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POV Larissa: 

Als Sophia mich angerufen hat, bin ich sofort in mein Auto gestiegen und zu ihrer Wohnung gerast. Mit zitternden Händen versuche ich den Schlüssel in das Schloss zu bekommen. Endlich öffne ich die Tür zu Sophias Wohnung. Es schlägt mir sofort eine unheimliche Stille entgegen. Es ist ungewöhnlich. Hier ist es sonst immer lebendig, irgendwie warm, auch wenn sie manchmal so kühl wirkt. Aber heute fühlt es sich anders an. Irgendwas ist falsch. Ich trete vorsichtig in den Flur. Mein Herz schlägt schneller, ohne dass ich genau sagen kann, warum. „Sophia?", rufe ich leise und meine Stimme hallt seltsam durch die Wohnung. Keine Antwort. Sie wird sich doch nichts angetan haben? Wo ist sie? Mein Magen zieht sich zusammen und ich schiebe die Tür zum Wohnzimmer langsam auf. Als ich sie sehe, bleibe ich geschockt stehen. Sie sitzt auf dem Boden und lehnt an ihrem Sofa. Ihr Blick ist glasig und leer. Ihre Haut ist blass, viel zu blass und ihre Augen haben dunkle Schatten darunter. Ich merke sofort, dass etwas nicht stimmt. Sie wirkt verloren, wie eine fremde Version von sich selbst. Mein Herz setzt einen Schlag aus.

„Sophia?", frage ich wieder, diesmal lauter und gehe einen Schritt auf sie zu. Sie reagiert nicht sofort, erst nach ein paar Sekunden hebt sie langsam den Kopf und sieht mich an. Aber es ist nicht wirklich sie. Ihre Augen finden meine, aber da ist nichts – keine Wärme, kein Leben. Es fühlt sich an, als würde ich durch sie hindurchsehen. Mein Blick fällt als nächstes auf den Tisch neben ihr und da sehe ich es. Eine kleine Tüte, halb offen, mit weißem Pulver. Mein Magen dreht sich um. Oh Gott, bitte nicht. „Was hast du gemacht?", frage ich mit gebrochener Stimme, während ich ihr näher komme und mich vor ihr hinknie. Ich kann es kaum fassen. Ich lege meine Hände auf ihre, aber sie fühlt sich eiskalt an. Mit Tränen in den Augen streiche ich ihr über die blasse Wange. „Sophia, hey... schau mich an!", sage ich etwas lauter und erhoffe mir so eine Reaktion ihrerseits. Ich schüttle sie leicht und für einen Moment zuckt sie zusammen, als ob sie gerade erst merkt, dass ich da bin. Ihre Augen weiten sich, aber sie sieht mich immer noch nicht wirklich an. Sie sieht durch mich hindurch und ihre Lippen zittern, als ob sie etwas sagen will, aber kein Wort herausbekommt. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Nur vereinzelte Tränen laufen ihren Wangen hinunter, was mich nur noch trauriger macht. 

„Warum hast du das gemacht?", flüstere ich und in mir bricht etwas. Sie war doch clean. Sie hat doch gesagt, dass sie damit durch ist. Ich greife ihre Hand fester, will sie zu mir zurückholen, sie aus diesem Zustand reißen. Aber sie bleibt einfach stumm. Völlig gefangen in ihrer eigenen Welt. Ihre Augen flackern, als würde sie gegen irgendetwas ankämpfen, das ich nicht sehen kann. Tränen steigen mir in die Augen, aber ich schlucke sie wie vorhin runter. Ich kann jetzt nicht weinen, nicht vor ihr. Sie braucht mich. „Ich bin hier, okay? Es wird alles wieder gut. Ich bin bei dir. Werde immer bei dir sein.", sage ich so ruhig wie möglich, obwohl in mir alles schreit. Sophia zuckt leicht bei meinen Worten, als hätte sie sie ganz entfernt wahrgenommen. Ich versuche ruhig zu bleiben, auch wenn mein Herz rast und die Panik in mir immer größer wird. Ihr Atem ist flach, ihre Haut blass und verschwitzt und ich sehe, dass sie völlig neben sich steht. Ihre Augen zucken hin und her, als wäre sie in einer Art Albtraum gefangen. Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und halte es in meiner Hand. Unsicher, ob ich jemanden anrufen soll. Ein Krankenwagen? Aber was, wenn sie das nicht will? Wenn das nur alles schlimmer macht? Meine Finger zittern, während ich darauf starre. Unfähig, eine Entscheidung zu treffen.

„Sophia, hör mir zu.", sage ich und hebe ihren Kopf ein wenig. Meine Stimme ist leise, aber bestimmt, als ich mich direkt vor sie hocke. „Du musst mir sagen, was du genommen hast. Ich brauche deine Hilfe. Ich will dir helfen, aber ich muss wissen, was passiert ist.", erkläre ich langsam und hoffe auf eine Reaktion. Irgendwas, bitte. Sie atmet schwer und ich sehe, wie sie den Mund öffnet, aber nichts herauskommt. Ein einzelner Tränenstreifen läuft ihre Wange hinunter, als ihre Augen endlich auf meine fokussieren. Es fühlt sich an, als wäre sie ganz weit weg, wie ein Schatten von dem Menschen, der sie sonst ist. „Es tut mir leid. Ich wollte das alles nicht.", flüstert sie schließlich, ihre Stimme kaum hörbar, brüchig. Ihr Blick verschwimmt wieder und ihre Hände beginnen leicht zu zittern. Ich greife nach ihrer Hand, halte sie fest, auch wenn sie sich so leblos anfühlt. „Hey, es ist okay. Du musst mir nichts erklären, nicht jetzt. Wir finden da raus. Aber ich brauche dich hier, bei mir.", flüstere ich leise und schlucke meinen Klos im Hals hinunter. Meine Stimme bricht fast am Ende, doch ich halte durch.

Sophia sieht mich einen Moment lang an, als würde sie gegen die Dunkelheit in ihrem Kopf ankämpfen. Dann, ganz leise, sagt sie: „Ich hab Pepp genommen... ich... wollte es nicht, aber ich konnte nicht mehr. Es war zu viel. Viel zu viel. Ich vertrag das nicht mehr. Ich brauche Hilfe." Ihre Stimme wird immer schwächer, als würde ihr jede Energie entgleiten. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, als ich sie so sehe. Die Verzweiflung in ihrer Stimme, die Reue, das Selbsthassvolle... es macht mich fertig. „Okay. Ich bin bei dir und bleibe. Wir schaffen das gemeinsam.", sage ich aufbauend und umklammere ihre Hand. Dann entscheide ich mich doch. Ich drücke die Notrufnummer in mein Handy. Ich kann das nicht allein schaffen, nicht so. Vielleicht hat sie zu viel genommen? Ich habe doch keine Ahnung. Während ich warte, dass jemand abhebt, werfe ich einen letzten Blick auf Sophia. Sie sitzt immer noch da, zusammengesunken und es bricht mir das Herz, sie so zu sehen.

„Es wird alles gut," flüstere ich mehr zu mir selbst als zu ihr. „Es muss einfach."

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt