-1- ➳ Gefälschte Prüfbescheinigung

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Ich drückte mich noch weiter in die Schatten der kleinen Nische, als ich die wiederhallenden Schritte der Nachtwächter hören konnte. Ich versuchte so flach wie möglich zu atmen, um so wenig Aufmerksamkeit wie es ging auf mich zu ziehen.

Wenn sie mich jetzt fanden, war alles umsonst und das Strafgeld, das ich wegen unerlaubten Verlassens meiner Wohnung, bezahlen müsste, würde uns alle noch mehr ins Verderben ziehen.

Ich schlang meine Arme um meinen Körper und lehnte mich gegen die kalte Wand. Ein Schauer lief meinen Rücken hinab, als die Kälte bis zu meinen Knochen kroch.

Gib nicht auf, Sophia. Tu es für Clovy. Sie hat es verdient. Meine Gedanken kreisten, aber als sich das Bild von meiner kleinen Schwester, unbeweglich in ihrem Bett gefangen, vor mein inneres Auge schob, atmete ich einmal tief ein und hob mein Kinn. Das Risiko war es wert. Das Risiko war Clovy wert.

Ich wusste nicht, wie viele Minuten ich noch in der kleinen Nische zitternd gewartet hatte, bis ich leise Schritte vernahm. Automatisch spannte ich mich wieder an, in der Angst, dass wir uns doch verschätzt hatten und die Nachtwächter zu dieser Stunde unsere Etage kontrollierte. Die Schritte kamen näher und insgeheim fragte ich mich, ob dies vielleicht doch nicht die richtige Entscheidung war.

Ich hielt meinen Atem an, als die Schritte verstummten und ich den flachen Atem einer Person wahrnahm. Ich lauschte und als ich dann ein altbekanntes Schnipsen hörte, fiel die ganze Anspannung von meinen Schultern ab und ich schob mich aus der Nische.

„Ellie!" flüsterte ich leise und fiel meiner besten Freundin um den Hals. „Erschreck mich doch nicht so, Soph." Flüsterte Eleanor in mein Ohr, als sie mich ebenfalls an sich drückte.

„Sorry, aber viel mehr hast du mich erschreckt." Ich grinste schief, aber als mir wieder einfiel, warum wir das Risiko einer Geldstrafe auf uns nahmen, schob ich Eleanor etwas von mir weg und betrachtete sie prüfend in dem faden Licht, das vom anderen Ende des Korridors kam. Sie sah erschöpft aus. Ihre wunderschönen, braunen Locken waren zu einem unordentlichen Arbeiter-Dutt nach oben gesteckt und sie trug noch immer das verwaschene blaue Kleid mit der löchrigen weißen Schürze, die sie locker um die Hüfte gebunden hatte.

„Kommst du jetzt erst von der Arbeit?" fragte ich sie leicht erstaunt und ihr Mund verzog sich zu einer Grimasse.

„Das tut jetzt nichts zur Sache, Sophia. Wir können morgen darüber reden... Viel wichtiger ist das hier." Sie zerrte ein kleines, in einem braunen Tuch eingeschlagenes Päckchen aus ihrer Schürzentasche hervor und reichte es mir hin.

Vorsichtig nahm ich es ihr entgegen und strich über die raue Struktur des Tuches. Dies hier sollte uns beiden helfen. Clovy helfen.

„Christopher meint, dass die Fälschungen täuschend echt aussehen. Wir werden keine Schwierigkeiten bekommen."

Vorsichtig nickte ich und schlug vorsichtig das Tuch auseinander. Darin kam ein graues Blatt Papier zum Vorschein, sicher verwahrt in einem Schutzumschlag. Mit zittrigen Fingern fuhr ich über die eckigen Buchstaben.

Es waren Buchstaben, die mein Leben verändern sollten.

Buchstaben, die Clovy helfen sollten.

Buchstaben, die sich zu folgenden Wörtern zusammen reihten:

Prüfbescheinigung für Ms. Sophia Smith.

ID: 3256882a17c2b

Bestanden.

Meldefrist bis zum 10.04.2433, 12 Uhr, Sektor 3c, Meldezentrum 4.

„Es sieht wirklich täuschend echt aus." Murmelte ich, während ich es vorsichtig wieder in das Tuch einwickelte und in meiner Jackentasche verschwinden ließ.

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