uns beide nun überkam. Denn egal was geschehen würde - dem anderen durfte nichts geschehen. Dennoch - es hatte sich etwas verändert, in meinem Körper. Seit ich gefallen war, seitdem ich gesehen hatte, wie der todbringende Rauch meinen Körper verlassen wollte. Seit meine Erinnerungen zurück gekehrt - und ich Koa gefunden hatte. Seit ich unser Band spürte, welches uns stärkte. Ich atmete tief durch, kniff die Augen zusammen und rollte die Schultern zurück. Auch aus Koas Nüstern trat entschlossener, heißer Dampf, während er sich schärfer in den Wind legte, wir in die Tiefe stürzten - und Koas dunkle Stimme aus seinem Körper ertönte.

«Wenn du dich daran erinnerst, wie du den Rauch aus deinen Händen gelassen hast - dann tu es Sommersprosse. Töte sie

Wir segelten hinab in die dunkle Wolke hinein, welche die Mauer umgab. Blitze, Feuer, Wasser, Steine - all das schleuderte sich uns bedrohlich entgegen, die Schlacht war noch im vollen Gange. Ich musste mir einen Überblick verschaffen, an allen Enden und Posten der Mauer sah ich, wie Schwarzer Rauch sich den Weg durch das Gestein bahnte, wie schmerzverzerrende Schreie der Agash die kämpfenden Soldaten in die Knie zwangen, doch ebenso sah ich, wie die Elemente die Wesen aus Tenebris zurück in die Tiefe drängten, wie Fae sich Schlachten mit den Saurwa lieferten - und gewannen. Denn obwohl ich nichts über Tenebris wusste, nie einen Angriff miterlebt hatte, ich spürte, dass dies nicht all ihre Streitkräfte waren. Sie hielten sich zurück. Und ich wusste nicht wieso.

The fifth KingdomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt