29- Ein Film?

6.6K 210 42
                                    

Kim pov

"Schatz, aufstehen!", drang die Stimme meiner Mutter in mein Unterbewusstsein. "Du wolltest doch noch Maxi und Markus besuchen, weil sie gestern erst spät aus dem Krankenhaus entlassen wurden." Im nächsten Moment war ich hellwach und schon halb aufgestanden. "Danke fürs Wecken Mama!", rief ich noch, aber meine Zimmertür war schon zu. Schnell suchte ich mir Klamotten raus und verschwand im Bad. Ich sprang unter die Dusche, wusch mir die Haare und wickelte mich anschließend in mein Handtuch. In frischer Unterwäsche ging ich in mein Zimmer, zog mir die restlichen Klamotten an und ging dann wieder ins Bad. Ich beschloss meine Haare heute zu glätten und so machte ich mich ans Werk. Es dauerte nicht lange und ich war zufrieden mit dem Ergebnis. Ein bisschen Creme und ein wenig Wimperntusche, dann noch Labello mit leichter Farbe und ich war fertig. In meinem Zimmer zog ich mir Schuhe und Jacke an, dann stolperte ich die Treppe runter, verabschiedete mich von meiner Mutter und lief voller Vorfreude zum gegenüberliegenden Haus. Einmal klingeln und schon öffnete mir mein bester Freund die Tür. Sein Zustand hatte sich nach Lukas' Festnahme drastisch verbessert. Sein Körper kam gut mit dem Milzriss und den gebrochenen Knochen zurecht. Wir gingen hoch auf sein Zimmer und quatschten ein bisschen, bis Markus' Mutter herein platzte und mir das Telefon in die Hand drückte. "Willi für euch." Ich nickte und machte auf laut, dann hielt ich das Telefon zwischen Markus und mich. "Hey Willi", sagte ich. "Hallo ihr beiden, könntet ihr bitte zum Teufelstopf kommen? Ihr bekommt ein ziemlich interessantes Angebot." "Äh okay, wir sind gleich da." Ich legte auf und wir baten Markus' Mutter uns zu fahren. Kurze Zeit später setzte sie uns beim Bolzplatz ab und die anderen Wilden Kerle warteten schon auf uns. Neben Willi stand ein fremder, aber sehr sympathisch wirkender Mann. Wir setzten uns und Willi begann zu sprechen. "Also, das hier ist Joachim Masannek und er wird euch jetzt erklären, warum er hier ist." Der Fremde räusperte sich. "Ja, wie eurer Trainer bereits gesagt hat, heiße ich Joachim Masannek und ich brauche eure Hilfe. Aber ich muss von vorne anfangen. Vor einigen Jahren habe ich das erste Mal von euch gehört und fand euch total toll. Ich habe Willi gefragt, ob ich euch als Namensgeber für einen Film nehmen kann. Also habe ich mit jungen Schauspielern den ersten "Wilde Kerle"- Film gedreht. Er kam super an und es kamen ein zweiter, ein dritter und ein vierter Teil. Ich würde gerne zum Abschluss, also als Ende der Geschichte, einen fünften Teil drehen, aber meine bisherigen Schauspieler haben mir alle abgesagt und da wollte ich euch bitten, euch selber zu spielen." Wir sahen ihn alle mit großen Augen an. "Ein Film? Sie haben einen Film über uns gedreht? Wieso kenne ich den noch nicht?", fragte Joschka überrascht. "Eigentlich sind sie sehr bekannt geworden." "Meine alte Mannschaft hat mal über den Film geredet!", fiel es mir ein. Joachim Masannek sah mich skeptisch an. "Und wer bist du?" "Oh, äh, Kim Steier.""Oder auch Kim, die Stille oder Kim, das Mädchen mit dem härtesten Bumms!"", warf Markus ein. "Du hast also einen genauso harten Schuss wie Maxi?", fragte Herr Masannek nach. Ich nickte. "Na gut, du könntest im Film wahrscheinlich nicht als Wilder Kerl mitspielen, aber wir finden da eine andere gute Lösung. Im 5. Teil müssen die Kerle gegen Vampire spielen und du könntest eine von ihnen sein. Bist du mit einem der Kerle zusammen?" Meine Wangen färbten sich leicht rot. "Ja, mit Maxi." "Super, dann kannst du Blossom spielen. Maxi und sie verlieben sich ineinander. Aber ich gebe eurem Trainer einfach mal das Drehbuch und ihr könnt zusammen reinschauen. Ihr müsst auch nicht irgendwie den ganzen Text auf einmal auswendig lernen, es reicht wenn ihr an dem Tag, wo eine bestimmte Szene gedreht wird, den Text für diese Szene könnt. Und drehen würden wir dass vor und in den Sommerferien. Ihr hättet die letzten zwei Schulwochen frei." "Dann bin ich sofort dabei!", riefen Maxi, Markus, Nerv und Leon sofort. "Wir denken darüber nach. Wir geben ihnen dann Bescheid, aber ich gehe davon aus, dass sie ihre Schauspieler gefunden haben", sagte Willi für alle und nahm das Drehbuch an sich. Joachim Masannek nickte, verabschiedete sich und ging. Willi öffnete die erste Seite des dicken, zusammengehefteten Papierstapels und las vor. Die nächsten drei Stunden verbrachten wir mit Drehbuchlesen und Lachen. Als wir die letzten Sätze gelesen hatten, sagte ich, was in diesem Moment, glaube ich, jeder dachte. "Da mache ich auf jeden Fall mit." Alle stimmten mir zu und Willi rief sofort bei Herrn Masannek an. Dieser freute sich sehr und nannte uns die genauen Drehtermine. Jetzt mussten wir nur noch alle unsere Eltern überreden, aber das sollte bei mir kein Problem sein. Markus' Mutter holte uns wieder ab und zu Hause erzählte ich sofort Mama davon, die gleich begeistert zustimmte und mir einen kleinen Zettel unterschrieb, der für mich zwei Wochen weniger Schule bedeutete. Bis zu den Sommerferien dauerte es leider noch sehr lang und ich wünschte der Verlauf der Zeit wäre beeinflussbar. "Mäuschen, hast du nicht mal erzählt, dass ihr in den nächsten Tagen ein Spiel habt?" "Ja, wenn es trocken bleibt, dann spielen wir am Donnerstag gegen die Fußballkrieger. Markus und Maxi können leider nicht mitspielen und das ist echt blöd. Die Fußballkrieger sind total stark und ich bin bei weitem kein so guter Torwart wie Markus und gleichzeitig bin ich die einzige, die Maxis harten Schuss ersetzen kann. Aber von allen Kerlen bin ich eben nach Markus auch die beste im Tor und deshalb werde ich für meinen besten Freund einspringen müssen. Raban spielt für Maxi. Hoffentlich geht das gut." "Okay, spielt ihr hier oder bei euren Gegnern?" "Hier. Also dauert es auch nicht so lange bis ich wieder zu Hause bin." Meine Mutter nickte, dann stand sie auf. "Ich gehe nochmal weg. Bis nachher." "Sag mal, was machst du eigentlich immer wenn du so lange weg gehst?", hakte ich nach. "Ich...äh...ich habe jemanden kennen gelernt, aber es ist noch nichts festes also mach' dir keine Sorgen." "Ich freu mich für dich", sagte ich ehrlich. Meine Mutter lächelte, dann verschwand sie und ließ mich allein in dem großen Haus. Ich nahm mir einen Apfel aus der Obstschale und ging hoch in meine Zimmer. Oben öffnete ich den Laptop meiner Mutter, den ich aus dem Wohnzimmer mitgebracht hatte. Im Schneidersitz setzte ich mich auf meine Fensterbank und öffnete Google. Als erstes gab ich den Namen Joachim Masannek in die Suchzeile ein. Nachdem ich seinen Lebenslauf einmal durch hatte ging ich wieder auf Suchen und tippte ein: Die Wilden Kerle. An oberster Stelle waren Fotos von unserer Mannschaft und Zeitungsberichte und all sowas. Nach kurzem Scrollen nach unten kamen die Filme. Ich sah mir ein paar Bilder an und musste mir eingestehen, dass diese Schauspieler wirklich gut auf die Beschreibungen der echten Wilde Kerle passten. Ich schloss die Seite und ging auf YouTube. Dort gab ich nochmal Die Wilden Kerle ein und fand den kompletten zweiten Film. Ich klickte darauf und verbrachte die nächste Stunde mit Lachen. Die Geschichte war ganz genauso wie es mir das Team erzählt hatte. Ich schaute mir noch die anderen Filme an und tatsächlich war nur ein ziemlich kleiner Teil ausgedacht. Nachdem ich die Filme gesehen hatte, war ich mir wirklich sicher, dass das perfekt werden würde. Ich seufzte. "Wenn es nur schon soweit wäre." Seit wann führte ich Selbstgespräche? War ich jetzt schon so einsam, dass ich meinen Gesprächsbedarf an mir selbst ausließ? Ich stand auf und zog mir Schuhe und Jacke an, packte Handy und Schlüssel in meine Jackentasche und lief die Treppe runter. Nachdem ich die Haustür abgeschlossen hatte ging ich in die Garage und holte mein Motorrad heraus. Den Helm, der am Lenker hing, zog ich mir über den Kopf und dann machte ich mich auf den Weg zu Maxi. Es dauerte gar nicht lange bis ich bei dem hellgelben Haus ankam. Ich stellte meine Maschine ab und zog mir den Helm vom Kopf. Dann ging ich zur Tür und klingelte. Kurze Zeit später öffnete Maxis Vater mir die Tür. "Ach, du bist das. Maxi ist in seinem Zimmer." Ich lächelte freundlich und grüßte zurück. Dann zog ich Schuhe und Jacke aus, stellte die Schuhe in das kleine, dafür vorgesehene, Regal und meine Jacke hängte ich an den Haken ganz links, der für die Gäste bestimmt war. Mittlerweile hatte ich mich an die Pingeligkeit von Maxis Vater gewöhnt und dachte immer an alles. Und siehe da, meine Ordentlichkeit sorgte doch tatsächlich für ein Lächeln auf seinen Lippen. Ich lächelte zurück und ging dann die Treppe hoch zu Maxis Zimmer. Ich klopfte und als die Stimme meines Freundes mich hereinbat, öffnete ich die Tür und ging rein. Maxi saß auf seinem Bett über einem dicken Stapel Papier. Er sah gar nicht richtig auf als ich mich neben ihn stellte. "Was willst du Nerv?" "Wenn ich nerve, kann ich auch wieder gehen", sagte ich gespielt eingeschnappt und da schaute Maxi mir endlich ins Gesicht. Er lächelte sofort, stand auf und küsste mich. Wie jedesmal entfachte in meinem Inneren ein Feuerwerk und ich erwiderte den Kuss. Irgendwann lösten wir uns um Luft zu holen und gingen in eine Umarmung über. "Wir sind ein bisschen kitschig, oder?", fragte Maxi irgendwann. "Ja, das sind wir", lachte ich und löste mich aus seinen Armen. "Was liest du da?", fragte ich. "Willi hat die Kopien der Manuskripte verteilt und ich lese mich schonmal rein, weil ich relativ viel sagen muss." "Oh, muss ich auch viel sagen?", fragte ich interessiert nach. "Wen spielst du nochmal?" "Ähm...die Vampirin. Ich glaube sie heißt Blossom."" Maxi grinste. "Blossom, also. Das passt auch, denn du musst mich verführen." "Ach, muss ich das?", erwiderte ich sein Grinsen. "Oh ja und da freue ich mich jetzt schon drauf." "Spanner!", rief ich lachend und warf mich mit Maxi aufs Bett. Wir mussten beide lachen und als wir uns beruhigt hatten nahm mein Freund wieder die Kopie in die Hand. "Dieser Typ, der weiß echt wie wir uns da so verhalten würde. Nur ein paar Formulierungen müssten wir ändern." "Ja, ich hab mir die ganzen anderen Filme angeschaut und das ist bis auf wenige Details wirklich genauso wie in echt." Ich setzte mich auf und Maxi tat es mir gleich. "Lass uns doch mal eine Stelle zusammen lesen", schlug mein Freund vor. "Okay, dann zeig mir eine mit uns beiden." Und so machten wir es auch.

Die Wilden Kerle und die StilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt