6- Jojo und andere Erinnerungen

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Jojo pov

Ich saß gerade auf meinem Bett, als plötzlich mein Handy klingelte. "Hallo? Hier ist Jojo?", meldete ich mich. "Jojo? Hier ist Markus." "Markus? Bist du es wirklich? Mensch, dass du dich meldest! Wie gehts dir?" Ich freute mich sehr, denn Markus und ich waren richtig gute Freunde gewesen. "Jojo, es gibt ein Problem. Und du kannst den wilden Kerlen und besonders mir wahrscheinlich helfen. Gespannt hörte ich zu als Markus mir alles erklärte. "Ach und noch was. Bevor du auf die selbe Idee wie Maxi kommst: Ich bin nicht verliebt. Ich finde sie nur sehr interessant und geheimnisvoll." "Okay gut, ich schau mal, ob sie hier irgendwo ist. Wenn Michi sie wirklich hat, dann hab ich da so eine Idee. Er hat nämlich so eine kleine Abstellkammer entdeckt und da packt er alle rein, die ihm gegen den Strich gehen. Da drin ist es echt nicht schön. Aber na ja, ich schau erstmal. Ich melde mich dann bei dir." Mit diesen Worten legte ich auf. "Mama, ich bin nochmal draußen, aber bestimmt nicht lange und immer in der Nähe!", rief ich in die Wohnung, bevor ich die Tür hinter mir zuzog. Ich lief die Treppen runter bis ich im Keller stand. Dann versuchte ich mich zu erinnern. Ich bog nach rechts ab, dann wieder rechts, dann links und das so lang, bis ich endlich vor der richtigen Tür stand. Ich erkannte sie sofort. Die Tür hatte oberhalb der Klinke eine tiefe Delle, denn der Dicke Michi hatte einmal dagegen geschlagen. Ich durchwühlte meine Hosentaschen und fand endlich etwas, um das Schloss zu knacken. Ich öffnete vorsichtig die Tür. In der hintersten Ecke saß ein Mädchen. Es musste Kim sein, denn sie passte perfekt auf Markus' Beschreibung. Weiter kamen meine Gedanken nicht, denn plötzlich würde ich auch in den Raum geschubst. "Der alte Wilde Kerl. Na, schicken dich deine kleinen Freunde. Tja, Pech gehabt. Jetzt sitzt hier auch fest. Und mit diesen Worten schlug er die Tür zu und schloss ab. "Verdammt", fluchte ich laut. Erst dann dachte ich an das Kim. Sie saß da und mir fiel jetzt erst auf, dass sie am ganzen Körper zitterte und wie ein Ertrinkender nach Luft schnappte. Die Tränen liefen wie Wasserfälle über ihre Wangen und ihre Augen waren matt. Sie war nach dieser relativ kurzen Zeit schon extrem mitgenommen worden. Ich rutschte vorsichtig zu ihr und legte meine Hand auf ihren Rücken. Sie zuckte kurz zusammen, dann verfiel sie wieder in ihren vorherigen Zustand. "Hey, ganz ruhig. Sssscccchhhh, alles okay." Doch trotz meiner beruhigenden Worte veränderte sie sich nicht. Sie versuchte zu reden und ich brauchte mehrere Versuche bis ich ein paar Wörter ohne richtigen Zusammenhang rausbekam. Graffiti, Michi, Platzangst und Markus. Ich versuchte mir einen Reim darauf zu machen und fragte zur Sicherheit nochmal nach. "Du hast heute morgen den Dicken Michi beim sprayen in der Schule gesehen richtig? Er hat das Zeichen der Wilden Kerle gesprayt und das hast du erkannt, weil die Jungs das Zeichen auf ihren Shorts haben. Dann hast du die Jungs auf Camelot, als dem Baumhaus, belauscht und dann bist du vor ihnen weggefahren und hast hier Michi getroffen. Du hattest Angst und wolltest ihm auch Angst machen, damit du gehen darfst. Du hast ihm gesagt, dass du am Morgen alles gesehen hast. Dann hat der dich hier eingesperrt. Ähm, du hast Platzangst. Und du willst zu Markus." Sie nickte nur. Sie hatte sich in der Zwischenzeit ein bisschen beruhigt und fragte mich schließlich nach meinem Namen und was ich hier tat. "Ich heiße Jojo. Ich war früher auch bei den Wilden Kerlen. Also bei der Fußballmannschaft von Markus und den anderen. Jetzt wohne ich aber hier und musste deshalb mit dem Fußball bei den Wilden Kerlen aufhören." "Wieso hast du mich gefunden?" "Ich hab dich gesucht. Markus hat mich angerufen und mir alles erzählt." Sie sah mich fragend an und so erklärte ich ihr alles, was Markus mir auch erklärt hatte. "Markus hat übrigens Recht. Du bist sehr interessant und geheimnisvoll." Sie lächelte leicht. "Ich bin nicht geheimnisvoll." "Wir müssen irgendwie versuchen hier raus zu kommen. Ich holte mein Handy aus meiner Hosentasche. Ich wusste bereits, dass es hier keinen Empfang gab, aber so hatten wir wenigstens etwas mehr Licht. Ich leuchtete durch den Raum. Da sah ich auf einmal einen Ball liegen. Ich wollte gerade hingehen, als ich auf irgendetwas drauftrat. Ich verlor das Gleichgewicht, fiel hin und mein Bein landete in Irgendetwas spitzem. Kurz darauf spürte ich eine warme Flüssigkeit und mir war klar, dass es Blut war. "Jojo, was ist passiert?" Ich leuchtete mit meinem Handy auf mein Bein. In meinem Unterschenkel steckte ein Metallteil. "Verdammt, tut das weh!" Kim kam zu mir. "Oh nein, wieso bist du auch aufgestanden?" "Da hinten liegt ein Ball und ich dachte, ach vergiss es. Wir überlegen uns irgendwas anderes." Kim setzte sich neben mich und so verbrachten wir viele Stunden mit Überlegen. "Ich habe jetzt alle möglichen Idee gehabt, aber meine erste war am besten. Sag mal, kannst du Fußball spielen?", unterbrach ich irgendwann die Stille. "Hm.", kam die Antwort. Erst wollte ich nicht weiter nachfragen, doch plötzlich brach Kim in Tränen aus und dann erzählte sie mir alles. Vom Fußball, der Mannschaft, den vielen Umzügen, ihrem Freund, den sie so geliebt hatte und wie sie sich geschworen hatte nie wieder Fußball zu spielen, wenn sie nicht mehr in ihrem alten Zuhause war. "Aber nach deine Erzählungen kannst du es doch. Also bitte ich dich. Versuch es. Du musst nur so hart wie möglich schießen. Das klappt schon. Bitte, ich schaff das mit dem Bein nicht mehr lange." Ich hatte Tränen in den Augen. Kim atmete tief durch, dann nickte sie vorsichtig. "Aber nur für dich." "Danke" ich gab ihr einen
kleinen Kuss auf die Wange. Sie lief vorsichtig in die andere Ecke des Raumes, um den Ball zu holen. Ich brachte mich in Sicherheit, während sie sich die Kugel zurechtlegte. Dann nahm sie ein paar Schritte Anlauf und schoss. Und Mann-Oh-Mann die machte Maxi echt Konkurrenz. "Das war super, noch einmal, dann ist die Tür auf!", feuerte ich sie an. Sie schoss nochmal so hart wie konnte und dann waren wir frei. "Okay, jetzt zu dir", sagte sie und sah sehr erleichtert aus. Sie riss sich einen Streifen ich des Shirts ab. "Bleib ganz still, ich muss das Teil da rausziehen." Ich nickte und biss die Zähne aufeinander. Ein paar Sekunden später hatte ich es schon geschafft. Ein kurzer Schmerz, dann spürte ich Kims Hand an meinem Bein. Sie drückte ein Stück ihres Shirts fest auf die Wunde und wickelte es dann mit einem Streifen ihres Shirts fest. "Okay, wir machen einen Versuch. Leg deinen Arm um meine Schulter." Und wir schafften es tatsächlich. Ich litt Höllenschmerzen, aber wir kamen voran. Es dauerte Stunden bis wir irgendwann im Aufzug standen, wo ich Kims Hand drückte, wegen der Platzangst. Wir kamen bei meiner Wohnung an und ich klingelte. Meine Mutter öffnete und half mir sofort ins Wohnzimmer. Dann rief sie den Notarzt und kurze Zeit später wurde ich ins Krankenhaus gebracht.

Kim pov

Was für ein Tag. Ich sollte wohl mal langsam nach Hause, meine Mutter machte sich bestimmt Sorgen. Ich verabschiedete mich von Jojos Mutter und fuhr dann mit Fahrrad und dank einer guten Wegbeschreibung nach Hause. Als ich ankam lief mir meine Mutter schon entgegen. Ich umarmte sie und dann lief ich schnell zu Markus und klingelte. Ein Mann öffnete die Tür. "Ja?" "Ähm, ich würde gerne zu Markus." Der Mann musterte mich von oben bis unten, dann ließ er mich rein und brachte mich zu Markus Zimmer. Ich bedankte mich in klopfte dann vorsichtig. Ein Markus mit verstrubbelten Haaren öffnete mir die Tür. Als er mich sah, umarmte er mich. Ich war zwar etwas erstaunt, erwiderte die Umarmung jedoch. Dann gingen wir in sein Zimmer und ich erzählte ihm alles. Und zwar wirklich alles. Angefangen mit der Geschichte wie ich den Dicken Michi beobachtet hatte, dann das Belauschen der Wilden Kerle, meine Flucht, das Treffen mit dem Dicken Michi, Jojo, Jojos Unfall, dass ich Jojo alles erzählt hatte von früher, dass ich die Tür aufgeschossen hatte, wie wir zu Jojos Mutter gefahren waren, der Notarzt und meine Fahrt nach Hause. Ganz zum Schluss erzählte ich ihm von meinem Leben vor Grünwald. Als ich geendet hatte nahm er mich wieder in die Arme und dieses Mal fühlte ich kein Erstaunen, sondern nur Geborgenheit, Sicherheit und Freude. Ich lächelte leicht, dann brachte Markus mich nach Hause. Er wartete in meinem Zimmer, während ich Pflaster auf meine Kratzer klebte. Als ich wieder in mein Zimmer kam, sah ich Markus auf meiner Fensterbank sitzen. "Sie ist toll, nicht?" Beim Klang meiner Stimme zuckte er zusammen. "Ja. Und es ist Platz genug für zwei." Ich lächelte, dann lief ich zur Fensterbank und legte mich in Markus Arme. Er war wie ein Kissen und es dauerte nicht lange, da war ich eingeschlafen.

Wörter: 1489

Die Wilden Kerle und die StilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt