Kapitel 28

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"Warum kannst du es mir nicht sagen?" John wirkt etwas enttäuscht und Angst liegt in seiner Stimme.

"Es gibt verschiedene Gründe. Vor allem weiß ich nicht, wo ich anfangen soll." versuche ich ihm zu erklären und sehe ihn an. Er nickt leicht.

"Ist schon okay. Ich bin mir gar nicht mehr sicher, ob ich es jetzt noch wissen will." gibt er emotionslos zurück, sieht mich jedoch weiterhin abwartend an.

In solchen Momenten müsste ich ihm eigentlich ein Lächeln schenken, welches so etwas sagt wie es wird alles gut oder du musst keine Angst haben. Um ehrlich zu sein ich versuche es auch - doch ich schaffe es nicht, da eine Lüge dahinter stecken würde. Ich würde mir selbst nicht einmal glauben.
Schließlich wendet er seinen Blick ab und richtet ihn zu Boden. Es herrscht Stille und ich denke, diese Ruhe zwischen uns sagt mehr als 1000 Worte. Ich glaube diese Ruhe beantwortet seine Frage von selbst. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er weiß, dass wir uns in wirklich keiner guten Situation befinden. Er tut mir leid.

Plötzlich wird die Türe der kleinen Hütte aufgerissen und ich zucke innerlich kurz zusammen. Harry tritt heraus und wirft mir einen ernsten Blick zu. Irgendetwas stimmt nicht. Worüber sie wohl geredet haben? Liam kommt hinter Harry zum Vorschein und atmet tief durch. Auch sein Gesicht deutet keine absolute Fröhlichkeit.

"Was machen wir jetzt?" frage ich vorsichtig und sehe die beiden an. Harry macht nicht den Anschein mir eine Antwort zu geben. Liam sieht so aus, als würde er nachdenken.

"Wir bleiben hier bei dieser Hütte." gibt Liam schließlich als Altwort.

"Und für wie lange noch?" frage ich gleich weiter. Liam will mir erneut antworten, als Harry ihm ins Wort fällt.

"Das wissen wir noch nicht." spricht der Lockenkopf emotionslos und ich runzle etwas meine Stirn.

"Wollt ihr jetzt für immer hier bleiben oder was?" motze ich.

"Ich habe nicht gesagt für immer." sagt Harry etwas genervt.

"Aber wir müssen doch etwas tun." fahre ich fort und werfe meine Hände in die Luft.

"Wir können nichts tun!" erklärt Harry und seine Stimme wird immer lauter. "Willst du etwa zu Jack gehen und mit ihm reden? Dich vielleicht bei ihm entschuldigen und danach noch zusammen einen Tee trinken? Hört sich toll an! Mach wenn du glaubst du weißt es besser!" Harrys Wut steigt und steigt.

"Zum Beispiel! Du könntest auch mal versuchen nett zu sein Harry!" werfe ich ihm vor, obwohl ich weiß, dass ich es nicht tun hätte sollen.

"Nett!? Du hast doch keine Ahnung, was dieser Typ schon alles gemacht hat! Du weißt gar nichts also halt dich da raus!" brüllt Harry und ich kann deutlich den Hass in seiner Stimme hören. Liam und John stehen nur schweigend daneben. Keiner von den beiden versucht einzugreifen.

"Dann sag es mir verdammt!" brülle ich zurück. Was ist daran auch so schwer?

"Nein verdammt!"

"Okay dann tut es mir leid, dass ich mit dir ein Gespräch führen wollte!" schreie ich und und hebe entschuldigend meine Hände. "Wenn ich dir so viele Probleme schaffe, macht es dir ja bestimmt nichts aus, wenn ich jetzt einen langen Spaziergang mache." motze ich und drehe mich ruckartig um.

"Nein, du gehst nicht!" höre ich Harrys ernste Stimme hinter mir, welche ich gekonnt ignoriere.

"Bleib jetzt stehen verdammt!" brüllt er mir hinterher, doch ich denke nicht einmal daran.

"Komischen Gefühl wenn mal jemand nicht nach deiner Pfeife tanzt, was?" brülle ich zurück und drehe mich ein letztes mal kurz um. Ich sehe direkt in Harrys finsteres Gesicht und kann eindeutig sagen, dass er mir am liebsten gerade den Kopf abreißen möchte. Umso länger ich in seine Augen schaue, umso mehr Angst bekomme ich.

Sofort drehe ich mich wieder um und verschwinde mit schnellen Schritten tiefer in den Wald hinein. Dieser Streit war völlig umsonst. Im Nachhinein frage ich mich, warum ich überhaupt mit Harry zu diskutieren anfange. Es bringt rein gar nichts.
Ich atme einmal tief durch und lege meinen Kopf in den Nacken.

"Amy!" ruft jemand hinter mir und ich drehe mich ruckartig um. Es ist Harry. Ich schlucke schwer. Er steht einige Meter entfernt von mir und funkelt mich böse an. Dieser Anblick macht mir Angst.

Schnell drehe ich mich wieder um und gehe mit schnellen Schritten weiter. Vorsichtig werfe ich einen Blick über meine Schulter und muss feststellen, dass Harry mir folgt.
Sofort beginne ich zu rennen.

"Lass mich in Ruhe Harry!" rufe ich und laufe immer schneller. Doch nicht schnell genug.
Harry packt mich an meiner Schulter und hält mich fest. Er dreht mich zu sich und sieht mir direkt in die Augen.

"Lass mich los!" Ich versuche mich loszureißen - keine Chance.

"Was haben wir von Anfang an gesagt? Du tust das, was ich dir sage! Du machst keine Probleme und benimmst dich! Doch was machst du? Das komplette Gegenteil! Du benimmst dich wie ein Kleinkind!" spricht Harry mit einer ernsten Stimme und sieht mich dabei die ganze Zeit an.

"Du bist immer gemein zu mir!" verteidige ich mich.

"Weil du dich nicht an die Regeln hältst verdammt!" schreit Harry fast schon wieder.

"Fang jetzt nicht mit Regeln an! Dieses Wort kennst du gar nicht!" brülle ich zurück und Harry sieht mich im ersten Moment etwas schockiert an.
Warum wird mir erst dann ein Fehler klar, wenn es schon zu spät ist.

"Glaubst du wirklich ich lasse mir von so einer kleinen Schlampe wie dir sagen, was ich zutun habe?!" brüllt Harry voller Wut und Hass. Meine Kinnlade klappt zu Boden.

"Wie hast du mich gerade genannt?" Meine Stimme ist ganz ruhig. Hat er mich gerade wirklich Schlampe genannt? Das hat weh getan. Meine Gefühle sind bunt gemischt und ich weiß nicht, was ich denken soll. Hält er mich wirklich für eine Schlampe?

"Fass mich nicht an!" Total entsetzt reiße ich mich von ihm los. Harry schweigt nur und sieht mich emotionslos an. Seine ganze Wut ist verschwunden.

"Gut zu wissen, was du wirklich von mir haltest." Das sind die letzten Worte die ich von mir gebe, bevor ich mich umdrehe und von ihm davonlaufe. Ich will nur noch von hier weg. Hier werde ich sowieso nicht akzeptiert. Ich drehe mich auch nicht um sondern renne immer weiter bis mich meine Beine nicht mehr so schnell tragen können und sich mein Tempo verlangsamt. Auch wenn es nur Harry war und mir seine Meinung eigentlich egal sein kann - seine Worte haben mich verletzt, sehr sogar.

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