Kapitel 10: Das neue iPhone 6: Superstark, superschnell, supergeil

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Gut. Ich schloss die Tür zu Melinas derzeitigem Schlafzimmer hinter mir und blieb dann einfach regungslos stehen. Was hatte ich da gerade getan? Himmel, was?

Hatte ich Raquel schon betrogen? Hatte ich das? Betrog man seine Freundin, wenn man einer anderen Frau einen Kuss gab? Zwar nur auf die Stirn, und wahrscheinlich hatte ich das nur gemacht, um Melina ein wenig zu beruhigen, aber immerhin. Ich hatte trotzdem eine andere geküsst.

Ich ging ein paar Schritte, nur um vor dem Treppenabsatz wieder stehen zu bleiben. Irgendwas musste ich tun. Zum einen, um mich abzulenken, zum anderen, um herauszufinden, ob ich Raquel noch liebte. War es in dieser Hinsicht tatsächlich schon zu ende mit mir?

Ich machte mich wieder auf den Weg nach unten und ging zurück ins Wohnzimmer. Raquel entdeckte ich auf dem Sofa, der Rest schien sich mal wieder verpisst zu haben. Wir mussten ja auch nicht immer aufeinander hocken.

„Blau oder weiß?" Raquel hielt mir zwei Nagellackfläschchen unter die Nase, als ich mich gesetzt hatte.

„Äh...weiß ich das denn?" Sah ich so aus, als würde ich mir Nagellack auf die Finger pinseln? „Gut...nimm...blau. Ich glaube, das passt gut.", murmelte ich, damit Raquel nicht eingeschnappt war.

„Wie du meinst." Sie schraubte die blaue Nagellackflasche auf, „Ich frag dich nächstes Mal einfach nicht mehr." „Tut mir Leid.", murmelte ich. Doch sie schüttelte nur kurz den Kopf, „Ist schon gut, Tim. Du bist nun mal ein Mann und hast von Nagellacken keine Ahnung. Das verzeih ich dir."

„Melina schläft jetzt.", meinte ich, keine Ahnung warum ich das sagte. Vielleicht wollte ich ja unbewusst über Melina sprechen. Vielleicht sollte ich Raquel erzählen, dass ich ihr einen Kuss auf die Stirn gegeben hatte.

„Hm. Sie sah auf jeden Fall fertig aus. Melina." Raquel hielt kurz inne mit dem Nägel lackieren und schaute mir ins Gesicht, „Sie muss viel durchgemacht haben."

„Ja...Sie erwähnte auch, dass ihr Freund sie geschlagen hat." Wäre das nicht ein schöner Moment, um Raquel ein „Siehst du, ich hatte Recht." um die Ohren zu hauen? Aber so gemein war ich nicht.

„Ich hoffe wirklich, es geht ihr morgen wenigstens besser.", fuhr ich fort. Und Raquel neben mir nickte, den Blick wieder auf ihre Fußnägel gerichtet. Da kam mir auf einmal die passende Idee. Ich musste Raquel und mir selbst beweisen, dass ich sie noch liebte. Das unbedingt.

Ich beugte mich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Kommst du mit hoch?" Sah sie fragend an.

„Wieso, bist du schon müde?" Sie sah auf. Doch ich schüttelte den Kopf. „Ich dachte mir...wir machen...was anderes." Umgangssprachlich auch Sex genannt.

„Geht's dir gut, Tim?" Sie legte den Kopf leicht schief, „Das hatten wir aber noch nie, dass du aus heiterem Himmel mit mir schlafen wolltest."

„Irgendwann ist immer das erste Mal." Ich küsste sie wieder. „Willst du nicht doch mit hochkommen?" Hundeblick. Das zeigte bei Raquel allerdings selten Wirkung.

„Hast du meine Gesichtscreme wieder mit deiner Zahnpasta verwechselt, oder was hast du ausgefressen?", fragte sie. „Ich? Nichts." Außer dem Kuss bei Melina.

Raquel erwiderte daraufhin erstmal nichts weiter und konzentrierte sich wieder auf das Lackieren ihrer Fußnägel. Erst als der Nagel des linken kleinen Zehs mit Farbe bedeckt war, sah sie auf.

„Pass auf Tim, geh schon mal vor. Ich mach das hier nur noch zu ende und warte bis das Zeug trocken ist. Dann bekommst du was du willst." Sehr überzeugt sah sie nicht aus. Ich wollte ja auch nicht wirklich mit ihr schlafen, weil ich ihr zeigen wollte, dass ich sie liebte, sondern nur, um mir beweisen zu können, dass ich sie eben noch liebte. Für Außenstehende vielleicht etwas verwirrend. Aber ich musste wissen, ob da das Kribbeln und Herzklopfen noch war.

Feeling Good (Avicii-Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt