31. Dezember

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"In zwanzig Minuten sind wir im beschissenen neuen Jahr."

Ich antwortete nicht, sah nur in seine blauen Augen.

"Ist alles okay?" wollte er wissen, als er meinen Blick bemerkt.

"Alles bestens." log ich. Er glaubte mir nicht. Sein angespannter Kiefer verriet ihn.

"Auch eine?" bot er mir eine Kippe an, die ich liebend gerne annahm.

"Glaubst du an das Gute?" stellte ich die Frage, die mir nahezu jede Sekunde seit des Gespräches mit Mad in den Sinn kam.

"Ja." er atmete tief ein. "Ich glaube aber auch an das Böse und das ist definitiv im überfluß auf dieser verkorksten, grauen Welt."

Stille.

"Wieso fragst du?"

Ich zuckte mit den Schultern. Nahm einen Schluck des Wodka's. Mein Blick hing in der Leere, irgendwie war mir nicht nach feiern.

"Bella."

Ich sah ihn an.

"Was ist los?" wollte er besorgt wissen und drückte seine Kippe aus.

"Nichts."

"Lüg mich nicht an. Ist was passiert?"

"Lass es einfach." blockte ich ab.

Es war einfacher Menschen auf Abstand zu halten, als sie an sich heran zu lassen.

"Wir wissen beide, dass das nur ein Schutzmechanismus von dir ist."

"Und wenn es so wäre, es geht dich nichts an."

"Du weisst, dass ich dir nicht wehtun würde."

"Wer weiss. Meine Menschenkenntnis ist schon immer beschissen gewesen."

"Hör auf sowas zu sagen." sprach er ernst, bevor er aufstand um aus dem Kühlschrank zwei Bier zu holen.

"Komm, wir gehen auf die Terasse."

Ich folgte ihm stumm in die dunkle Kälte.

"Hör zu-" begann er das Gespräch und öffnete sein Bier.

"Das neue Jahr soll mit was gutem starten."

"Tut mir leid, aber ich sehe nichts Gutes für das neue Jahr."

"Wir haben uns kennengelernt." fing er leise an, nahm ein Schluck des Bieres und lehnte sich an das Gerüst ab. Ich tat es ihm gleich.

"Wir haben beide einen Dämonen in uns." zog ich sein Wunschdenken runter.

"In 5 Minuten beginnt das neue Jahr und du willst mit den selben Gedanken wie dieses Jahr hinein gehen?"

"Habe ich eine andere Wahl?"

"Natürlich hast du die."

Ich ignorierte seine Aussage, blickte in den dunklen Himmel und wartete auf das große Feuerwerk.

"Bella." fing er an, seine Stimme klang rau. Er zog mich zu dem Gerüst der Terasse. Es war hoch, aber nicht zum umbringen geeignet.

"Du musst es positiv sehen."

Er sah mir in die Augen.

"Wir packen das neue Jahr schon irgendwie."

Sein Blick fesselte mich und komischweise hatte ich nicht vor den Blickkontakt zu unterbinden.

"Wir haben jetzt uns."

"Wir haben auch 'n Haufen Probleme." flüsterte ich heiser.

"Weisst du was das grösste Problem ist?"

Ich schüttelte den Kopf.

"Dass ich dich noch nicht geküsst habe."

"Neal-" setzte ich an, doch wusste nicht was ich dazu sagen sollte.

"Es tut weh." flüsterte er und räusperte sich.

"Dich so zu sehen. So unglücklich. Ich wünschte, dass ich dir etwas von deinem Schmerz nehmen könnte."

"Es ist okay." sagte ich leise. Seine Nähe machte mich unsicher.

Wir waren uns so nah. Es war ungewohnt.

"Ich werde dich küssen." warnte er mich vor, sodass ich anfing zu grinsen.

"Danke für die Warnung."

Er lachte leise, zog mich zu sich und kam meinen Lippen immer näher.

"Wir beide schaffen das." hauchte er gegen meine Lippen.

"Werden wir das?" stellte ich die Gegenfrage, doch statt einer Antwort legte er seine Lippen sanft auf meine.

Doch dann spürte ich neben meiner Unsicherheit noch etwas anderes. Wie es langsam immer mehr Kontrolle übernahm.

Ich schubste Neal von mir. Hörte einen lauten Knall, gefolgt von dutzenden Farben am Himmel. Und dann passierte es. Ash übernahm meinen Körper und ich konnte nichts dagegen tun.



My Skills - Tornado Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt