Woher kenn ich sie nur?

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Es war erst kurz nach Mittag als ich zurück in mein Zimmer kam. Heute würde  für mich kein weiterer Unterricht mehr sein weshalb ich jetzt den restlichen Tag frei hatte. Nur leider war das sehr viel Zeit, Zeit mit der ich nichts anzufangen wusste. Ich hatte mir überlegt einen der anderen Elementschüler aufzusuchen, doch die hatten jetzt Unterricht da konnte ich nicht einfach stören. Viel zu viel Zeit und nichts zu tun, keine Termine wie Zuhause, nicht einmal ein Buch zu lesen. Und die Bediensteten? Nein, die konnte ich nicht rufen, nicht um mich zu unterhalten.
Ich setzte mich an den Tisch, legte den Kopf resigniert auf diesen. Viel zu viel Zeit und viel zu viel war geschehen, viel zu viel über das ich nachdenken konnte.
Mir fiel das Bild ein, das Bild der Götter, das Bild meines verstorbenen Meisters. Sie kam mir so bekannt vor, so vertraut. Aber woher? Ich war mir sicher, irgendwo hatte ich sie schon einmal gesehen. Aber wo? Meine Gedanken schweiften umher, schweiften bis zu dem Traum von letzter Nacht. Ja, das war es, das war sie. Diese Statue, dieser steinerne Engel, das war sie. Dieser Engel war ihr Ebenbild, nach ihrem Vorbild geschaffen. Ich war mir sicher, das war sie. Doch das war nicht alles. Ich hatte so ein Gefühl, so ein Gefühl der Vertrautheit. Irgendwo, irgendwo in meiner Vergangenheit, irgendwo hatte ich sie schon einmal gesehen. Viel früher, als Kind. Doch wo? Ich versuchte mich zu erinnern, versuchte alle alten Erinnerungen zu durchgraben, doch es hatte keinen Sinn. Es half nichts, nirgends konnte ich sie sehen. Nirgends fand ich eine klare Spur von ihr. Ich sah immer nur das gleiche, immer nur dieses eine Bild. Immer das gleiche sanfte Lächeln.
Noch bis zum Abend versuchte ich es weiter, suchte in meinen Gedanken, doch ohne Erfolg. Nur eine Sache wurde mir klar, nur eine Entscheidung hatte ich getroffen. Das Grab meines Meisters, das Grab mit dem steinernen Engel, ich musste es finden. Denn ich war mir sicher, dort war er, dort würde ich meinen Elementstein finden.

