Kapitel 25

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Als der Blick der Person vor uns auf mich fällt schrecke ich sofort zusammen. Ruckartig bleibe ich stehen und spüre mein Herz, wie es immer schneller schlägt. Bitte lass das nicht noch ein Freund von Jack sein.

"Liam mein Freund! Endlich!" ruft Harry und steuert direkt auf den jungen Mann zu, welcher ihm mit einem leichten Lächeln entgegen kommt.

"Harry. Hätte nicht gedacht, dass ich dich lebendig wieder zu Gesicht bekomme." scherzt dieser Liam und schlägt bei dem Lockenkopf ein. Die beiden kennen sich?

Plötzlich nehme ich einen kleinen Stoß von der Seite wahr und drehe meinen Kopf zu John, welcher neben mir ebenfalls zu Stehen gekommen ist. Er deutet mir mit seinem Blick, dass ich weiter gehen soll und ich nicke verständlich. Langsam nähere ich mich Harry und halte meinen Blick starr auf Liam gerichtet. Er hat mittelbraune Haare und ich kann ein paar Tattoos auf seinen Händen sehen. Sein Körper wirkt gut trainiert. Unsere Blicke treffen sich und er wirkt sehr kritisch, als seine Augen mich mustern.

"Wer ist das?" fragt er leise an Harry gerichtet, hält jedoch den Blickkontakt.

"Ich-.." beginne ich mich vorzustellen, doch werde gleich unterbrochen.

"Das ist Amy und das ist John." erklärt Harry, während er mit seiner Hand auf uns deutet. "Die sind leider ungewollt in die Sache reingeraten." fügt Harry hinzu und ich seufze innerlich.

"Man, du weißt wie gefährlich das ist." kommt es ernst von Harrys Kumpel und sein Blick wandert zu dem Lockenkopf. Er starrt ihn direkt in die Augen und seine Stirn runzelt sich etwas.

"Ich weiß, ich weiß. Doch mit ihr da-.."

"Amy!" unterbreche ich Harry mit einer lauten Stimme und verschränke meine Arme vor der Brust. Der Braunhaarige bleibt kurz still während Liam mir einen Blick zuwirft. Ich nehme ein leises seufzen wahr bevor Harry fortfährt.

"Mit Amy" betont Harry meinen Namen "ging es nicht anders und diesen Idiot.." der Lockenkopf deutet zu John, welcher sich sofort aufrichtet, doch ich lege meine Hand auf seine Schulter und schüttle nur kurz meinen Kopf, als er mich ansieht. "..den hat Amy mitgebracht." beendet Harry seine Erklärung.

"Aha." gibt Liam deutlich uninteressiert von sich und ich werfe ihm einen genervten Blick zu, welchen er jedoch nicht bemerkt. Um ehrlich zu sein schien dieser Liam im allerersten Moment ziemlich sympathisch, auch wenn er ein Freund von Harry ist. Zuerst konnte ich mir selbst auch nicht wirklich glauben, doch er machte wirklich einen guten Eindruck auf mich - bis er seinen Mund aufgemacht hat. Aber naja. Freund von Harry, was anderes konnte ich mir ja auch nicht erwarten.
Ein leichter Stoß von der Seite, welcher schließlich von John kam, ließ mich in die Realität zurückkehren welche ich für einen kurzen Moment ausgeblendet hatte.

"Wir gehen in die Hütte." erklärt mir der Mann und ich sehe Harry und Liam, welche schon auf halbem Wege dorthin sind.
Ich nicke nur kurz, bezweifle jedoch, dass es John gesehen hat und gehe einfach los.

"Ist irgendetwas?" holt mich seine Stimme ein und auch gleich danach bemerke ich seine Gestalt neben mir.

"Nein. Alles okay." gebe ich emotionslos von mir und ich weiß sofort, dass er sich damit nicht zufrieden gibt. Meine Antwort war ja auch mehr als offensichtlich.

"Ich merke doch, dass nicht alles okay ist." kommt es von John und ich seufze innerlich.

"Bitte, lass es einfach. Ich will einfach allein sein." spreche ich, vielleicht etwas zu genervt. Ich will gar nicht gemein klingen, schon gar nicht bei John, da er anscheinend die einzige Person auf dieser Welt ist, die mich noch einigermaßen leiden kann. Naja, anders betrachtet ist er auch auf mich und auch auf Harry etwas angewiesen, also kann er nicht anders. Doch mir wird schon wieder einmal alles zu viel und hätte gerne mal eine Auszeit. Einfach mal die Zeit anhalten. Wenn das so einfach wäre.

"Tut mir leid, Amy." kommt es nur als leises Murmeln zurück.

"Ist schon okay." Ich halte meinen Blick gesenkt.

