Die Arbeitszeit verging wie im Flug. Ich war wieder bei Flynn im Garten und ich konnte nicht bestreiten, dass ich diese Art von Arbeit viel mehr als die Küchenarbeit genoss. Auch wenn ich stundenlang unter der simulierten Sonne mein Kleid vollschwitzte, war ich zur Mittagspause immerhin schon mit dem Setzen von neuen Rosen fertig.
Denn Flynn wollte einen kleinen Teil des Gartens in ein sogenanntes ‚Rosenviertel' umwandeln und ein Teil der Umsetzung hatten wir bis zum Ende meiner Schicht geschafft.
Zwar hieß das für mich, dass ich kaum Pause gemacht, meine Haare mir angeschwitzt und aus dem Zopf gelöst im Gesicht gehangen haben und meine Hände mit Schrammen und Erde verziert waren, aber solange ich dabei helfen durfte, etwas zum Leben zu erwecken, waren mir sogar die kleinen Wunden, die die Dornen auf meiner Haut hinterlassen hatten, egal.Durch Flynns freundliche, aber auch zielbewusste Art hatte ich gelernt, worauf es in der Gartenarbeit ankam und machte mich freudestrahlend mit zehn Pluspunkten in der Tasche auf den Weg zur Umkleide.
Ich musste mir keine Sorgen darum machen, dass ich vielleicht wieder Liam über den Weg laufen könnte, da ich von einer Frau, die auch mit im Garten geholfen hatte, erfahren hatte, dass dieser bis morgen Abend geschäftlich mit seinem Vater in den südlichen Skyscrapern unterwegs war.Im Waschraum, den wir als Umkleideraum nutzten, fand ich schließlich eine miesgelaunte Leo vor.
„Was ist denn bei dir passiert?" fragte ich sie leicht verwirrt und zog, die nun etwas eingelaufenen Schuhen aus.
„Avaria ist passiert." Grummelte Leo als Antwort, zerrte sich ihr Arbeitskleid über den Kopf und stopfte es in ihr Fach. Ich überlegte, ob ich sie darauf hinweisen sollte, dass es so morgen ganz knitterig sein würde, aber im Anbetracht ihrer Laune ließ ich es lieber bleiben.
„Punkte?" fragte ich nach, während ich stirnrunzelnd meine Haare im Spiegel betrachtete. Ich müsste sie auf jeden Fall heute Abend noch waschen.
„Abzugspunkte, Geschrei vom Feinsten, eine kaputte Vase. Aber keine Sorge, das andere Mädchen, die ihren Namen wie ein dunkles Familiengeheimnis hütet, hat sie beim Putzen heruntergeworfen und dann geweint wie ein Wasserfall. Wir werden ja sehen, ob sie morgen noch bei uns im Unterricht sitzt..."
Leo zuckte die Schultern und schlüpfte in ihre helle Jeans.
„Oh." meinte ich nur, nicht sicher, ob ich Mitleid mit diesem Mädchen haben oder mich darüber freuen sollte, dass ich nun eine Konkurrentin weniger hatte. Kopfschüttelnd verdrängte ich diesen Gedanken. Immerhin könnte das Mädchen genauso von einer Festanstellung abhängig sein wie ich es war. Vielleicht würde ihr Rauswurf alles zerstören. Vielleicht müsste sie in eine niedrigere Etage ziehen.„Bist du soweit?" fragte mich Leo und riss mich somit aus meinen Gedanken.
„Ja, gib mir noch eine Minute." Flüsterte ich, schlüpfte in Mums steife Bluse und knöpfte sie zu.
„Hast du schon gehört, dass Liam nicht da ist?"
Ruckartig schoss mein Kopf zu ihr, die mit dem Rücken zu mir stand und über die Schranktüren mit ihren Fingern glitt. Ich wusste nicht genau, wie ich ihre Frage deuten sollte, deswegen antwortete ich leicht verwirrt: „Ja. Ich habe es bei der Gartenarbeit erfahren. Er ist mit seinem Vater zu einer Ratssitzung in einem südlichen Skyscraper. Warum fragst du?"
„Nur so." Sie zuckte ihre Schultern und drehte sich zu mir um. „Und bist du fertig? Syra wartet auf mich." Zwinkernd wechselte sie das Thema und seufzend schlüpfte ich in meine Schuhe und griff nach meiner Jacke.
„Ja, ich bin jetzt soweit."Schon wieder war ich alleine zuhause und ich bekam das Gefühl nicht los, dass Sam auch nicht so schnell wiederkommen wollte. Zumindest nicht jetzt, wo er ganz genau wusste, dass ich da war.
Seufzend ließ ich wieder einmal meine Jacke an, um der nasskalten Kälte zumindest etwas zu entwischen und öffnete wie heute Morgen schon alle Schränke, um nach etwa Essbarem zu suchen.
Mein Magen grummelte lautstark vor sich und ich wäre sicherlich während meiner Arbeitszeit verhungert, wenn Flynn mir nicht einen Apfel mit der Begründung, dass dieser ab sofort immer zur Gartenarbeit dazu gehörte, gegeben hätte.
Ich hatte aber eher die Vermutung, dass er mein viel zu lautes Bauchgrummeln gehört hatte.
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Skyscraper
Fanfiction➳ 2433. Die Welt ist nicht mehr so, wie sie einmal war. Durch die Auswirkungen von Kriegen, Naturkatastrophen, Überbevölkerung und der Gier nach Forschung und Entwicklung wurde die Menschheit vor einigen Jahrzehnten dazu gezwungen in die sogenannte...