-36- ➳ Erlaubnis

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Jeden Morgen, wenn ich aufwachte, strich ich gedanklich einen weiteren Tag von meinem inneren Countdown ab. Und jedes Mal wurde ich nervöser.
Und heute, während ich an die graue, schlecht verputzte Decke unseres Zimmers sah, wurde mir klar, dass es nicht mal mehr eine Woche bis zur Abendveranstaltung war.
Und ich wusste immer noch nicht so Recht, was ich machen sollte.
Weder hatte ich eine Erlaubnis bekommen, noch hatte ich für mich selbst einen Entschluss gefasst.

Es würde so oder so Konsequenzen für mich nach sich ziehen. Selbst ein Blinder würde erkennen, dass Niall Hilfe gehabt haben musste, um in die Abendveranstaltung zu platzen und man würde nicht mehr als zwei Tage brauchen, um alle Spuren zu mir zurück zu verfolgen. Besonders da Liam wusste, dass etwas nicht mit mir stimmte und ich bereits die Dokumente gelesen hatte. Es würde für mich das Exil bedeuten, denn Niall würde sicherlich nicht wegen dem Tee und den kleinen Leckereien zur Abendveranstaltung erscheinen wollen.

Doch was wollte er genau?
Den Kanzler umbringen? Kanzler Rosewood war sicherlich auch anwesend, wenn es wirklich so eine wichtige Abendveranstaltung wäre, wie Bellamy mir erklärt hatte. Doch dann gab es doch sicherlich auch Sicherheitskräfte...

Stöhnend wollte ich mich am liebsten wieder unter die Decke verkriechen, doch Clovy, die vor Hunger anfing zu quengeln, hielt mich davon ab.

„Ich mache Frühstück." Meinte ich und weckte Sam, damit er Clovy fertig machen konnte.
Während ich aus dem Schrank alles heraussuchte, was man für einen einfachen Frühstücksbrei brauchte, schweiften meine Gedanken wieder zu meiner jetzigen Situation.

Denn selbst wenn ich beschloss, Niall nicht zu helfen, würde ich viel riskieren.
Niall hatte mir mit meinen Geschwistern, mit meiner Familie gedroht.

Und konnte ich wirklich das Leben von Clovy, Sam und Mum, vielleicht sogar das von Eleanor, aufs Spiel setzen, um nicht selbst ins Exil gehen zu müssen?
Doch Niall brauchte mich und ich wusste jetzt, dass er nicht Allwissend war... Vielleicht konnte ich einen Deal mit ihm eingehen, der auch mir etwas nützen würde, so lächerlich das auch klang: Ein Deal mit Niall.

Ich erinnerte mich wieder an Sams Worte, dass ich meinen eigenen Weg gehen sollte. Stöhnend massierte ich mir meine Schläfen, drehte mich einmal zu unserer angelehnten Zimmertür um und traf zum hundertsten Male eine Entscheidung.

Ich wollte meinen eigenen Weg gehen, aber dabei nicht das Leben anderer aufs Spiel setzen.
Und ich musste schnellstmöglich eine Lösung in den nächsten fünf Tagen suchen, ohne mich für eine Seite zu entscheiden.
Weder wollte ich zu Niall, noch zu Liam gehören.
Ich müsste mich beeilen.

„Sam, Clovy?" rief ich entschlossen, während ich bereits in meine Stiefel schlüpfte. „Das Essen steht auf der Theke, ich muss heute früher los!"

Während ich ohne eine Antwort abwartend aus unserer Wohnung trat, drehte ich meine Haare zu einem strengen Haarknoten nach hinten, um so etwas zu kaschieren, dass ich sie eigentlich gleich hätte waschen wollen, da sie es dringend nötig hätten.

„Sophia?" fragte Christopher überrumpelt, als er mir die Tür öffnete.
Bevor er wieder die Tür zuschlagen konnte, drückte ich mich an ihm vorbei in seine Wohnung und verschränkte meine Arme, als ich mich mit durchgedrückten Rücken zu ihm umdrehte.

„Warum ich, Christopher, warum ich?" sprach ich und sah sofort, wie sich die Verwirrung in seinem Gesicht breit machte.

„Wenn du jetzt davon redest, dass ich dir letztes Mal kein Stück Kuchen..." sprach er langsam und beäugte mich misstrauisch. Ich unterbrach ihn: „Ich rede nicht vom Kuchen, sondern von Nialls Aufgabe!"

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