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Als ich die Stille zwischen uns spüre, wird mir klar, dass ich etwas sagen muss. Es kann nicht so weitergehen. „Sophia...", beginne ich vorsichtig, aber sie hebt sofort die Hand, als wollte sie mich stoppen. „Warte. Lass mich zuerst sprechen.", sagt sie, ihre Stimme klingt fest, aber ich kann die Unsicherheit nicht überhören. Ich nicke und setze mich auf die Couch, während sie sich mir gegenüber setzt. „Ich weiß, dass ich unfair zu dir war. Ich habe dir das Gefühl gegeben, dass ich nicht bereit bin und das war nicht richtig. Du hast so viel für mich getan und ich habe es nicht wertgeschätzt. ", beginnt sie und sieht mir direkt in die Augen. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals und ich muss mich bemühen, nicht überfordert zu sein. „Sophia...", murmle ich wieder, aber sie fährt fort, als hätte sie sich vorgenommen, das alles jetzt zu klären. „Als ich die Überdosis hatte, habe ich viel nachgedacht. Ich hatte Angst, dass ich dich verlieren würde und ich habe mich immer wieder in diese Gedanken zurückgezogen – in dem Glauben, dass ich nicht in der Lage bin, jemandem wirklich nahe zu sein. Ich habe es nicht nur dir gegenüber getan, sondern auch mir selbst. Ich habe unsere Verbindung sabotiert.", sagt sie bedacht und lässt mich dabei nicht aus den Augen.

Ihre Worte treffen mich wie ein Schlag. Ich kann die Verletzlichkeit in ihrer Stimme hören und gleichzeitig spüre ich eine Erleichterung. Endlich redet sie über das, was uns belastet. „Das letzte, was ich wollte, war, dir das Gefühl zu geben, dass du nicht genug bist. Denn das bist du. Du bist mehr als genug.", sagt sie und senkt dann den Blick, als wäre sie über ihre eigenen Worte überrascht. Ich kann es nicht fassen, dass sie das jetzt sagt. „Sophia ich habe mich so oft gefragt, was wir sind. Ob es überhaupt eine Chance für uns gibt. Ich war immer bereit, es mit dir zu versuchen, egal wie kompliziert es ist.", antworte ich leise. Der Klos in meinem Hals ist stärker als zuvor. „Ich weiß und ich war so blind. Ich habe deine Gefühle ignoriert, weil ich Angst hatte. Angst vor der Verantwortung, vor meinen eigenen Dämonen. Ich möchte das ändern.", murmelt sie und ich kann die Entschlossenheit in ihrer Stimme hören. Mein Herz schlägt schneller, als ich die Möglichkeit sehe, dass wir vielleicht einen Neuanfang wagen könnten. „Wie stellst du dir das vor? Was bedeutet das für uns?", frage ich vorsichtig. Innerlich habe ich immer noch die Angst, dass sie ihre Schutzmauer von jetzt auf gleich wieder aufbauen könnte.

Sophia atmet tief durch. „Ich möchte, dass wir es versuchen. Lass uns erst einmal herausfinden, wie wir uns fühlen, ohne großen Druck und ohne die Erwartungen. Ich will ehrlich zu dir sein und mich auch mit meinen eigenen Ängsten auseinandersetzen. Ich möchte dir nicht wehtun. Du bist wichtig für mich und ich will, dass wir uns gegenseitig die Zeit geben, die wir brauchen.", sagt sie schließlich und sieht mich mit ihren klaren Augen an. Eine Welle der Erleichterung überkommt mich. „Das klingt gut. Ich möchte auch ehrlich zu dir sein. Ich will nicht nur die Rolle der Auszubildenden oder der besten Freundin spielen. Ich habe Gefühle für dich und ich will nicht, dass wir uns weiter aus dem Weg gehen.", sage ich ehrlich und nehme ihre Hand in meine. „Das bedeutet mir alles, Larissa.", sagt sie und ein sanftes Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Es ist das erste ehrliche Lächeln, das ich seit Wochen von ihr sehe und es gibt mir einen Hoffnungsschimmer. „Wir können es versuchen. Lass uns herausfinden, was wir füreinander sind, ohne uns gegenseitig zu verletzen. Aber ich brauche auch von dir, dass du mir die Wahrheit sagst, egal wie schmerzhaft sie ist.", sage ich und hoffe, dass sie es versteht. „Das verspreche ich.", antwortet sie ernsthaft. „Ich werde an mir arbeiten, und ich werde offen mit dir sein. Lass uns neu anfangen – ohne die Schatten der Vergangenheit."

