60- Vanessa, ich brauche ein bisschen Waldfeeling!

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Kim pov

Es war bereits eine Woche her, dass Ben und ich das Rätsel gefunden hatten. Seitdem waren wir um einiges weiter gekommen. Willi und Hadschi hatten das Abschiedsgeschenk ihres Trainers gefunden. Jeder der damaligen Spieler hatte einen kleinen Fußball bekommen, gerademal handgroß. Wir wussten noch nicht genau was es damit auf sich hatte, aber fest stand, dass wir alle anderen Spieler finden mussten und irgendwie an die Bälle kommen mussten. Einen Ball hatten wir sogar schon gefunden. Aus Dank für seine Hilfe hatten wir Markus' Opa nochmal besucht und über unseren Fortschritt aufgeklärt und zufällig war an diesem Tag der Gärtner da, bei dem es sich um Micha, den alten Torwart handelte. Er hatte den Ball als Schlüsselanhänger verwendet und als er hörte worum es ging, gab er ihn uns sofort. Er ließ es sich auch nicht nehmen, nochmal bei Willi und Hadschi vorbeizuschauen. Die drei hatten sich viel zu erzählen und wir lauschten gespannt den Geschichten, die sie preisgaben. Jetzt waren wir wieder auf der Suche nach weiteren Bällen und auf einer heißen Spur. Mit der Hilfe von Hadschis ganz besonderem Computer hatten wir einige der anderen alten Spieler ausmachen können. Heute wollten wir zu Matze fahren, der nur zwei Tage Fahrt von hier entfernt wohnte und da heute Freitag war, würden wir uns noch heute Nachmittag auf den Weg machen. Ich hoffte so sehr, dass wir ihn finden würden. Der Geheimversteckfinder hatte uns, trotz vieler Versuche, nicht den Weg zur echten Besitzurkunde zeigen können und deshalb war dieses Rätsel unsere letzte Hoffung. Marlon machte auch wieder mehr bei den Wilden Kerlen mit, denn sie lagen ihm wirklich am Herzen. Horizon war auch manchmal dabei, aber da sie gerade mit ihrem Studium begonnen hatte, hatte sie nicht mehr so viel Zeit. Marlon würde auch mitkommen, wenn wir Matze suchten und ich hatte Leon lange nicht mehr so strahlen gesehen. Natürlich war es schlimm, dass der Teufelstopf in Gefahr war, aber er freute sich, dass sein Bruder wieder dabei war und das freute uns andere auch. Die Bagger hatten es immer noch nicht geschafft dem Teufelstopf etwas zu tun und das verschaffte uns etwas Zeit. Leider hatten wir bemerkt, dass die Kraft des Platzes nachließ. Die Bagger standen mittlerweile nicht mehr nur am Eingang, sondern bis nach hinten zu Willis Kiosk. Der Teufelstopf brauchte also immer länger, um den Kurzschluss der Maschinen auszulösen. Erik war total wütend und tobte deswegen, aber er konnte es auch nicht ändern. Mit Schaufeln hätte es ewig gedauert und er wollte schnell vorankommen. Also hatten wir noch etwas Zeit und die würden wir produktiv wie nie zuvor nutzen. "Hey, wo bist du denn wieder mit deinen Gedanken?" Markus wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht rum und ich musste lachen. "Ich habe an den Teufelstopf gedacht und wie sehr Erik tobt, weil er nicht weiterkommt." Jetzt mussten auch die anderen Wilden Kerle lachen. Ben war für mich irgendwie in letzter Zeit wie ein Wilder Kerl gewesen. Der Teufelstopf lag ihm, aus einem mir unerfindlichen Grund, sehr am Herzen und er gab alles für die Rettung des Platzes. "Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier und dann geht es los. Matze wohnt in der Nähe von Fabi und den bestiegen Biestern, wenn noch Zeit bleibt, können wir nochmal bei ihnen vorbeischauen. Aber zuerst brauchen wir den Fußball. Also bis nachher!" Wir verabschiedeten uns nach Leons Anweisungen mit einem Handschlag und jeder fuhr in eine andere Richtung, außer Markus, Ben und mir. Ben hatte den weitesten Weg zu Hadschi, aber er fuhr trotzdem zu jedem Treffen und wenn es noch so spät war. Vor meiner Haustür verabschiedete ich mich von den Jungs, stellte mein Motorrad ab und betrat das Haus. "Hallo Maus, ich habe dir schon eine Tasche mit Klamotten gepackt und gekocht", begrüßte mich meine Mutter. Seit Erik nicht mehr da war hatten wir ein super gutes Verhältnis, was wir beide sehr genossen. "Du bist die Beste!", bedankte ich mich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Ich streifte mir die Schuhe und die Jacke von den Füßen und folgte ihr in die Küche. Aus irgendeinem Grund waren die Temperaturen in Grünwald drastisch gesunken, sodass ich mittlerweile wieder lange Hosen und Jacken trug. Und das Anfang September! Ich folgte meiner Mutter in die Küche und wir setzten uns an den Tisch. Es gab Lasagne nach Mamas Art, das hieß mit Paprika, Tomaten, Gurkenstückchen und anderem Gemüse. Ich aß zwei Portionen, dann war ich satt. Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass ich mich langsam fertig machen musste. Ich ging hoch in mein Zimmer und zog mir meine "Wilden Kerle"-Klamotten an, was komplett in schwarz bedeutete. Als letztes zog ich noch meinen Mantel an und schnappte mir meinen Motorradhelm (Diese Mäntel aus dem 5. Teil). Meine Mutter drückte mir grinsend die Tasche in die Hand und gab mir einen Kuss auf die Wange. "Früher hast du es geliebt dich komplett bunt zu kleiden und jetzt bist du komplett in schwarz. Ich muss irgendwas verpasst haben." "Hast du. Ich bin erwachsen geworden." Ich zwinkerte ihr zu und verließ das Haus. Auf der anderen Straßenseite kam Markus auch gerade aus der Haustür und ich winkte ihm zu. Ich schwang ein Bein über das Motorrad und rollte auf die Straße. Markus war genauso angezogen wie ich, denn das hatten die Wilden Kerle so ausgemacht. Ben hatte zwar noch keinen eigenen Mantel und kein Oberteil mit seinem Namen und seiner Spielnummer drauf (wie es die Wilden Kerle im 5. Teil haben), aber er sollte sich auch schwarz anziehen. Ich umarmte Markus zur Begrüßung, dann fuhren wir los. Der Weg zu Hadschis Werkstatt war etwas weiter als der zum Teufelstopf, aber die Vorfreude auf die gemeinsame Fahrt machte das wieder wett. Vor der dunkelgrünen Garage warteten bereits die anderen, auch Ben war schon da. Maxi küsste mich zur Begrüßung liebevoll, was mir ein Lächeln auf die Lippen zauberte. "Also, wir fahren denselben Weg wie vor drei Jahren zu den Biestern. Unser erstes Lager ist hier und auf dem Rückweg werden wir uns hier irgendwo einquartieren", erklärte Leon und zeigte uns auf einer großen Karte den Weg und die Lager. "Das war das letzte Mal, dass Juli dabei war", murmelte Joschka. Ich lächelte ihm aufmunternd zu, aber trotzdem tat es mir im Herzen weh Joschka so traurig zu sehen. Ich könnte mir ein Leben ohne Ben nicht mehr vorstellen, auch wenn er bloß woanders wohnen würde, aber Juli war tot und würde nie wieder zurückkommen. "Also, wir fahren los und beeilen uns ein bisschen. Es sieht nach Regen aus", sagte Leon und fügte so leise hinzu, dass nur ich es hörte: "Genauso wie vor drei Jahren." Sein Blick glitt kurz zum Himmel und ich wusste, dass er an Juli dachte. Alle Wilden Kerle taten das, nur ich konnte es nicht richtig, weil ich ihn nie kennengelernt hatte. Markus kontrollierte alle Motorräder und dann ging es los. Wir fuhren immer zu zweit. Ganz vorne Leon und Vanessa, dann Raban und Joschka, dann Markus und Ben, dann Maxi und ich und zum Schluss Klette und Nerv. Der Weg war trocken und es ließ sich gut fahren, aber Leon behielt Recht. Kurz bevor wir abends unser erstes Lager erreichten, begann es zu regnen. Es war kein kleiner Nieselregen, sondern ein wahrer Wasserfall und wir beeilten uns zum ersten Punkt zu kommen. Als wir endlich da waren, waren wir alle klatschnass und voller Matsch. Trotz einiger Schwierigkeiten schafften wir es, die Zelte aufzustellen. Wir ließen die Zeltverteilung genauso wie beim Fahren, was bedeutete, dass ich mit Maxi in einem Zelt schlief. Wir zogen uns erstmal alle um und hängten die Klamotten auf einen langen Ast. Da würden sie zwar nicht trocken, aber dafür sauber werden. Es gab ein Zelt, das einfach aus einem Holzbalkengestell bestand und an allen Seiten eine Plane hatte. Die eine Plane konnte man etwas zur Seite schieben und war somit der Eingang. Das "Zelt" war so groß, dass wir alle geradeso reinpassten. Drinnen setzten wir uns um einen sehr niedrigen Holztisch, auf dem sich Tüten und Flaschen stapelten. Als alle saßen, begann Raban zu sprechen. "In den roten Tüten sind Spaghetti mit Tomatensoße, in den grünen Tüten Spinatknödel mit einer Soße ohne Namen, in den gelben Tüten ist Vanilleeis mit heißen Himbeeren und in den blauen Tüten ist Birnensorbet mit Heidelbeeren. In den Flaschen ist Wünsch-die-was-Brause, ihr wisst ja wie man die benutzt. Also, lasst es euch schmecken!" Ich wartete bis sich jeder eine Tüte gegriffen hatte, dann nahm ich mir eine grüne. Ben schaute sich von den anderen Wilden Kerlen ab, wie man das Essen da rausbekam. Irgendwann beobachtete ich, wie er nach einer Flasche griff und sie hilflos anschaute. Ich grinste ihn an und er beugte sich über den Tisch zu mir. "Wie geht das?", fragte er peinlich berührt. "Du musst die Augen schließen, am Etikett reiben und dir wünschen, welches Getränk du möchtest." "Und das funktioniert?", fragte er mit großen Augen und ich nickte. Er setzte sich zurück auf seinen Platz und machte alles, was ich ihm gesagt hatte. Dann öffnete er die Flasche und probierte. "Das schmeckt richtig gut", stellte er überrascht fest und ich nickte lachend. Ich griff selber nach einer Flasche und wünschte mir ein stilles Wasser. Ich schaffte nur eine halbe Portion, dann war ich total satt. Ich gab Markus den Rest meines Essens und er verschlang es regelrecht. Müdigkeit machte sich in meinen Knochen breit und ich gähnte. "Ich gehe ins Bett", teilte ich Maxi mit und verließ das große Zelt. Im kleinen Zelt kam ich nicht mal mehr dazu mich umzuziehen. Bevor ich mir das Shirt abstreifen konnte, war ich auf den Schlafsack geplumpst und eingeschlafen. Wie Maxi ins Zelt kam, merkte ich nicht mehr.

Die Wilden Kerle und die StilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt