Tom saß in seinem Büro, einem düsteren Raum in einem unscheinbaren Gebäude am Rande der Stadt. Die Einrichtung war schlicht, fast kalt: ein schwerer Holzschreibtisch, lederne Sessel und eine Wanduhr, die das gleichmäßige Ticken des Schicksals vorgab. Das einzige Licht kam von der Schreibtischlampe, deren Schein sich auf den Papieren und Aktenordnern verteilte, die sich vor ihm stapelten. Eine halbleere Whiskeyflasche stand griffbereit, daneben ein kristallener Aschenbecher mit der Asche seiner letzten Zigarette.
„Was ist der aktuelle Stand?", fragte Tom, seine Stimme kalt und fest. Ihm gegenüber saß Anton, sein engster Verbündeter und gleichzeitig rechte Hand. Ein Mann von Anfang vierzig, stämmig und mit einem starren Blick, der in der kriminellen Welt nur einen Ausdruck hatte: Bedrohung. Er hatte das gleiche Leben wie Tom gewählt, ein Leben in den Schatten. Anton blätterte in einem Notizbuch und warf einen Blick auf eine Reihe von Namen und Beträgen. „Unser neuester Auftrag wurde erfolgreich abgeschlossen. Keine Zeugen. Saubere Arbeit." Seine Stimme war ruhig, beinahe emotionslos. „Die Geldübergabe erfolgt heute Nacht. Zehn Prozent gehen direkt an die Familie des Beteiligten, wie üblich." Tom nickte langsam, seine Gedanken drifteten ab, doch er zwang sich zur Konzentration. Es gab keinen Platz für Sentimentalitäten in seinem Geschäft. Er lehnte sich zurück und betrachtete die Akten auf seinem Schreibtisch. Es war ein Netz aus Verbindungen, Absprachen und Geheimnissen, das er über Jahre hinweg gewebt hatte. Jede einzelne Entscheidung, jeder Auftrag war eine weitere Verstrickung in diese Welt, aus der es kein Entkommen gab. Zumindest nicht für ihn. „Was ist mit dem Informanten?", fragte Tom, seine grünen Augen fixierten Anton, die Kälte darin ließ keinen Zweifel daran, dass er keine Antwort dulden würde, die ihm nicht gefiel. Anton lehnte sich vor, stützte seine Arme auf den Schreibtisch und sah Tom direkt an. „Er hat gezögert. Wollte mehr Informationen rausrücken, als ihm gestattet war. Ich habe ihm klargemacht, dass er jetzt einen Preis zahlen muss." Er lächelte leicht, ein gefährliches Lächeln, das im Raum hängen blieb. Tom schnaubte leise, schob ein paar Unterlagen zur Seite und legte seine Hand an den Rand seines Schreibtischs. „Gut. Erinnere ihn daran, dass wir diejenigen sind, die die Regeln machen. Und brich ihm beide Beine. Dann wird er sich zukünftig zweimal überlegen, welche Infos er weitergibt." Seine Worte waren so ruhig, als würde er über das Wetter sprechen. Doch die Bedeutung war klar: Hier war kein Platz für Schwäche. Schwäche bedeutete Gefahr, und Gefahr bedeutete, dass alles, was er aufgebaut hatte, in sich zusammenfallen könnte. Stella kam ihm in den Sinn. Ihre Augen, die ihn immer so liebevoll ansahen, selbst wenn sie wussten, wozu er fähig war. Sie war die Einzige, die je einen Spalt in seine harte Schale geschlagen hatte. Aber in diesem Moment musste er den Teil von sich verdrängen, der für sie da sein wollte, der sich ändern wollte. Das hier war seine Welt, und in dieser Welt zeigte man keine Schwäche. Nicht einmal für die Liebe. „Noch etwas, Boss", sagte Anton und brachte Tom zurück in die Gegenwart. „Wir haben ein Problem mit der Crew im Süden. Sie versuchen, die Regeln zu beugen. Ich denke, wir sollten ein Exempel statuieren." Tom legte seine Hände auf den Tisch, seine Finger trommelten ungeduldig. „Sollen sie denken, sie könnten uns in den Rücken fallen?" Seine Stimme wurde zu einem leisen, gefährlichen Flüstern. „Ich will, dass wir ihnen eine klare Botschaft senden. Keine Nachsicht. Keiner, der den Respekt nicht zeigt, hat das Recht, am Leben zu bleiben." Er lehnte sich zurück und sah Anton durchdringend an. „Kümmere dich darum. Und wenn du damit fertig bist, nimm den besten Mann, den wir haben, und lass ihn bei Matthew in Boston aufpassen. Ich will sicher sein, dass er sich weiterhin aus dem Leben von Stella heraushält. Ein falscher Schritt, und er bekommt es zu spüren." Anton nickte und erhob sich. „Verstanden, Boss. Alles wird genau so erledigt." Er drehte sich um, öffnete die schwere Bürotür und verschwand aus dem Raum, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Tom blieb alleine zurück, die Stille seines Büros schien ihn zu umhüllen. Sein Blick wanderte zu einem kleinen, unscheinbaren Foto auf seinem Schreibtisch. Stella. Es war eines der wenigen Dinge, die er aus seinem privaten Leben hierher mitgenommen hatte. Der Gedanke an sie war sein Licht in all der Dunkelheit, die ihn umgab. Doch jetzt, während er in dieses Bild sah, durchfuhr ihn eine Kälte, die ihn an den Rand seiner Emotionen trieb. Er liebte sie. So sehr, dass er bereit war, alles zu tun, um sie zu beschützen. Aber was bedeutete es, sie zu beschützen, wenn er selbst so tief in den Abgrund gezogen war? Sein Leben als Gangster...als Bandenführer ließ keine Veränderung zu. Er war ein Gefangener seiner eigenen Macht, seines eigenen Netzwerks aus Gewalt und Kontrolle. Für Stella wollte er sich ändern. Doch er wusste, dass er in dieser Position niemals Schwäche zeigen konnte, ohne alles zu verlieren. „Verflucht", murmelte er leise, während er einen Schluck aus dem Whiskeyglas nahm und die Wärme in seiner Kehle brennen spürte. Er legte das Glas ab, seine Augen kehrten zu den Papieren zurück. Da waren noch Entscheidungen zu treffen, Aufträge zu erteilen. Er durfte sich keine Pause gönnen. Schwäche konnte er sich nicht leisten. Nicht jetzt, nicht jemals. Stellvertretend griff er zum Telefon und wählte eine Nummer. Es dauerte nur Sekunden, bis sich am anderen Ende eine vertraute Stimme meldete. „Der Plan bleibt wie besprochen", sagte Tom kühl, seine Worte schnitten durch die Leitung wie ein Messer. „Erledige es." Als er auflegte, blieb er einen Moment reglos sitzen, seine Gedanken ein Chaos aus Zorn, Entschlossenheit und einer bitteren Sehnsucht nach dem, was er nie sein konnte: ein normaler Mann, der einfach nur lieben durfte.
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Fast Breakers
RomanceIhre Brust hob und senkte sich noch immer schneller als normal, ihr Herzschlag ein Echo der Leidenschaft, die sie geteilt hatten. Doch da war auch etwas anderes. Etwas Tieferes, das in ihrem Inneren wuchs. Es war nicht nur Verlangen - es war Liebe...