11. November

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"Erzählst du mir, wieso du auf den Straßen Brooklyns aufgewacht bist?"

"Nein."

"Wieso nicht?"

"Weil ich es nicht weiß."

Neal grinste. Seine Augen wieder rot umrandet. Das Blau in ihnen immer noch so kalt, unberührt. Er lachte nicht wirklich, nur seine Lippen bewegten sich.

"Gute Party gehabt?"

"Kann man so sagen."

"Was auch immer, so konnte ich dich wieder sehen."

"Herzlichen Glückwunsch."

Er zündete zwei Zigaretten an und reichte mir eine.

"Du hast mal deinen Bruder erwähnt, wo lebt er?"

"Zwei Blocks entfernt von mir."

"Wieso telefonierst du mit ihm, statt ihn zu besuchen?"

"Er besucht gerade Familie in Phoenix."

Er schwieg. War das jetzt mein Stichwort eine Gegenfrage zu stellen? Vermutlich.

"Und wie sieht es mit dir aus?"

"Eine tote Schwester, verbitterte Eltern und der Part des Psycho's trifft dann wohl mich."

"Autsch. Verbittert."

"So ist das Leben."

Wieso war Ash mir so nah gekommen? Wieso hatte ich so auf den Moment gewartet, indem sich unsere Lippen vermutlich berührt hätten? Was hätte ich davon gehabt? Jetzt, wo ich darüber nachdachte, wollte ich es nicht mal.

Ich konnte Ash nicht ausstehen. Ja, vielleicht hatte ich mich an ihn gewöhnt, doch ich hatte nicht vor ihn zu küssen. Er ekelte mich an. Es widerte mich an, dass er das mit mir tat. Wieso war ich in seiner Nähe nicht so klar bei Gedanken? Gott, komplizierter Scheiss.

"Wieso bist du nicht auch in Phoenix?"

"Weil ich auch den Psycho Part in der Familie bekommen hab."

"Klingt doch nett."

Ich hatte genug von dem Thema, holte deshalb meine Schachtel raus und bot Neal eine an. Ganz egal ob wir vor 10 Minuten eine geraucht hatten.

"Du hast noch mein Feuer, Neal."

"Wieso nennst du mich immer Neal?"

"Weil dein zweiter Name Neal ist. Wie kommst du auf Bella?"

Er hatte diese Angewohnheit mich Bella zu nennen. Nicht Ara. Nicht Arabella. Einfach Bella.

"Wie nennt man dich denn sonst? Ara?"

Ich zog eine meiner -ziemlich unordentlich gezupften- Augenbrauen hoch und schenkte ihm den kritischsten Blick den ich drauf hatte.

"Oh bitte, du wirst ernsthaft Ara genannt?"

"Hast du was daran auszusetzen?"

"Ara. So wie; hier beginnt eine neue Ära."

Er fing an zu lachen, laut und aus vollem Halse. Ich schnalzte missbilligend mit der Zunge und zündete meine Kippe an.

"Zu gut, ehrlich."

"Schön."

"Aw, nicht beleidigt sein."

"Ich bin nicht beleidigt."

"Liar, liar - your mom is on fire."

Wieder fing er an zu lachen.

"Wieso bist du so gut gelaunt?"

"Ich weiß es nicht."

"Warum willst du dich eigentlich umbringen?" Wechselte ich das Thema geschickt, bevor seine Freude ausartete. Okay, das klang gemein.

"Es gibt manche Tage an denen sich das Leben nicht lohnt, findest du nicht?"

"Also bist du manisch-depressiv?"

Er zuckte mit den Schultern, verfiel wieder in sein altes, trübsalblasendes Muster zurück.

"Und wieso versuchst du zu sterben?"

"Um ehrlich zu sein habe ich es die letzten 2 Wochen nicht versucht."

"Freut mich."

Sein Blick traf meinen als er sich seine Kippe mit meinem Feuerzeug anzündete.

"Wieso bist du unverwundbar?"

"Ich weiß es nicht."

Nachdem er den Rauch ausblies, traf sein Blick wieder meinen.

"Doch, tust du."

"Wie kommst du darauf, dass ich es wissen würde?"

"Du machst das selbe wie am Anfang, du meidest meinen Blick. Du weißt wieso du in Brooklyn aufgewacht bist und du weißt wieso du unverwundbar bist."

Ich war zu erstaunt über seine Menschenkenntnis, als dagegen zu protestieren.

"Nicht schlecht."

"Aber erzählen wirst du es mir trotzdem nicht."

Ich seufzte. Ich wusste, dass es keine gute Idee wäre, es ihm zu erzählen. Das war es noch nie.

"Ich hatte eine beste Freundin die darüber Bescheid wusste. Ich hatte einen Therapeuten der darüber Bescheid wusste. Beide sind durch meine Hand gestorben."

Hatte ich zuviel verraten? Würde Ash sowas merken? So wie er es damals immer gemerkt hatte?

"Ich bin ganz Ohr."

"Hast du mir überhaupt zugehört? Du würdest sterben."

"Hast du mir die letzten paar mal zugehört? Ich will sterben. Du hast selbst gesagt, dass du gerne zur Seite trittst, wenn du dem Tod und mir im Weg stehst."

"Da kannte ich dich noch nicht."

"Soll das bedeuten, dass du nicht willst, dass ich sterbe?"

"Nicht bevor ich mein Feuer nicht wieder habe." Nahm ich als billigen Vorwand, um mir nicht einzugestehen, dass ich Neal mochte.

Es war komisch. Ich genoss unsere stundenlangen Spaziergänge durch das verkorkste Brooklyn. Ich genoss seine raue, jedoch nicht zu Tiefe Stimme. Seine Anwesenheit. Sie lenkte mich ab.

"Wenn das so ist, Bella, wirst du es nie wieder zu Gesicht bekommen."

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