Ich lege meine Hand auf die Türschnalle und will sie gerade öffnen, als ich es mir doch anders überlege und mich zu John umdrehe, welcher mich fragend mustert.

"Ist es okay, wenn ich einen kurzen Spaziergang mache?" Ich sehe direkt in seine Augen.

"Klar, soll ich mitkommen oder-.."

"Alleine." unterbreche ich ihn mit leiser, jedoch klarer Stimme.

"Okay. Pass auf dich auf." gib John noch von sich, bevor ich an ihm vorbei gehe und mich von der kleinen Hütte entferne.

"Mach ich." rufe ich noch zurück und lasse ihn somit hinter mir.

Ich weiß wieder einmal nicht in welche Richtung ich mich bewege, was mir im Moment auch ziemlich egal ist. Ich nehme einen tiefen Atemzug und schließe kurz meine Augen. Meine Gedanken drehen sich um viele Dinge. Zu viele Dinge. Schließlich bleiben sie wieder an einem Punkt hängen - wie soll das alles weitergehen? Ich brauche irgendeinen Ausweg, bevor ich und mein gesamter Körper versagen. Doch in gewisser Hinsicht kenne ich die Antwort, anscheinend will ich sie nur nicht wahrhaben. Zurzeit hat meine Lebenssituation keinen Sinn und auch keine Zukunft. Wenn ich daran denke, wie das alles in ein paar Monaten aussehen soll habe ich keine Bild vor mir. Denn ich weiß es einfach nicht. Was ist, wenn ich schon tot bin? Bei diesen Gedanken läuft mir ein Schauer über den Rücken. Es muss eine Lösung geben. Man muss irgendetwas tun können. Ich, muss irgendetwas tun. Aber was? Ich bin nicht stark genug, nichtmal annähernd.

Ein lautes Seufzen verlässt meinen Mund.

Es gibt keinen Ausweg. Jedenfalls jetzt nicht. Auch wenn ich es ungern tue, ich muss mich auf Harry verlassen. Er muss am besten wissen was zutun ist, immerhin kennt er all diese Typen. Und dieser Liam? Anscheinend hat er auch etwas damit zutun.

Irgendwann werde ich auf all meine Fragen eine Antwort haben. Ob positiv oder negativ, daran kann ich nichts ändern. Meine Leben bewegt sich nun in eine andere Richtung und ich muss es akzeptieren und lernen damit umzugehen.

Müde lasse ich mich auf den Boden nieder und lehne mich an einen Baum.

Ich könnte einfach abhauen, mich in ein anderes Land absetzen und ein neues Leben beginnen. Ob ich das schaffen würde? Ich habe doch nicht einmal genügend Geld dazu.
Ich könnte doch einfach eine Bank ausrauben und dann abhauen. Sofort schüttle ich meinen Kopf. Nicht einmal das würde ich auf die Reihe bringen.

"Amy?" höre ich plötzlich eine Stimme und setze mich auf. Mein Kopf dreht sich in alle Richtungen, bis ich eine Gestalt entdecke, die sich direkt auf mich zu bewegt.
Liam? Was will der eigentlich? Wir kennen uns so gut wie gar nicht.

"Was ist?" gebe ich leise und auch etwas neugierig von mir.

Liam schweigt, bis er direkt vor mir stehen bleibt und sich ebenfalls auf den Boden setzt. Ich mustere ihn verwirrt.

"Als ich von John erfahren habe, dass du einen Spaziergang machst, wollte ich nach dir sehen." erklärt mir Liam mit einer beruhigenden Stimme. Meine Stirn legt sich in Falten.

"Und warum bist du wirklich hier?" frage ich und Liam muss schmunzeln.

"Ich weiß, du hast keinen guten Eindruck von mir und ich bin nach wie vor der Meinung, dass es viel zu gefährlich war eine weitere Person in die Sache zu verwickeln. Doch es war wohl wirklich eine dumme Situation und ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie du dich eigentlich fühlen musst. Naja, immerhin bist du ein Mädchen und es ist wirklich nicht alltäglich, dass du von fremden Typen verfolgt wirst und mit anderen fremden Typen dich irgendwo verstecken musst." sagt der Braunhaarige und ich bin im ersten Moment sprachlos. Das hätte ich nun wirklich nicht erwartet.

"Ist das dein ernst." spreche ich etwas überwältigt. Irgendwas hier ist doch faul.

"Ich meine es wirklich ernst. Ich würde gerne wissen, wie du überhaupt in diese ganze Sache reingeraten bist, wenn du es mir erzählen willst." Liam sieht mir in die Augen und es sieht so aus als würde er es wirklich ernst meinen. Meine Stirn liegt noch immer leicht in Falten.

Für eine kurze Zeit herrscht Stille und ich denke einen Moment darüber nach, bis ich einmal durchatme und zu erzählen beginne - von Anfang an.

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