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»Ich glaube, wir haben uns verlaufen.« Dag blieb stehen, nachdem sie gefühlt eine Stunde gelaufen waren.

Mittlerweile waren sie sich sicher, dass sie sich in einem Labyrinth aufhielten.

Die Gänge wurden immer enger und verwinkelter, und es schien, als ob sie sich ständig veränderten. Manchmal führten sie in kleine Kammern, die jedoch auch genau da endeten. Eine Sackgasse, nach der anderen.

»Wir hätten vielleicht doch dem Wiedergänger auf Abstand folgen sollen.« , meinte Vincent und sah sich mal wieder um. »Wenn wir hier jemals rauskommen, werden wir erst einmal nur noch im Keller sein und recorden. Abenteuer hatten wir dann fürs Erste genug.«

»Wenn.«

»Wir kommen schon raus. Aber auf Lamien-Jagd gehen wir danach nie wieder. Hier ist es eklig.«

»Die Lamia selbst aber nicht.« , meinte Dag. »Du vergisst, wie hübsch sie sein sollen.«

»Dann lad' sie doch zum Tanzen ein, wenn wir sie sehen.« Beide gingen weiter.

»Sag' ma, Vinne, sind wir hier nicht eben schon vorbeigegangen?«

»An welchem Schleimfetzen hast du das denn jetzt erkannt?«

Dag drehte sich im Kreise. »Ich hab' das Gefühl, dieses Labyrinth verarscht uns. Es ist, als ob es sich die ganze Zeit verändert.« Er sah wieder geradeaus. »Ich schwöre, dieser Tunnel war eben viel kürzer.«

Vincent atmete tief ein. »Vielleicht ist das Labyrinth ein Test. Hat es sich nicht erst so ... verändert, als wir panischer wurden, dass wir uns verlaufen haben?«

Sein Freund zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht.«

»Vielleicht müssen wir einfach nur ... entspannen.«

»Ah natürlich. Entspann dich, Vinne. Lehn' dich gegen die schleimigen Wände und relax'.«

Vincent starrte nun abwechselnd von links nach rechts. »Ja. Vielleicht ist es genau das.«

»Was faselst du da?«

»Möglicherweise müssen wir keinem Gang folgen.« Vorsichtig und langsam legte er seine Hände drauf ... und ... der Schleim verschwand. Statt einer erwarteten Felswand wurde ein riesiger Raum sichtbar.

Dag schaute über Vincents Schulter hinein. »Entweder kannst du zaubern, oder ... der Schleim weicht dir aus.«

»Oder es ist einfach so, wie es ist und wir wundern uns gar nicht mehr und nehmen es an.«

Dag folgte daraufhin Vincent auf die andere Seite und sie blickten sich beide um. Es war seltsam. Der Raum glich keineswegs den Gängen, aus denen sie entsprungen waren. Sie waren umgeben von üppigen Grün, Moos und Lianen, die ähnlich wie Schlangen von oben herab baumelten. Der Boden war mit Blättern in jeglicher grünen Farbe beschmückt.

Goldene Statuen, antike Spiegel und prunkvolle Artefakte gab es hier in Hülle und Fülle.

»Wow.« , kam aus Vincents Mund. »Das ist wirklich unerwartet.«

»Hey.« Dag stupste ihn an. »Schau mal.«

Vincents Blick ging sofort in die Richtung, wohin sein bester Freund zeigte. Neben einem Spiegel befanden sich mehrere goldene Kelche. »Wir haben ihn.«

»Ja, aber welcher?«

Beide näherten sich der Kommode aus Moos und Blättern, auf denen die Gefäße fein säuberlich aufgestellt standen.

»Ist es nicht der?« Dag nahm einen in die Hand. »Da ist der Tropfen drauf eingraviert.« Er deutete auf die Stelle.

»Ja. Das ist er.« Vincent freute sich, doch seine Gemütsfassung änderte sich, als er etwas flüstern hörte. »Hörst du das?«

»Nein.«

»Es ist ... komisch.« Er sah sich um. »Lass uns hier weg. Irgendwas kommt.«

Eilig verschwanden sie abermals hinter einer dicken schwarz-goldenen großen Vase.

Die Stimme, die er hörte, war ... weiblich, aber flüsternd und ... mehr als weit entfernt. Allerdings hatte er eine Ahnung, dass dem nicht so war. Sie war in der Nähe und zeigte sich nun in ihrer betörenden Schönheit.

Vincent konnte nicht glauben, welch eine Augenweide sie war.

Verführerisch.

Anmutig.

Makellos.

Ihre Haut war alabasterfarben und ihre schimmernden langen Haare auf dem ersten Blick pechschwarz und dann wieder golden. Als würden sie, wie das Labyrinth ihre Erscheinung wechseln.

Ihre Augen waren fast schon hypnotisch, ohne das sie beide ansah. Groß und mandelförmig in einer intensiven Farbe, die Vincent gar nicht in der Lage war zu beschreiben. Waren sie ... goldgelb oder eher ... smaragdgrün?

Sie war unnatürlich schön.

Hohe Wangenknochen und sinnliche Lippen. Sie lächelte ihr Spiegelbild an. Irgendwie war es zweideutig. Es verkörperte die Verführung, die sie ausstrahlte, aber ... da war auch ein subtiler Hinweis auf Gefahr.

Ihr Gewand war durchsichtig und betonte deutlich ihren nackten Körper.

»Wir haben Eindringlinge.« , sprach sie in einer sanften, melodischen Stimmlage zu ihrem Spiegelbild. Sie griff nach einer goldenen Haarbürste. »Oh, wie dumm sie doch sind.« , redete sie weiter ... fast schon ... verspielt. »Sie glauben wirklich, sie könnten sich verstecken.«

Vincent und Dag waren nicht in der Lage sich zu bewegen, denn auch der Klang ihrer Stimme, war wie der süße Duft einer Blume ... welche jedoch langsam Gift verströmte, und sie ängstigte.

Sie versuchten, beide ihre Atemzüge flach zu halten, doch hatten sie das Gefühl, sie würden schnauben wie ein Walross.

»Ich höre ihre Herzen, seit sie eingedrungen sind. Bumm bumm. Bumm bumm.« , sprach sie weiter in ihrer lieblichen Weise. »Mein Blut hat mit einem Kontakt gehabt.«

Vincent sah ängstlich zu Dag.

Sie hielt inne und lachte leise. »Du bist markiert. Du kannst nicht fliehen.« Sie stand auf und flanierte fast schon schwebend zu einem offenstehenden Raum. Mit Eleganz setzte sie sich mittig in den Schneidersitz und Kerzen um sie herum flackerten wie aus Geisterhand urplötzlich auf. »Ich verspreche, ich werde euch nicht lange leiden lassen.«

Beide sahen sich erneut an und schüttelten ihre Köpfe.

Die Stimme der Lamia änderte sich indessen mit einem Schlag. Kalt ... und dunkler fuhr sie fort. »Sollte ich euch jedoch erst finden müssen, dann wird das Spiel anders enden.«

Wir sind wie Brüder von verschiedenen ElternWhere stories live. Discover now