22. Oktober

97 4 4
                                    

Gut, ich hätte es 3 Tage ausgehalten ohne Anfall oder Selbstmordgedanken. Okay, Gedanken hatte ich schon. Doch keine Versuche. Ich machte Fortschritte.

Jake war bei Mum und Dad, in Phoenix. Gott sei Dank, das Nervenbündel hätte ich nicht auch noch verkraftet. Mir reichte eine nervige Person, mein neuer, neuer Doc.

"Ara.. Ich darf sie doch so nennen, oder?"

Ich hasste es, wenn man sowas tat. Er stellte keine Frage, es war mehr eine Aussage. Ihm wäre es egal, wenn ich seine vermeidliche Frage verneint hätte.

"Selbstverständlich."

"Ein Dämon, sagen sie?"

Wann hatte ich das gesagt? Vielleicht hatte er meine Akte gelesen, beim letzten Arzt? Vielleicht hätten sie sich zusammen getan? Würden sie mich wieder in die Klapse stecken?

"Ja." Antwortete ich statt meinen ganzen Fragen und sah mich im Zimmer um. Es sah aus wie das typische Zimmer eines Seelendoktors.

Eine hässliche Zimmerpflanze, zwei bis drei noch hässlichere Bilder an den verblassten Wänden, hier und da ein Kulli der rumlag, meine Unterlagen auf seinem viel zu großen Schreibtisch und nicht zu vergessen, eine Reihe mit unnötigen Prospekten und Broschüren von schlechten Firmen.

"Wieso ist der Dämon in ihnen?"

Woher soll ich das wissen, Matschbirne?

"Ich weiß es nicht."

Er notierte sich etwas. Hatte ich irgendwas interessantes gesagt?

"Okay, hat ihr Dämon einen Namen?"

Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl bei diesem Doc.

"Nein." Log ich.

"Sind sie sicher? Dämonen geben sich gerne selbst Namen."

Okay, jetzt war ich verwirrt. Woher wusste er das?

"Hören Sie, Ara, ich hatte auch einen Dämon in mir."

Er beugte sich vor und für einen Moment wusste ich nicht, ob ich ihn für komplett verrückt halten sollte. Klang meine Geschichte genauso absurd für andere, wie seine für mich?

"Jeder von uns hat Dämonen in sich." Flüsterte er und zog eine kleine Münze aus der Tasche seinem billigen Hemd.

"Ich bin seid 5 Jahren befreit, sie können das auch schaffen."

Ich nahm die Münze in meine Hand und fing an lauthals loszulachen.

"Anonyme Alkoholiker? Das ist ein Witz, oder?"

Doc sah mich unverständlich an und runzelte die Stirn.

"Ich habe ein weitaus größeres Problem als Alkohol." Versuchte ich ihm zu erklären, woraufhin er verständlich nickte.

"Das dachte ich auch, hören sie, sie brauchen keine Angst haben, der Alkohol hat mehr-"

Gott, ich würde nie wieder auch nur einen Seelenklempner aufsuchen. Die waren alle verrückter als ich es jemals sein konnte.

"Die Stunde hat eben er angefangen." Versuchte er mich vom gehen abzuhalten, doch mit einem kalten Lacher knallte ich die Tür hinter mir zu.

"Die Stunde endet dann, wenn ich sage, dass sie endet." Murmelte ich genervt vor mich hin und lief durch die Eingangshalle. Die Tusse hinter der Rezeption warf mir einen missbilligenden Blick zu, den ich mit herausgestreckter Zunge kommentierte. Blöde Bitch.

Auf dem Weg zur Tür, spürte ich die Blicke der wartenden Patienten auf mir. Waren alle so schaulustig, oder was? Wieso hatte der Doc überhaupt so viele Patienten? An seinen Qualifikationen konnte es ja nicht liegen.

An der Tür angekommen warf ich den starrenden Patienten einen letzten Blick zu, woraufhin sich alle wegdrehten. Alle bis auf einer. Er war groß, das sah man obwohl er saß. Und blond. Ich mochte keine blonden Typen. Es schien mir irgendwie falsch, wenn ein Typ die Haare einer Paris Hilton hatten. Vermutlich hatte er sich die sogar noch gefärbt. Seine eisblauen, rot umrandeten Augen starrten in meine. Seine Augen wirkten kalt. Vielleicht hatten wir den selben Dealer? Wieso starrte er denn so?

"Gibt's was zu glotzen?" Rief ich ihm zu, er antwortete nicht. Sein rechter Mundwinkel hob sich kaum merklich. Er amüsierte sich, schön. Bastard. Mit einem Augenverdrehen riss ich die Tür auf und verschwand aus der ätzenden Praxis, rein in die kühle Herbstluft.

Ich konnte es spüren. Ich konnte ihn spüren. Ash. Ich konnte spüren, wie ich die Kontrolle verlor.

My Skills - Tornado Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt