Black Streets
04- Ihr KugelschreiberVor mir steht Elias, der uneheliche Sohn meines ebenfalls stolzen Stiefonkels. Seine Mutter ist dumm genug, sich von diesem ekelhaften Mann schwängern zu lassen, aber schlau genug, im das zu verschweigen und das Kind weit weg von ihm großzuziehen. Viel zu schade, dass er es herausgefunden und ihn weggenommen hat. Von der Frau ist nichts mehr zu hören. Der stolze Stiefvater meinte, sie hätte bekommen, was sie verdiente und damit ist wohl ihr Tod gemeint. Seit Stiefonkel tot ist, lebt Elias hier in der Nähe.
Er grinst mich verschmitzt an und hebt beide Brauen gleichzeitig. »Da hätte ich fünf Minuten vorher reinkommen müssen.«
Der Typ ist wahrscheinlich so breit wie er lang ist. Er hat helles braunes Haar und braune Augen. Seine Handinnenfläche ist rau und tut mehr weh, wenn sie gegen meine Wange knallt, als beim stolzen Stiefvater.»Ich bin deine Stiefcousine«, erinnere ich ihn. »Außerdem bin ich minderjährig.«
»Ruhig, Babe. Du bist doch keine zwölf.«
Er lacht nur darüber. In den 21 Jahren seines Lebens kann er nicht viel erreicht haben, außer Muskeln aufzubauen.Elias räuspert sich und ändert das Thema. »Was hast du gekocht?«
»Noch gar nichts.«
Er packt mich am Handgelenk und schmeißt mich so aus dem Zimmer, dass ich beinahe die Treppen runter fliege, hätte ich mich nicht in der letzten Sekunde noch festgehalten.»Ab in die Küche«, raunt er. »Sonst kannst du morgen nicht mehr in die Schule, weil du deinen Tag im Krankenhaus verbringen kannst.«
Morgen ist Samstag. Merkt der bestimmt auch selbst irgendwann.
Er zieht mich in die Küche und da verschränkt er die Arme.Unter seiner Aufsicht kann ich kochen. Auch wenn es Wochenende ist, will ich keine unnötige Schläge mehr einheimsen, zumal ich selbst Hunger hab.
Früher hätte ich zumindest etwas mehr gesagt, aber nun fühlte ich mich verlassen von der Menschheit, beziehungsweise der Menschlichkeit.Wie immer denke ich nach, was passieren würde, wenn ich Elias oder den Stiefhund anzeige. Würden, wie er immer sagte, seine Brüder kommen und mich umlegen? Könnte sein ach so toller Polizistencousin ihn wieder rausbekommen? Könnte ich wie Buke fliehen? Was sie wohl gerade tut?
Der Gedanke an sie macht mich wütend. Natürlich kann sie mich nicht mitnehmen. Ich bin eine Last, nicht wahr?
»Vielleicht sollte ich dich doch durchficken und dann behaupten, du wolltest abhauen«, meint Elias. Ich weiß, dass das leere Worte sind. Trotzdem ekelt er mich an.
Er macht sich gerade an den zwei Flaschen Alkohol zu schaffen, welches auf dem Küchentisch steht und weil ich sage, dass er sich nicht betrinken soll, behauptet er, er sei abgehärtet. Dann vergisst er zu essen und schläft auf dem Küchentisch.Den Rest Alkohol und die, die noch überall anders herumlungern schütte ich in den Abguss und sammle die Flaschen und Dosen in einer Tüte, die ich dann wegschmeiße. Ich würde sagen, es hätte alles Elias ausgetrunken, der ist ja abgehärtet.
Um ehrlich zu sein, ist es bei Elias leichter. Er kommt eher selten her und wenn schlägt er mich nicht wirklich aus Jux. Seine dummen Bemerkungen sind das eigentlich nervige, aber das kann ich gut ignorieren.
Als ich in meinem Zimmer bin, verbiete ich es mir, auf Bukes Bett zu schauen.
Stattdessen aber starre ich das alte Notizbuch an, welches ich früher benutzt hatte. Es ist beinahe leer. Die Seiten sind gelblich und erinnern mich an altes Pergament. Es erinnert mich an Briefe. Briefe.Nicht einmal einen Abschiedsbrief hatte sie hinterlassen, nichts. Sie wäre einfach gegangen, ohne ein einziges Wort. Als sei sie nie da gewesen. Ich hätte selig geschlafen, während sie das Weite suchte. Stattdessen aber hatte ich auf der schwarzen Straße gestanden und ihr nachgestarrt, als hoffte ich, dass sie zurückkehrt.
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Black Streets
Teen FictionIzems Welt liegt in Trümmern auf einer dieser schwarzen Straßen, auf denen kalter Wind weht. Ihre Hoffnung verlässt sie, eingepackt in dem Koffer, den ihre Schwester hektisch dem Fahrer reicht. Aber wieso verlässt sie sie? Wieso geht sie allein, ob...