In diesem Moment fühlt es sich an, als ob wir die ersten Schritte in eine neue Richtung machen. Die Unsicherheiten und Ängste sind immer noch da, aber vielleicht können wir zusammen daran arbeiten. Vielleicht können wir uns gegenseitig unterstützen, anstatt uns gegenseitig zu verletzen. „Wir schaffen das.", sage ich und ich kann die Zuversicht in meiner eigenen Stimme hören. Sophia nickt und ich spüre, dass wir beide bereit sind, uns dem Unbekannten zu stellen. Es ist nicht einfach und wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber ich habe das Gefühl, dass wir diesmal zusammengehen können. Sophia kommt auf mich zu und ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Der Raum um uns herum scheint für einen Moment zu verschwinden und alles, was ich sehe, sind ihre Augen, die mich durchdringen. In dieser intensiven Stille, während sie sich mir nähert, wird mir klar, wie sehr ich sie vermisst habe. „Darf ich dich küssen?", fragt sie leise, fast schüchtern, als hätte sie Angst, die Nähe, die wir gerade aufgebaut haben, wieder zu gefährden. Ihr Blick ist verletzlich, aber auch voller Entschlossenheit und ich kann nicht anders, als zu nicken. Bevor ich es richtig realisiere, sitzt sie direkt vor mir und ich spüre ihre warme Präsenz, die mich umgibt. Der Kuss beginnt zärtlich, als ihre Lippen sanft auf die meinen treffen. Es fühlt sich an, als würde die Zeit stillstehen und all die Ängste und Unsicherheiten lösen sich für einen kurzen Moment in Luft auf.

Sofort breitet sich ein wohliges Kribbeln in meinem Bauch aus. Es ist, als wäre dieser Kuss der Schlüssel zu all den Emotionen, die ich in mir getragen habe – die Sehnsucht, die Verletzlichkeit und die Hoffnung. Ihre Lippen sind weich und schmecken nach dem leichten Duft von ihrem Parfüm, den ich so sehr vermisse. Der Kuss intensiviert sich, als sie näher kommt und ihre Hände sanft in meinen Haaren vergräbt. Ich erwidere den Kuss mit der gleichen Leidenschaft und spüre, wie mein Herz in meinem Brustkorb hämmert. Ein Feuer entfacht zwischen uns und ich kann nicht anders, als mich in dieser Welle von Gefühlen treiben zu lassen. Die Unsicherheiten, die mich so lange geplagt haben, verblassen, während ich mich ganz auf diesen Moment konzentriere. Es ist, als ob wir uns beide in diesem Kuss verlieren, als ob alle Worte, die wir vorher gesprochen haben, in diesem einzigen Augenblick zusammenfließen. Ich fühle mich lebendig und ein Gefühl der Hoffnung und des Neuanfangs breitet sich in mir aus.

Sophia zieht sich kurz zurück und sieht mir in die Augen, als wolle sie sicherstellen, dass ich noch da bin, dass wir beide noch da sind. Ihre Atmung ist schnell und ich kann die Erregung und das Verlangen in ihrem Blick sehen. Sie lächelt sanft und ich kann nicht anders, als zurück zulächeln, während ich mich auf ihre Lippen stürze und den Kuss mit noch mehr Leidenschaft vertiefe. In diesem Moment gibt es nur uns beide und alles, was einmal zwischen uns stand, scheint irrelevant. Es ist ein Kuss voller Verlangen, aber auch voller Zärtlichkeit – ein Versprechen, dass wir bereit sind, es zu versuchen, dass wir bereit sind uns einander zu öffnen und die Wunden der Vergangenheit hinter uns zu lassen.

Die Welt um uns herum verblasst weiter und ich weiß, dass dieser Kuss der Beginn von etwas Neuem, von etwas Wunderbarem sein kann.

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt