Abschied und neue Bande

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Am Hafen herrschte reges Treiben. Die Mirage lag am Kai, fertig zum Auslaufen. Man wartete lediglich noch die nächste Flut ab. Tom stand nervös an der Reling und suchte die Menge nach einem bekannten Gesicht ab. Er hoffte, dass Eliza doch noch rechtzeitig kommen würde, um ihm lebe wohl zu sagen. Aber er hätte auch Verständnis dafür gehabt, wenn es für sie zu schmerzvoll gewesen wäre. Auch ihm war das Herz sehr schwer, doch es musste sein - nur noch dieses eine Mal. Als er wieder in die Menge blickte, sah er sie. Sie stand da, winkend und lächelte tapfer ihm zu. Er eilte zu ihr und drückte sie fest an sich. "Ich komme zurück und dann bleibe ich für immer, versprochen." Sie nickte nur. Als sie sich gelöst hatten, drückte Eliza Tom ein Medallion von ihr in die Hand. "Denke daran, ich bin immer bei dir und dieses Medallion soll dich daran erinnern und beschützen. Komm bald wieder Tom Foulder, ich liebe dich." Ein letzter Kuss zum Abschied folgte. Sie sah der Mirage noch lange nach bis sie am Horizont kaum noch zu erkennen war. Erst jetzt bemerkte sie, dass ein Brief in ihrer Schürze steckte. Tom musste ihn ihr unbemerkt zugesteckt haben. Sie steckte den Brief wieder zurück in ihre Schürze. Sie würde ihn heute abend im Bett erst lesen. Nun musste sie erst einmal zurück zur Arbeit.

In den nächsten Tagen war Eliza sehr nachdenklich und wirkte etwas verwirrt. Man schrieb es dem Trennungsschmerz zu. Rose jedoch hatte ein feineres Gespür und ahnte, dass es etwas mit dem Inhalt des Briefes von Tom zu tun haben musste, den Eliza ihr gezeigt hatte. Doch Eliza war sehr in sich gekehrt und mochte anscheinend nicht darüber reden. Rose und Peter ließen ihr ein paar Wochen Zeit über den Trennungsschmerz hinweg zu kommen. Doch nach mehr als einem Monat schließlich waren sie beide der Meinung, es sei jetzt genug Zeit verstrichen seit dem Abschied und überlegten zusammen wie man Eliza wieder aufmuntern konnte. In Bendton fand ein Jahrmarkt und ein Volksfest statt auf das sich die Bevölkerung schon das ganze Jahr drauf gefreut hatte. Rose und Peter versuchten Eliza dazu zu überreden mit ihnen das Fest zu besuchen. "Eliza, du kannst nicht ewig dich von deinem Trennungsschmerz gefangennehmen lassen. Tom kommt auch nicht schneller wieder wieder, wenn du dich völlig zurückziehst. Also Schwesterchen, genieße dein Leben, denn eine fröhliche Eliza gefällt mir viel besser." Rose verdrehte die Augen und seufzte. "Männer!", murmelte sie. Sie schob Peter sanft beiseite und nahm Eliza in den Arm. "Bitte, Eliza, lass dir von mir helfen. Tom wird auch nicht wollen, dass du dich so zurückziehst." Eliza nickte. Sie sah, wie zwei Augenpaare sie erwartungsvoll anschauten und ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Ich weiß ja, dass ihr es nur gut mit mir meint. Vielleicht habt ihr ja auch recht und obwohl mir eigentlich nicht nach feiern zumute ist, werde ich euch auf das Fest begleiten." "Sehr gut! Dann sehen uns heute Abend.", antworte Peter zufrieden lächelnd und verließ den Raum.

Die beiden Frauen sahen ihm hinter her, anschließend drehte sich Rose wieder zu Eliza um. "Magst du nicht doch mit mir darüber reden, warum dich dieser Brief so beschäftigt?" Eliza lehnte ihren Kopf an Rose Schulter: "Ach, Rose, der Inhalt war so völlig unerwartet und verwirrend, ich kann da nicht drüber reden. Außerdem bat mich Tom in dem Brief, den Inhalt nicht weiterzugeben bis zu seiner Rückkehr, er würde dann selber alles erklären." "Aber du hast doch keinen Grund für Zweifel an seiner Liebe zu dir oder?", fragte Rose besorgt. "Nein, nein, überhaupt nicht.", wehrte Eliza ab. Daraufhin meinte Rose:"Das ist doch das Wichtigste ...... die Gewissheit, das er dich liebt." Eliza nickte lächelnd: "Ja, du hast recht." "Also kommst du jetzt mit auf das Fest?", fragte Rose aufmunternd. "Ja, aber nur wenn du mir verrätst, ob ich es richtig deute, dass Peter und du dabei seid, zarte Bande zu knüpfen.", antwortete Eliza lächelnd. "Woher weißt du?.....", antworte Rose verwirrt und erötete. "Also doch!" "Aber ich dachte, Peter und ich hätten es ausreichend verborgen gehalten.", meinte Rose verlegen. "Meine liebe gute Freundin, auch wenn ich den Eindruck erweckte, völlig in meinem Abschiedschmerz gefangen zu sein, empfange ich dennoch jedes noch so zarte Signal der Zuneigung zwischen zwei Menschen, zumal wenn sie mir so nahe stehen. Nun, Rose?" Rose errötete und lächelte glückselig. "Ja, du hast recht, zwischen Peter und mir sind zarte Bande entstanden in den letzten Wochen. Ich hatte bis zu unserer Rückkehr garnicht wahrgenommen, welch ein höflicher und liebevoller Mensch Peter ist. Ich denke, das du die Ursache bist. Seit er dich als seine Schwester hat, hat auch er sich verändert.", schwärmte Rose ihr vor. "Ist die Liebe also auch zu dir zurückgekehrt? Ich freue mich für dich, meine liebe, gute Freundin." "Ja, oh Eliza, es ist so wunderbar wieder so zu empfinden. Meinst du er empfindet mehr für mich als nur Freundschaft?" "Nun, ich kenne Peter nun schon lang genug, um einen gewissen Eindruck zu haben und ich meine auch, dass da etwas mehr ist als nur nur Sympathie. Aber ich kann ihn gerne auch direkt fragen, wenn du sicher gehen willst., zwinkerte Eliza ihrer Freundin spöttisch zu. "Bloß nicht!," antwortete Rose entsetzt. Pötzlich mussten sie beide lachen. Die beiden Freundinnen nahmen sich in die Arme und verließen schließlich Arm in Arm den Raum. Das erste Mal seit der Trennung von Tom war Eliza wieder gut gelaunt. Sie freute sich für ihre Freundin und das Glück von Rose und Peter würde ihr helfen, besser die lange Zeit des Wartens zu überstehen.

Eliza - zwischen Schicksal und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt