Zurück ins Leben

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Auf dem Weg zurück in Stellas Elternhaus sitzt sie wortlos auf dem Beifahrersitz. Die Tränen die sie im Krankenhaus geweint hatte, versiegten langsam aber sicher. Mit leerem Blick starrt sie raus auf die Straße die sich vor ihr ausgießt. Es war Januar und doch war der Himmel wolkenlos und hellblau. Die Sonne stand inzwischen im Zenit und wärmt ihr Gesicht durch das verstaubte Fenster des Jeeps. Auch wenn sie schon jahrelang ein zerrüttetes Verhältnis zu ihrem Vater hatte, war ihre Trauer um seinen Tod schier endlos. Innerlich war sie leer. Matthew fuhr schweigend, mit einer Hand auf ihrer. Als er in die Einfahrt abbiegt und den Motor abstellt bleibt er noch sitzen und schaut zu Stella rüber. Ihr Gesicht war noch grauer, noch trauriger und leerer als am Tag zuvor. Ihre Haare hingen lieblos und ungekämmt in einem lockeren Zopf an ihrem Hinterkopf. Aus ihren Augen war der Glanz verschwunden. Sie waren rot umrandet und das Weiß war durch und durch mit roten Äderchen durchzogen. Matthew drückte ihre Hand und signalisierte damit, dass es Zeit war auszusteigen. "Ich kann nicht." sagt sie fast tonlos ohne den Blick ans Meer hinter ihrem Elternhaus abzuwenden. Möwen kreisten über den sandigen Strand. Matthew stieg aus und ging ums Auto und öffnet ihre Autotür. Erst dann blickt sie ihn an, regungslos. Er bückt sich ins Innere und packt sie liebevoll und vorsichtig an der Hüfte und unter den Knien und trägt sie aus dem Waagen heraus. Sie hält sich an seinem Hals fest und drückt ihren Kopf an seine Brust. Aber anstatt ins Haus zu gehen, geht er an den Strand. Er watet mühselig mit Stella im Arm durch den Sand bis zu einer sonnigen Stelle direkt am Meer. Er lässt sich in die Knie sinken und setzt Stella vorsichtig in den trockenen Sand. Auch wenn sie Sonne schien, war es eisig kalt. Matthew setzt sich neben sie und drückt sie wieder an seine Brust. Dicke Tränen rollen ihr jetzt wieder über die Wangen. Sie schweigen eine gefühlte Ewigkeit als sie leise ansetzt:" Er war ein guter Mensch....aber kein guter Vater." Matthew schweigt. "Er kannte nur meinen Erfolg. Alles andere war nebensächlich. Nie war ich genug. Er hat sich für mich eigentlich nicht interessiert." sagt sie mit bibbernder Stimme, immer noch an Matthews Brust gelehnt. Der eiskalte Wind wirbelt den Sand um sie herum auf und lässt das Meer an der Steinküste laut aufprallen. "Ich wollte immer nur einen Dad haben. Der mich liebt. Aber er liebte nur meine Erfolge. Und trotzdem weine ich jetzt um ihn." Matthew nimmt ihren Kopf und drückt ihn noch fester an sich bis er erwidert: "Es ist ganz normal um seinen Vater zu trauern...egal wie die Beziehung war. Wichtig ist nur, dass du dir keine Vorwürfe machst. Du hättest nichts mehr ändern können. Es wird besser, glaub mir. Es wird wieder besser, versprochen." Irgendwann gehen sie zurück ins Haus und wärmen sich mit heißem Kamillentee auf, den Alma frisch aufgekocht hatte. Auch ihr war der Schreck und die Trauer deutlich ins Gesicht geschrieben. Aber sie versuchte den Schein zu wahren, für Stella. Sie setzt ein Lächeln auf als sie Stella an den Schultern packt und sich an sich zieht. Beide fangen wieder das Weinen an. "Maus, er hat dich geliebt. Wirklich. Er konnte es nur nicht zeigen. Das entschuldigt nichts aber du solltest es wissen. Er hat dich wirklich geliebt und war so stolz auf dich." 

Die letzten vier Tage hatten Stella und Matthew fast durchgehend schweigend im Haus und am Strand verbracht. Die Nächte verbrachten sie gemeinsam nebeneinander in ihrem Kinderbett. Er gab ihr den nötigen Freiraum und die Stille, die sie benötigte. Hin und wieder umarmte er sie und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. Mehr nicht. 

"Ich will nach Hause." sagt sie am nächsten Morgen am Strand, als sie und Matthew mit ihren Thermosbechern voller heißen Tee an der Küste sitzen. Matthew dreht sich leicht zu ihr und drückt ihre Hand. "Okay. Ich schaue gleich mal nach Flügen." sagt er und stellt seinen Becher in den Sand um sein Handy herauszuholen. "Ich will nach Hause zu dir." sagt sie emotionslos und klammert sich an seinen Arm. "Okay. Kein Problem." er ändert die Flugdaten von Chicago auf Boston. "Wir können morgen Nachmittag von Stockholm aus direkt nach Boston fliegen. Wir haben nur einen kurzen Aufenthalt in Washington. Aber das ist halb so wild, denke ich." Stella nickt und nimmt einen kleinen Schluck Tee. 

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