»Und? Wie war's?«
Vincent betrat den Keller, nachdem er von seinem Treffen mit Saskia nach Hause gekommen war.
Dag war selbstverständlich direkt dorthin getrabt und hatte auf seinen Freund gewartet.
»Super. Also ... ja. Ich ... ich denke, ihr hat es auch gefallen. Wir treffen uns nochmal am Wochenende.« , sprach er. »Ich hab' sie eingeladen.«
»Dann ... war's ja wenigstens für ... einen guten Zweck.«
»Hör zu Dag, sie ... sie hatte wohl Angst. Aus Angst machen Menschen Dinge und dann ...«
»Ja, ich versteh' das.«
»Aber du hast Recht. Es war nicht in Ordnung. Du ... du wolltest nur helfen, und ...«
»Lass uns nicht mehr darüber reden.«
Vincent nickte und setzte sich zu ihm hin. Ihm war klar, dass Dag sich mit dem Spinnentier assoziierte. Er hatte gelernt, dass Menschen ihn fürchteten ... war ein Schattenwesen und hatte darin gelebt. Die Dunkelheit war sein Zuhause. Doch jetzt war alles anders. Er lebte in der Helligkeit und bekam dadurch irgendwie deutlicher gezeigt, wie menschliche Wesen auf Dinge reagierten, vor denen sie Blut und Wasser schwitzten. »Ich will aber nicht, dass du ...«
»Hast du sie geküsst?« , unterbrach er ihn.
»Was? Ehm. Nein.« , antwortete er und legte die Stirn in Falten. »Hätte ich es tun sollen?«
»Keene Ahnung.« Er zuckte mit den Schultern.
»Also sie hat auf jeden Fall ja zu einem weiteren Treffen gesagt. Das ist doch positiv oder nicht?!«
»Denke.«
Vincent lehnte sich mehr zurück und dachte nach. Dass Saskia nicht mal seinen Namen gewusst hatte, erzählte er nicht. Irgendwie kam er sich doof dabei vor. Auch das sie nach dem dritten Male ihn immer noch Viktor und Ähnliches genannt hatte, verschwieg er Dag.
»Hast du sie gefragt?« , erkundigte sich Dag.
»Ja. Ja, ich war's.«
»Okay.«
»Nicht gut?«
»Doch. Hoffe ma', ... es klappt ... irgendwie.« Dag nahm sich die Gitarre und gab eine Melodie von sich.
»Ach.« , fiel Vincent da ein. »Ich hab' etwas für dich.« Er stand auf und ging in die hinterste Ecke des Kellers, wo er hinter einen Schrank griff. »Hier.«
Dag sah ihn verwirrt an. »Das is' 'ne ... E-Gitarre.«
»Ja.« Er überreichte sie ihm.
»Du hast ... dir eine geholt?«
»Ich hab' dir eine geholt.«
»Aber ...« Dag kamen die Tränen. »Meine Eigene?«
»Ja. Deine Eigene.«
»Du hast sie für mich ...?«
»Ja Dag.« Vincent lachte. »Wir wollen doch groß herauskommen, also müssen wir auch mehr als nur eine normale Gitarre, ein Klavier und meinen Computer vorweisen.«
»Danke.« Der Lockenkopf glitt über die Saiten. »Ich weiß nicht, wie ich das ...«
»Du musst gar nichts tun. Du bist mein Freund. Und ... du hast mir doch schon geholfen. Dank dir, hatte ich mein erstes Date mit Saskia. Und es ist ja im Grunde auch für uns beide mit dem Instrument. Denk' an uns're Zukunft.«
Dags Blick veränderte sich ein wenig. »Ja. Uns're ... Zukunft.«
»Ja. Musikalisch müssen wir noch ein bisschen deichseln, aber das bekommen wir schon hin.«
»Du meinst Bananensaft?«
»Ja nicht nur. Wir haben doch auch die zwei anderen Texte begonnen. Ich mein' ... aber halt generell. Wir wollen im Leben ja nicht nur drei Songs herausbringen.«
»Nein.« Dag glitt abermals gedanklich woanders über die Saiten, eh Vincent das Teil anschloss.
»Am besten probieren wir direkt ein paar Dinge aus und nehmen auf. Vielleicht können wir einiges später gebrauchen.«
Dag stellte sich hin und glitt ein weiteres Mal mit seinem Plektrum drüber. »Seh' ich aus, wie ein Rockstar?«
»Oh ja. Die Mädels werden dir zu Füßen liegen.« , sprach er. »Na komm schon ... Eines Tages ...« , startete er.
»... werd' ich mich rächen ... Ich werd' die Herzen aller Mädchen brechen ...« , trällerte Dag.
»Genau.« , gab Vincent euphorisch von sich. Der Lockenkopf lachte und setzte sich wieder hin. »Hast du schon was gegessen?« , fragte er Dag im weiteren Fortgang, nachdem sein eigener Magen sich meldete, da das Eis allein diesen nicht gefüllt hatte.
»Nein.«
»Gut. Dann lass uns was mampfen geh'n.«
»Und was?«
»Worauf has'n Bock?«
»Auf jeden Fall, kein chinesisch.« , sagte Dag. »Das hatten wir in der Woche schon zweimal.«
»Was kocht 'n meine Mutter? Weißt du irgendwas?«
»Nö. Sie war nicht hier, als ich kam.«
»Aber ... wie bist du denn reingekommen?« Vincent blieb stehen, nachdem er schon dabei gewesen war eine Stufe nach der anderen hinauf zu gehen.
Dag zeigte nach oben. »Dein Fenster.«
»Mein ... Fenster war zu.«
Er nickte. »Ich weiß. Jetzt, wo du es sagst, wir müssen die Scherben noch wegmachen.«
»Du hast mein Fenster ... kaputtgeschlagen?«
»Ich musste doch rein Vincent.«
Er atmete tief ein. In der Hinsicht hatte er schon ... Recht. Dennoch musste er Dag noch beibringen, dass dies eher nicht der richtige Weg gewesen war. »Lass uns erst etwas Essbares holen, dann räumen wir oben auf und sagen ... das war bereits so.«
»Okay.« Dag lächelte ihn an.
YOU ARE READING
Wir sind wie Brüder von verschiedenen Eltern
FanficDurch Zufall purzelt der junge Dag in das Leben von Vincent, der zuvor von einer wahren Freundschaft nur geträumt hatte. Mit ihm ist er jedoch auf Anhieb auf einer Wellenlänge und schnell werden beide unzertrennlich. Dag hilft seinem neuen besten F...