Sechs volle Tage genoss ich die Abwesenheit von Liam und half meistens Margarete in der Küche Am vierten Tag nach meinem Besuch im Sektor 20c kamen die ersten Weinlieferungen an, die ich zusammen mit Clara und Justice wegräumen musste. Bisher war ich noch nie in der Vorratskammer gewesen und ich fiel beinahe in Ohnmacht, als ich all die Leckereien gesehen hatte. Regale, bis zum Rand mit edlen Flaschen gefüllt, zierte eine ganze Wand und insgeheim fragte ich mich, warum die Familie Payne noch mehr Wein bestellen mussten, wenn hier sicherlich bereits über einhundert Flaschen gelagert wurden.
Am fünften Tag durfte ich zusammen mit Leo wieder in den Garten und als ich unter der Sonne in der warmen Erde herumgraben durfte, durchströmte mich eine innere Zufriedenheit, die ich schon länger nicht mehr gehabt hatte. Für diesen Zeitraum, in dem ich Liam ganz weit weg wusste, genauso wie Niall, konnte ich jede Sekunde Ruhe vollkommen genießen.Gestern, am fünften Tag, erzählte Mum mir, dass Eleanor mich morgen treffen möchte.
Also heute.
Deswegen stand ich nun hier im Park, kaum dass ich mit meiner Arbeit fertig war und wartete auf sie.„Hey." Meinte sie, als sie auf mich zu trat.
„Hey Ellie." Erwiderte ich und zog sie in eine Umarmung. Ihr Haar kitzelte in meinem Gesicht und ich musste beinahe niesen.
Ich lächelte, als ich sie leicht von mir wegdrückte, um in ihr Gesicht sehen zu können. Auch sie lächelte leicht, doch das Strahlen, das bis vor kurzem noch bis zu ihren Augen gereicht hatte, war verschwunden.
Ich runzelte die Stirn und fragte: „Was ist los, Eleanor?"
Meine beste Freundin ließ sich auf die kaputte Bank mit einem Seufzer fallen und ich tat es ihr gleich.„Mein Dad ist los." Murmelte sie und zuckte leicht die Schultern. Als sie meinen besorgten Blick jedoch bemerkte, schüttelte sie den Kopf und versuchte sich mit einem Lächeln. „Mach dir keine Sorgen, Sophia. Es ist nicht so schlimm. Durch meine Ausbildung kann ich ihn ein bisschen an der Stange halten..."
„Also weiß er es noch nicht von dir und Louis?" hakte ich dazwischen und beobachtete sie. Leicht grinsend schüttelte sie erneut den Kopf.
„Nein und das wird er vorerst nicht herausfinden..."
Sie zwinkerte mir zu und erleichtert seufzte ich auf. Es wäre ein Drama vom Feisten gewesen, wenn ihr Vater es herausgefunden hätte. Die Hochzeit mit einem aus den höheren Sektoren wäre wahrscheinlich gleich für morgen arrangiert. Und sicherlich hätte Eleanor nicht nur eine Träne vergossen, geschweige denn hier bei mir sitzen können...„Aber was ist dann los, El?" fragte ich vorsichtig nach, um nicht die Stimmung kippen zu lassen.
„Auf Dads Arbeit läuft momentan nicht alles rund - so ganz genau verstehe ich es auch noch nicht, aber er meinte gestern zu mir, dass er vielleicht in einen anderen Arbeitsbereich oder gar Skyscraper versetzt wird..."
Andrew Calder arbeitete in der Herstellungsindustrie in der Fabriketage, die über den Einkaufspassagen und den höheren Sektoren lag. Aber eigentlich wurden dort, genauso wie in der Landwirtschaftsindustrie, immer viele Arbeiter für die Knochenjobs gesucht. Und genau das sprach ich jetzt als Begründung meiner Verwirrung aus.
„Genau das ist es ja..." meinte Eleanor und zerrte aus ihrer Tasche ein kleines Brötchen, das sie wie selbstverständlich in der Mitte teilte und mir eine Hälfte anbot. Dankbar nahm ich es an, wagte es aber nicht, sie zu unterbrechen, um nachzufragen, woher sie es hatte.
„Dad hat mir erzählt, dass gestern ein paar Leute aus dem Entwicklungsbereich mit seinem Chef gesprochen hatten und sich dann die älteren Maschinen angesehen haben. Danach haben sie den Mitarbeitern eröffnet, dass ihre Arbeit bald viel leichter von statten gehen würde, da sie neue Maschinen, die leistungsstärker und selbständiger waren, entwickelt hatten, die bereits in ein paar Tagen eingebaut werden sollen... Mein Dad meint aber, dass das nur andere Worte für das Wort ‚Kündigung' wären..."
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Skyscraper
Fanfic➳ 2433. Die Welt ist nicht mehr so, wie sie einmal war. Durch die Auswirkungen von Kriegen, Naturkatastrophen, Überbevölkerung und der Gier nach Forschung und Entwicklung wurde die Menschheit vor einigen Jahrzehnten dazu gezwungen in die sogenannte...