Wir gingen wieder durch die Gänge, dieses Mal weiter. Paku hielt wieder meine Hand aber nicht mehr ganz so unsanft wie die letzten Male. Er lief auch etwas langsamer, auch wenn nur ein klein wenig. Es änderte nicht viel an der Tatsache, dass er mich durch die Gänge zog. Die Umgebung sah irgendwann nicht mehr aus als befänden wir uns in Baumhöhlen. Die Wände waren weich. Man könnte denken man wäre in einem Schloss, dass aus rosa und weißen Kissen gebaut wurde. Auch der Boden bestand aus Matten. Er war weich weshalb ich ein paarmal fast stolperte.
Als wir an der ersten Türe ankamen lief Paku langsamer und ließ auch meine Hand los. Er sagte an jedem Raum an dem wir vorbei kamen was dort drin war oder welcher für die Bediensteten war. So gab es auch in diesem Bereich einen eigenen Essenssaal, eine Kleiderkammer und viele Räume bei denen mich Pakus Erklärung nur verwirrt hatte und ich es mir deshalb nicht unbedingt gemerkt hatte.
Nach einer Weile kamen wir auch zu einer verzierten Türe die so groß war wie die hinter der die Göttin der Pflanzen war. Nur das diese Türe aussah als wäre sie aus einer Art weißem Porzellan gemacht. Und die Verzierungen zeigten keine Pflanzen sondern Menschen und Tiere. Beeindruckt sah ich an ihr auf. Sie war so schön, der zarte Glanz des Porzellans, die detaillierten Verzierungen die eine ganze Geschichte zu zeigen schienen. Das alles raubte mir den Atem, verschlug mir für einen Moment vollkommen die Sprache.
"Das ist der Raum der Göttin der Liebe." Erklärte mir Paku. Er sah mich dabei kurz ein wenig auffordern an, wollte mir damit wohl irgendetwas sagen aber da ich es nicht verstand nickte ich nur leicht. "Die Bereiche der anderen Götter werden dir dann irgendwann von ihren jeweiligen Schülern gezeigt." Das hieß dann wohl, dass es noch mehr Götter gab und diese auch Schüler hatten. Ob ich ihn danach fragen sollte? Ich überlegte noch einen Moment, entschied mich aber dagegen. Paku machte auf mich nicht gerade den Eindruck als würde er mich hier freiwillig herumführen, geschweige denn mir freiwillig Fragen beantworten.
Danach gingen wir noch eine Tür weiter. "Das ist dein Zimmer. Frag die Bediensteten wenn du was brauchst." Mit diesen Worten gab er mir das Kleid in die Hand das er für mich getragen hatte, drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort den Gang zurück aus dem wir gekommen waren. Ich schaute ihm kurz nach bevor ich noch einmal den Mund öffnete. "Danke... Paku." Ganz kurz blieb er stehen und drehte sich halb zu mir um, sein Blick lag für einen Moment auf mir. Dann drehte er sich auch schon wieder um und ging auch schon ohne ein Wort weiter.
Ein leichtes erstaunen hatte sich auf mein Gesicht gelegt. Hatte ich das gerade richtig gesehen? ich dachte wirklich er hätte leicht gelächelt. Der Gedanke daran zauberte auch mir ein kleines Lächeln auf die Lippen. Vielleicht war er ja doch nicht so unfreundlich wie er erschien. Vielleicht ist er nur nicht gut darin tollpatschige Prinzessinnen durch das Schoss zu führen.
Nachdem ich ihm noch eine ganze Weile nachgesehen hatte drehte ich mich um und ging in das Zimmer, das er mir gezeigt hatte. Es war recht groß und darin stand ein großes rosa Himmelbett, ein Schrank aus weißem Holz und ein kleiner runder Tisch mit zwei Stühlen ebenfalls aus weißem Holz. Außerdem waren dort noch zwei andere Türen, die ich fürs erste aber nicht weiter beachtete.
Als ich das Bett sah merkte ich erst wie erschöpft ich war. Wir waren ungefähr drei Stunden in diesen Gängen und meine Füße taten wirklich weh. Das Schloss war um einiges größer als es auf den ersten Blick erschien. Ich ging einfach auf das Bett zu, streifte meine Schuhe ab, die genauso zerrissen wie mein Kleid waren und ließ mich auf die Matratze fallen. Es war unglaublich weich und roch nach frischen Rosenblättern, die mich unwillkürlich am meinen geliebten Rosengarten zuhause erinnerten. Wohlig seufzend drückte ich mein Gesicht in die weichen Kissen und nur wenige Augenblicke später schlief ich auch schon ein.Als ich wieder aufwachte war es bereits dunkel. Es war totenstill und ich konnte absolut nichts erkennen. Der Geruch der Rosen erschien mir plötzlich unheimlich fremd und ein unangenehmer kalter Schauer lief mir über den Rücken. Ich hatte Angst. Ich war aus meinem alltäglichen Leben herausgerissen worden und nun an einem fremden Ort über den ich so gut wie nichts wusste. Mit zitternden Händen krallte ich mich in die Kissen, versuchte erfolglos etwas in meiner Umgebung wahrzunehmen. Es war still. So still, dass ich meinen eigenen Hetzschlag hören konnte. Viel zu schnell schlug er, viel zu stark.
Eine ganze Weile lag ich einfach nur still da bevor mir ein Gedanke kam. Die Frau hatte doch gesagt ich werde hier wohnen. Aber was hieß das in Bezug auf mein bisheriges Leben. Würde ich jemals wieder zurück nachhause kommen. Was war mit meinen Plichten als Prinzessin, als Erbin des Königreichs Terolo? Sollte ich das alles vergessen? Und eine Frage die mich noch viel mehr Beschäftigte. Was sollte ich eigentlich hier?
Ich dachte noch eine Weile nach bis mich ein unangenehmes drücken in meinem Bauchraum zum aufstehen zwang. Vorsichtig setzte ich meine, noch immer leicht zitternden Füße auf den Boden, ging ein paar Schritte. Aber nur wenige Augenblicke später machte ich Bekanntschaft mit dem Boden. Autsch. Obwohl der Boden weich war hatte es weh getan. Ich war über irgendetwas gestolpert. Was war das, war hier irgendetwas im Raum. Mein Herz raste, hämmerte kräftig gegen meine Brust. Ich tastete am Boden entlang. Voller Panik auf der Suche nach dem über das ich gestolpert war. Als ich es fand atmete ich erleichtert auf. Meine Schuhe, es waren nur meine Schuhe. Und davor hatte ich mich so erschreckt.
Ich sah im Raum umher aber es brachte nichts, es war einfach zu dunkel. Leise murmelte ich vor mich hin. "Licht, ich brauche doch nur ein bisschen Licht." Gerade als ich das gesagt hatte glühte über mir etwas auf. Es hing an der Decke, schwebte dort langsam umher. Es sah aus wie eine neblige leuchtende Kugel. Sie war nicht sehr hell aber es genügte damit ich am anderen Ende des Raumes eine der Türen erkennen konnte. Ich ging auf die Türe zu, drückte vorsichtig die Klinke herunter und warf einen Blick in den Raum. Ich hatte Glück, es war der Raum nach dem ich Gesucht hatte, das Badezimmer.
Nachdem ich mich erleichtert hatte verließ ich den Raum wieder. Ich sah mich im Raum um. Das schwache Licht ließ mich alles nur schleierhaft erkennen und das Unbehagen schnürte sich wieder fester um meine Brust. Ich wusste immer noch nicht wo ich hier war geschweige denn warum. Unsicher machte ich ein paar Schritte geradeaus als ich plötzlich spürte wie sich etwas um meinen Fuß legte. Erschrocken zuckte ich zusammen, konnte einen Schreckensschrei nur knapp unterdrücken. Ängstlich sah ich zu meinem Fuß aber das Licht war zu weit weg, ich konnte nichts erkennen. Flehend sah ich zu der Lichtkugel. "Licht, komm doch bitte etwas näher." Meine Stimme war schwach und zitterte aber zu meinem Erstaunen tat das Licht was ich gesagt hatte. Langsam schwebte es von der Decke herab und als es nah genug bei mir war blieb es in der Luft stehen. Noch einen Moment sah ich es verwundert an, doch dann fiel mir wieder ein warum ich es zu mir gebeten hatte. Ich sah wieder nach unten. Rosaner Stoff lag um meinen Fuß. Ich hob ihn auf. Es war das Kleid, das Kleid das mir Paku gegeben hatte. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht als ich den Jungen vor meinem inneren Auge sah. Vielleicht war ich in dieser seltsamen Welt doch nicht ganz allein. Mit Paku gab es doch jemanden den ich kannte, zwar nicht sehr gut aber es genügte um mich in diesem Moment zu beruhigen und meine Ängste zu vertreiben. Ich sah wieder auf das Kleid das ich unbewusst an mich gedrückt hatte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Vielleicht sollte ich es anziehen.
Nachdem ich das alte Kleid zur Seite gelegt hatte sah ich mich erneut im Raum um. Ich wusste nicht was ich tun sollte, es war mitten in der Nacht aber ich war überhaupt nicht mehr müde. Mein Blick viel auf die dritte Türe im Raum. Was wohl dahinter war? Ich ging auf sie zu und öffnete sie doch dann hielt ich erst einmal in meiner Bewegung inne. Der Anblick der sich mir bot verschlug mir die Sprache. Vor mir lag ein Balkon, ein Balkon mit einer unglaublichen Aussicht auf die Landschaft. Ich lief hinaus in die frische Nachtluft und stützte meine Hände auf das zierliche Geländer. Meine Haare flogen im Wind, mein Kleid wehte um meine Beine. Mit einem strahlenden Lächeln betrachtete ich die vom schwachen Mondschein erhellte Landschaft. Die weiten freien Ebenen, die Wälder die sich in der Ferne erstreckten, den klaren Sternenhimmel über mir. Es war alles einfach nur wunderschön.
Noch lange stand ich dort und genoss den Ausblick. Von dem was ich bisher erfahren hatte würde ich wohl nicht in meine Welt zurückkehren können. Ich würde wohl hier bleiben. Hier in der Welt der Götter. Ich lächelte leicht. Aber vielleicht war das gar nicht so schlimm. Hier erschien alles so wunderschön, so sorglos und ruhig. Vielleicht war das alles ja ganz gut so. Vielleicht war das hier jetzt mein neues Zuhause.
DU LIEST GERADE
Die Götter der Elemente
FantastikEin Fremder Junge, ein Tor aus Licht und das Erwachen an einem fremden Ort. Sie lernt neue Menschen kennen, begegnet seltsamen Wesen und erfährt wo sie eigentlich ist. In der Welt der Götter. Doch warum ist sie dort, warum haben die Götter sie zu si...