Ende Februar sollte man sich eigentlich schon daran gewöhnt haben, morgens alleine aufzuwachen. Tim war seit fast zwei Monaten weg, nur über Skype oder Handy anwesend, aber eben nicht körperlich in meiner Nähe.
Und vielleicht machte mir das mehr Sorgen, als ich mir wirklich eingestehen wollte. Angefangen hatte es mit Träumen, die meist auch noch recht intensiv waren. Dann träumte ich von Tim, wie er mich küsste oder wie ich meinen Kopf in seinem Schoß liegen hatte und er durch meine Haare fuhr. Blöderweise fühlte sich das Ganze auch noch so echt an, dass ich nach dem Aufwachen erstmal ein paar Sekunden brauchte, um zu kapieren, dass er nicht hier war.
Als nächstes begann ich mich dann immer zu fragen, ob es sich überhaupt lohnte, aufzustehen. Ich mein, was war denn daran so schlimm, einfach liegen zu bleiben und zu warten, bis Tim hier wieder auftauchte?
In solchen Momenten erschreckte ich mich immer vor mir selbst und dachte automatisch an Depressionen. Dazu gekommen genauer nachzugucken, was man darunter verstand und was die Symptome waren, war ich allerdings noch nicht gekommen. Aber ich war mir sicher, mich zu erinnern, dass Leute die darunter litten, schon bei der kleinsten Handlung überlegten, ob sie überhaupt Sinn machen würde. Allerdings hatte ich solche Gedanken nur morgens beim Aufstehen.
Wenn ich es dann fertiggebracht hatte, meine Beine von der Matratze zu schwingen und die Füße auf den Boden zu stellen, konnte ich sicher sein, dass ich es geschafft hatte. Wieder einmal. Die Trauer und das Vermissen wegen Tims Abwesenheit warf einen dann doch nicht komplett aus der Bahn.
Das ganze Haus war so still. Hier war im Moment kein anderer als ich. Es war nicht schön, in dieser Stille zu frühstücken.
Das Frühstück hielt ich auch heute recht kurz. Nur eine Schale Müsli und einen kleinen Joghurt. Das reichte für den Vormittag und Mittagessen würde ich ja auch noch.
Danach war das „Monsterprojekt" Haare waschen und föhnen an der Reihe. Eigentlich hatte ich mir immer vorgenommen, das abends vor dem Schlafengehen zu machen, war aber zu müde gewesen. Mal hatte ich mit Tim über längere Zeit geskypt, mal Fernsehen geschaut. Oder Nicole war hier gewesen und wir hatten für Leo einen Ball durch den Flur geworfen.
Gegen fünf nach halb acht war ich sauber und trocken, auch die Haare. Das Anziehen ging auf jeden Fall wieder schneller und ich packte unten meine Sachen zusammen.
Tourzeit für Tim hieß offenbar auch Mitarbeitermangel bei At Night. Nur wenige waren im Moment hier, Ash mit eingeschlossen.
„Morgen." Wie immer streckte ich einmal kurz den Kopf in sein Büro, wenn ich hier ankam, damit er wusste, dass ich anwesend war. Allerdings schien Ash dann doch beschäftigt zu sein. Er sprach mit jemandem am Telefon in Schwedisch. Also wandte ich mich wieder um. Vorbeischauen konnte ich auch später nochmal.
„Ach, hallo Melina. Hab dich gar nicht bemerkt.", hörte ich ihn da doch rufen, als ich schon zwei Schritte aus dem Türrahmen getan hatte.
„Geht's dir gut?", fragte er, als ich mich wieder in seine Richtung gedreht hatte. Ich zuckte nur die Schultern. „So durchschnittlich.", antwortete ich, „Oder mittelmäßig. Wie man es bezeichnen mag." Ash hatte es schon recht früh gemerkt, dass ich wegen Tims Abwesenheit stimmungstechnisch ein wenig durchhing. Dass er dann versuchte, mich aufzuheitern, rechnete ich ihm hoch an.
„Was hältst du davon, wenn wir heute Mittag zusammen Essen gehen?", fragte er mich, nachdem er mir, zum Glück, keinen mitleidigen Blick geschenkt hatte, so wie Nicole das gemacht hatte, „Ich wollte dich gerne etwas fragen und ich finde, das lässt sich gut in die Pause einschieben."
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Feeling Good (Avicii-Fanfiction)
FanfictionTim und Melina. Zwei verschiedene Menschen mit einer Leidenschaft: Musik. Tim entdeckt Melinas Talent und setzt sich in den Kopf, mit ihr zu arbeiten. Doch nicht alles läuft reibungslos. Viele Dinge kommen ihnen entgegen: Melinas Freund John und...