Nein, Vincent hatte sich ihn nicht eingebildet.
Im Schneidersitz saß er morgens auf seinem Boden und sah auf das bisschen Lehm, welches sich hier befand.
Die restliche Nacht hatte er kaum ein Auge zugemacht, bis er schließlich vor Erschöpfung weggeratzt war, doch gleich als er erwachte, erinnerte er sich an Dag, ... der unter seinem Bett verschwunden war.
Wie ein Geist.
Abermals blickte er drunter.
Er war alleine zu Hause.
Vincent hatte seine Mutter belogen, er würde zum Klavierunterricht gehen und war danach durch sein offenes Fenster wieder hineingeklettert.
Auf den hatte er gerade keinen Bock, zudem wollte er wissen, was es mit diesem Jungen auf sich hatte.
Es war keine Fata Morgana gewesen. Der Lehm bewies es. Vincent hatte dennoch all sein Schuhwerk und seine eigenen Füße kontrolliert, doch bei ihm haftete nichts Derartiges.
Allerdings ...
Unter seinem Bett war nichts. Der Boden war hart. Blieb also nur die Erkenntnis, dass dieser Dag sich in Luft aufgelöst haben musste.
Vielleicht war er ja wirklich ein Gespenst.
Eine andere Erklärung gab es doch nicht oder?
Er war hier gewesen. Aber ... war auch ... verschwunden.
Vincent verbrachte Stunden auf dem Boden und betrachtete den Part unter seinem Bett, doch nichts geschah. Rein gar nichts.
Es war Zeitverschwendung gewesen.
Dag tauchte nicht auf.
Möglicherweise war es ja doch ein Hirngespinst von ihm gewesen. Eine Einbildung. Und ... der Lehm ... war gleichzusetzen mit der Schatzkarte, welche er als Kind verfasst hat. Er war es selbst, tat aber so, als wäre alles neu.
Obwohl ...
Er war ja damals darüber im Bilde. Jetzt jedoch ... erinnerte er sich nicht daran, irgendwas veranstaltet zu haben.
Wurde er vielleicht verrückt?
War deswegen die Anspielung einer Geschlossenen eingetroffen?
Vincent dachte nach.
Es war so echt gewesen. Nein, das war tatsächlich geschehen. Der Junge war hier und danach ... war er weg.
Ende.
Nur das ihm das keiner je glauben würde.
Und wem sollte er das überhaupt erzählen?
Vincent griff nach seiner Gitarre. Dag hatte nichts getan, außer Interesse an diesem Teil gezeigt.
Die Musik ... hatte ihn ... hergelockt.
Nein, das konnte es nicht sein. Oder?
Vincent hatte ja geschlafen.
Aber ... er erinnerte sich anscheinend daran. Sonst hätte er doch nicht gefragt. Und er wusste, dass Klänge daraus erschienen waren.
Also ...
Vincent ging zu einem kleinen Piano und spielte eine Melodie. Anschließend schaute er wieder unter sein Bett.
Nichts.
Na ja, was erhoffte er sich auch. Dag war bestimmt kein Flaschengeist, der aufgrund einer Aktion plötzlich erscheinen würde.
Obwohl drei Wünsche ihm echt gelegen kämen.
Doch zurück in die Realität. Dag erschien so nicht, dennoch ... war er interessiert gewesen anlässlich der Musik. Hatte er ihn ... belauscht?
Aber von wo, wenn er ja unter seinem Bett verschwunden war?
... wie ein Geist.
Er runzelte die Stirn. Er war verschwunden. Das war einfach Fakt. Dag ist unter sein Bett geklettert und war ... weg. Vincent hatte es mit eigenen Augen gesehen ... beziehungsweise ... nicht gesehen.
Oder ...
... er hatte letztens von Markus eine Zigarette angeboten bekommen, als sie sich in der Schulpause befunden hatten.
Vielleicht war ja irgendwas reingepantscht worden und die Nachwirkungen trafen erst jetzt ein.
Vincent hörte, wie die Haustüre aufgeschlossen wurde und seine Mutter ihre typische Routine mit Schuhe aus und Hausschuhe an vor sich nahm. Nichtsdestotrotz setzte er sich wieder zurück auf den Boden und berührte den Dreck, den er dann zwischen seine Finger verrieb. Er war da. Er sah ihn. Aber ...
Sein Blick fiel zu seiner Türe, eh er aufstand, diese öffnete und den Flur entlang nach unten ging.
»Himmelherrgott.« Seine Mutter hielt sich vor Schreck die Brust fest. »Wo kommst du denn her?« Sie sah verwirrt nach oben, als wüsste sie nicht mehr, dass er dort sein Zimmer besaß.
»Siehst du das?« Er hielt seine Finger vor ihr Gesicht.
Sie verzog ihres direkt. »Was ist das?«
»Kannst du das sehen?«
»Hattest du das unter den Schuhen? Bist du mit denen hier 'rumgewandert?«
»Ich ... du siehst es also? Das Braune?«
»Vincent, was ist los mit dir?« Sie legte ihre Hand auf seine Stirn. »Geht's dir nicht gut? Bist du deswegen schon zu Hause?«
»Was? Nein. Also ... ja.« Er hatte vergessen, das er geschwänzt hatte. »Ein wenig ... unwohl. Aber es geht wieder.«
»Ja, dann geh' besser zum Arzt.«
»Nein, es ... es ist schon wieder gut.«
»Vincent, du zeigst mir hier deine dreckigen Hände, als wäre es ein Weltwunder, welches du entdeckt hast.«
»Aber du siehst es?« Er hielt die Finger erneut präsentierend vor ihr hin.
»Ja. Natürlich. Oder bist du gerade dabei unsichtbaren Dreck zu erfinden?«
»Nein.«
»Gut, dann ... wo immer es herkommt, mach' es sofort weg.«
»Ja.« , antwortete er und ging wieder hinauf. Zumindest hatte er seine Bestätigung. Dags Dreck war echt.
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Wir sind wie Brüder von verschiedenen Eltern
FanfictionDurch Zufall purzelt der junge Dag in das Leben von Vincent, der zuvor von einer wahren Freundschaft nur geträumt hatte. Mit ihm ist er jedoch auf Anhieb auf einer Wellenlänge und schnell werden beide unzertrennlich. Dag hilft seinem neuen besten F...