"Jake, mir geht es gut." Behauptete ich entnervt und sah meinem großen Bruder dabei zu, wie er meine Wohnung durchsuchte. "Was suchst du da eigentlich?"
"Deine Drogen."
"Unter der Couch, links neben der Lehne. Aber was willst du mit meinen Drogen?"
Er antwortete mir nicht. Typisch. Als er mein gesamtes Gras in der Hand hielt, ahnte ich nichts Gutes.
"Jake, ich warne dich. Das ist mein Vorrat für den ganzen Monat, ich- Hey! Lass das!" Rief ich dem blöden Wichser zu und rannte in seine Richtung. Doch es war zu spät. 450 Dollar waren futsch. Er hatte wortwörtlich mein Geld aus dem Fenster geworfen.
"Du kleiner-"
"Lebensretter?"
"Du hast mir gerade alles zum Leben genommen."
Wieso konnte er nicht genauso, wie der Rest meiner Familie, sein? Wieso musste ausgerechnet mein nerviger Bruder, jedesmal an meinem Rockzipfel hängen? Es nervte. Er nervte. Alles nervte. Er sollte verschwinden.
"Gut, dann kannst du dich ja wieder verpissen."
Er seufzte. Klar, seine 450 Euro waren ja jetzt auch weg, er hatte ja so ein schweres Leben. Der Pisser sollte sich nicht so anstellen.
"Ara." Fing er entschlossen an und suchte dabei meinen Blickkontakt. Pff, darauf konnte er lange warten. "Sieh mich an." Verlangte er. Ha-nö-ha.
"Fein, dann nicht. Hör mir dann wenigstens zu."
"Jake, verschwinde einfach. Ich will dir nicht wehtun."
"Wir wissen beide, dass du mir nicht wehtun wirst. Das hast du noch nie getan."
"Für alles gibt es ein erstes Mal. Außerdem werde ich dieses Mal bei vollem Bewusstsein sein."
Dann fing er an zu lachen, klasse. Echt. Ich war anscheinend zu amüsant für sein schwaches Herz, denn kurze Zeit später wischte er sich theatralisch eine Träne weg. Erstick dran.
"Wir wissen beide, dass du weder mir noch irgendjemand anderem bei vollem Bewusstsein wehtun kannst."
Darauf würde ich nicht wetten, Bruderherz.
"Willst du es drauf anlegen oder endlich zum Punkt kommen?"
"Hör zu, du brauchst jemanden zum reden. Wieso gehst du seit 2 Wochen nicht mehr zu deinem Psychiater?"
"Mein Therapeut hat Urlaub." Log ich und sah in seine Augen, die weder Angst noch Unsicherheit widerspiegelten. Eine Sache die mich an ihm faszinierte. Er hatte keine Angst vor mir.
"Schön, trotzdem musst du in der Zeit mit jemandem reden."
"Ich rede doch. Mit dir." Warf ich ein und schenkte ihm mein nettestes Lächeln. Mein nettestes, gespieltes Lächeln. Und er kaufte es mir keine Sekunde ab. Pech, für ihn.
"Jemand professionelles, jemand der dir helfen kann."
"Mir kann man nicht helfen, Jake."
"Du lässt dir nicht helfen, Ara." Erwiderte er ernst, sodass ich ihm fast abkaufte, dass er den Müll, den er eben von sich gegeben hatte, glaubte. Ich wusste, er glaubte es selbst nicht. Mir konnte man nicht helfen. Trotzdem machten seine Worte mich sauer.
"Ach." Schnaubte ich und fing an höhnisch zu lachen. "Ich lasse mir nicht helfen? Glaubst du ernsthaft, dass ich sowas-" ich zog den Ärmel meines Hoodies hoch und lief zur Schublade meiner kleinen Küche.
Kurze Zeit später zückte ich ein Fleischmesser und drückte es gegen meinen linken Arm. Eine tiefe Schnittwunde zierte meinen Arm und ich wurde rasend vor Wut. "Gerne habe?" Beendete ich meine Frage und setzte zu noch einem Schnitt an.
"Glaubst du wirklich, Jake, bei aller Liebe, dass man helfen kann, wenn es schon aussichtslos ist?!" Schrie ich meinen -nun überforderten- Bruder an und spürte diesen brennenden Schmerz in meinem Arm.
"Ich dachte, du würdest mich besser kennen."
"Und ich dachte du wärst stärker."
"Und ich wusste nicht, dass du so ein Arsch sein kannst." Zischte ich wütend und rieb mir über meinen verheilten Arm.
"Verpiss dich endlich. Ich kann deine Visage nicht mehr sehen."
"Ara, du brauchst Hilfe."
Ich konnte es nicht mehr hören, es war genug.
Ich hatte keine Lust mehr auf diese Diskussion.
Ich hatte keine Lust mehr, dagegen zu kämpfen.
Ich hatte keine Lust mehr, mich zu kontrollieren.
Ich ließ es zu und endlich konnte ich schlafen.
Endlich hatte ich Frieden vor mir selbst.

DU LIEST GERADE
My Skills - Tornado
FantasyBand 1: Was tut man, wenn man etwas in sich hat, dass einem die Kontrolle nimmt? Ignorieren? Es versuchen zu beseitigen? Für Arabella Garrix ist keine der beiden Möglichkeiten eine Option. Die 18-jährige kämpft sich gezwungenermaßen von einem Psychi...