Am nächsten Morgen erwachte ich schon früh, die Sonne ging eben erst auf, leichte Nebelschwaden hingen noch in der Luft. Ich streckte mich genüsslich. Es war schön mal wieder so früh aufzuwachen, so hatte ich im Gegensatz zum Vortag, mal wieder die Möglichkeit in Ruhe zu Frühstücken. Doch davor sollte ich mich anziehen. Allerdings stellte sich das als schwerer heraus als ich dachte. Ich wusste nicht welches Kleid ich wählen sollte. Das klang zwar nicht so schlimm, aber für mich, eine Person die nie wirklich eigene Entscheidungen treffen durfte, nie gelernt hatte frei zu wählen. Ich nahm einige Kleider heraus, sah sie mir an, doch keines davon gefiel mir. Sie waren so anders, viel einfacher als die, die ich zuhause immer trug. Ich war nur aufwändiges gewöhnt, nur teures, so einfache Dinge wie diese erschienen mir so fremd. Mein Blick wanderte zur Seite, fiel auf den Stuhl und das Kleid das darauf hing. Es war dass das ich von Paku bekommen hatte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Es war so einfach und doch gefiel es mir. Vielleicht weil es von Paku war? Alleine der Gedanke an ihn ließ ein Kribbeln durch meine Brust jagen. Ich schlang meine Arme um meinen Körper. Warum, warum fühlt sich das so komisch an? Warum lässt der Gedanke an ihn meinen Körper so kribbeln? Ich... ich kann mich doch nicht... Ich kann mich doch nicht in ihn verliebt haben. Nein, nein das ist völlig unmöglich. Er war unhöflich, unfreundlich, sah mich nicht an wenn er mit mir redete, wenn er es denn überhaupt ohne Befehl seines Meisters tat. Nein völlig unmöglich. Ihm war doch egal was mit mir war, wie ich mich fühlte. Andauernd zog er mich viel zu schnell hinter sich her, hielt an ohne mich zu warnen. Ich hätte fallen können, ich hätte mich verletzten können. Und er? Er fing mich jedes Mal ab, mir war nichts geschehen. Er hatte mich getröstet als ich diesen Albtraum hatte, hatte mich beruhigt, mich so sanft im Arm gehalten. Er hatte mir sein sanftes Lächeln gezeigt. Sein Lächeln, das süßeste das ich je gesehen hatte. Ich atmete einmal tief durch, meine Hand lag auf meiner Brust, ich spürte mein Herz schlagen. Mein Herz, das sich anfühlte als würde er gleich seine Grenzen überschreiten. Nein, das konnte doch nicht sein, das war völlig unmöglich. Ich hatte mich, ich hatte mich doch tatsächlich... in ihn... "Ich denke ich habe mich verliebt."
"Du bist verliebt?" Die plötzliche Stimme hinter mir ließ mich augenblicklich herumwirbeln. Dort war er. Ich sah in tiefgrüne Augen, spürte die Hitze in mein Gesicht steigen. "P-pa-paku was ma-machst du de-denn hier?" Ohje, hatte er das gerade etwa gehört? Er stand dort im Türrahmen, hatte einen leicht fragenden Blick aufgesetzt. "Bist..." Er kam einen Schritt auf mich zu. "...du in Ordnung?" Ich bekam keinen Ton heraus, starrte ihn nur an, versuchte das Rot aus meinem Gesicht zu verbannen. "Kerila?" Seine Augen lagen direkt auf meinen. "Du siehst aus als hättest du Angst." Es klang fast ein wenig wie eine Frage. "Nein, mi-mir geht es gut." Erst im Nachhinein merkte ich, dass ich zwei Schritte zurückgewichen war. Ein Lächeln schlich sich auf Pakus Lippen, sein leichtes Kopfschütteln ließ dieses vor meinen Augen verschwimmen. "Es ist wirklich erstaunlich wie schlecht zu lügst." Er sah mich amüsiert an. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, aber dazu bestand auch keine Möglichkeit mehr. Paku hatte die letzten Schritte zu mir überwunden und zog mich ganz sanft in seinen Arm. Ich erstarrte. "Hier ist nichts was dich verletzen kann." Ich nahm seine Worte kaum war, spürte nur die Hitze seiner Hände auf meinem Rücken. Ich konnte mich nicht bewegen, nicht reden, spürte nur mein Herz schlagen, nur die Schauer durch meinen Körper jagen. Pakus Wange streifte meine, ich spürte noch mehr Blut in meinen Kopf fließen. Ich wollte gerade dazu ansetzen etwas zu sagen als er wieder zurückwich. "Bist du in Ordnung? Dein..." Er legte eine Hand an meine Stirn. "...Gesicht ist so heiß." Heiß? Natürlich war es heiß. Was war denn anderes zu erwarten? Er schüttelte leicht den Kopf. "Nein, so wird das jedenfalls nichts." Er legte einen Arm um meinen Rücken. "Komm." Und dann hob er mich auch schon in seine Arme. Erschrocken Quiekte ich auf. "Pa-paku was..." Doch er unterbrach mich. "Du hast Fieber, so kannst du nicht zum Unterricht." Ich versuche mich aus seinem Griff zu lösen. "Nein, Paku, wenn ich zum Unterricht soll dann geh ich auch." Er setzte mich auf meiner Bettkante am und drückte mich behutsam nach unten. "Du bist krank, also schlaf." "Aber..." Er legte einen Finger auf meine Lippen. "Shhh. Mach die Augen zu." Ich konnte ihm nicht widersprechen. Das sanfte Raunen seiner Stimme, seine tiefgrünen Augen die auf mir lagen, seinen Finger der noch immer behutsam auf meinen Lippen ruhte. Es beruhigte mich und ich schloss meine Augen. "Gut so und jetzt versuch zu schlafen." Meine Gedanken drifteten ab, ich spürte noch wie Paku aufstand und sein Finger sanft über meine Lippen streifte, dann schlief ich auch schon ein.

Die Götter der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt