Die Niederlage

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Stella trat aus dem Stadthaus, die kalte Luft peitschte gegen ihre heiße, tränenüberströmte Haut. Sie hielt ihren Koffer fest umklammert, als wäre er das Einzige, was sie noch im Griff hatte. Doch statt direkt zu ihrem eigenen Apartment zu fahren, blieb sie vor Toms Wagen stehen. Ihr Herz pochte wild, ihre Gedanken rasten. Sie wusste, dass sie ihm misstraute, und jetzt war sie entschlossen, endlich die Wahrheit herauszufinden. „Verdammt nochmal, Tom," murmelte sie wütend vor sich hin, bevor sie die Autotür aufriss und sich auf den Fahrersitz setzte. Sie drückte den Startknopf, und der Motor sprang leise an. Der Bildschirm des Navigationssystems leuchtete auf und zeigte die letzten eingegebenen Adressen an. Ihre Augen huschten über die Liste, bis ein Eintrag sie förmlich ansprang: ein Lagerhaus, mitten im industriellen Niemandsland der Stadt. „Was zum...?" Sie starrte die Adresse an, fühlte, wie sich ein eiskalter Klumpen in ihrem Magen bildete. Instinktiv wusste sie, dass dort etwas war, das sie bisher nicht verstehen konnte. Sie musste dorthin, um sich ein eigenes Bild zu machen. Mit zitternden Händen legte sie den Gang ein und fuhr los. Die Fahrt verging in einem Nebel aus aufgewühlten Gefühlen. Sie dachte an Tom, an seine Geheimnisse, an seine ständige Weigerung, sie in seine Welt zu lassen. Und jetzt fuhr sie in genau diese Welt. Sie würde sich ein Bild davon machen, was er so verzweifelt vor ihr versteckte.

Nach einer halben Stunde stand sie schließlich vor einem düsteren, heruntergekommenen Lagerhaus. Sie schaltete den Motor aus und atmete schwer. Für einen Moment wollte sie umkehren, zurückfahren und all das vergessen. Aber etwas in ihr – ein nagendes, schmerzhaftes Verlangen nach Wahrheit – hielt sie davon ab. Langsam stieg sie aus, ging auf das Gebäude zu. Ihre Schritte hallten auf dem verlassenen Beton, und mit jedem Schritt, den sie näher kam, spürte sie, wie sich ihre Angst und Entschlossenheit vermischten. Sie musste wissen, was hier vor sich ging. Musste verstehen, wer Tom wirklich war. Die Tür war nur angelehnt. Vorsichtig schob sie sie auf und trat ein. Innen war es kühl und dunkel, das einzige Licht drang durch schmale, schmutzige Fenster an den Seiten des Raumes. Dann sah sie ihn. Matthew. Er saß in der Mitte des Raumes, gefesselt an einen Stuhl. Sein Kopf hing kraftlos nach unten, seine Kleidung war schmutzig und zerknittert. Sein Gesicht war bleich, und sie konnte Spuren von Blut an seinen Lippen erkennen. Als sie näher kam, hörte sie sein leises, abgehacktes Atmen. Es klang müde, fast gebrochen. „Matthew?" flüsterte sie, ihre Stimme bebte, und sie spürte, wie sich ihr Herz in ihrer Brust zusammenzog. „Oh Gott, was... was hat er dir angetan?" Matthew hob langsam den Kopf und blinzelte in ihre Richtung. Es dauerte einen Moment, bis er sie erkannte. „Stella?" Seine Stimme war heiser und schwach. „Bist du... wirklich hier?" Sie sank auf die Knie vor ihm, ihre Hände zitterten, als sie vorsichtig sein Gesicht berührte. „Was ist passiert?" Ihre Augen flogen über seine Verletzungen, die Spuren der Nacht, die sich in den Linien seines Gesichts eingegraben hatten. „Warum... warum hat er dir das angetan?"

Matthew lachte bitter, ein schwacher, fast kläglicher Laut. „Weil... er ein Monster ist. Ein verdammtes Monster, Stella. Er wollte mich aus dem Weg schaffen. Er wollte dich, ohne dass irgendjemand sich ihm in den Weg stellt." Ihre Augen weiteten sich, und ihr Herz raste. „Nein...nein," Sie schüttelte den Kopf, wollte es nicht glauben, konnte es nicht glauben. „Er... er wollte dich nicht verletzen. Er hat immer gesagt, dass er..." „Dass er dich beschützt?" Matthew spuckte die Worte förmlich aus, seine Augen funkelten vor Wut und Verzweiflung. „Ist das sein verdammter Schutz? Mich wie ein Tier einzusperren, mich zu schlagen, mir das bisschen Würde zu nehmen, das ich noch hatte?" Er atmete schwer und sah sie flehend an. „Stella, du kannst nicht bei ihm bleiben. Er wird dich genauso zerstören wie mich." Ihr Kopf schwirrte, und sie fühlte, wie die Welt um sie herum zu schwanken begann. „Aber... er sagte, er wollte sich ändern... er..." Ihre Stimme brach, Tränen strömten über ihre Wangen. „Warum tut er das?" „Weil er ein verdammter Kontrollfreak ist," murmelte Matthew, die Bitterkeit in seinen Worten schnitt tief in ihr Herz. „Er will dich besitzen, dich einschließen. Und ich... ich bin der einzige, der ihn daran hindert." „Das... das kann nicht sein," flüsterte Stella, während sie mit zitternden Händen versuchte, die Fesseln an Matthews Handgelenken zu lösen. „Er liebt mich. Er würde das nicht tun, wenn er mich wirklich liebt..." Matthew sah sie mit einem Ausdruck an, der zwischen Mitleid und Zorn schwankte. „Liebe? Du nennst das Liebe?" Er schüttelte schwach den Kopf. „Er liebt nur sich selbst. Und alles, was du ihm geben kannst. Er hat dich nie gefragt, was du willst. Er..."

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