Black Streets
26- PsychopathDeniz schüttelt den Kopf. »Das hast du nicht.«
Ich verstehe seinen Widerspruch nicht. Wie kann er dagegensprechen? »Ich habe so viele Tabletten geschluckt-«
»Nein, Izem.«Es macht mich umso wütender, dass er mir widerspricht, obwohl er das gar nicht kann. Meine Finger zittern, alles in mir bebt. Ich weiß nicht, ob ich wütend sein soll oder weiter weinen. Meine Gefühlswelt steht vollkommen auf dem Kopf. Mein Kopf fühlt sich so schwer an. Als würde er es fühlen, kommt er näher und ich stütze den Kopf dadurch, dass ich ihn an seine Brust lehne.
Dieses Geständnis zu machen, zu sagen, dass ich mich umbringen wollte, obwohl ich diese Gedanken immer in die hinterste Ecke meines Kopfes verstecke, ist anstrengend genug. Da kann ich nicht auch noch deshalb diskutieren.
Ich versuche abzuschalten.
»Wie ist das passiert?«, fragt er mich behutsam und streicht durch meine durcheinandergebrachten Haare. Ich will nichts von Cansel und Berna erzählen.Irgendwann sitzen wir wieder in seinem Wagen. Ich starre geradeaus. Vor meinen Augen verschwimmt der Parkplatz, auf dem der Wagen steht. Ich kann nicht klar denken. »Ich erinnere mich nicht wirklich daran. Als ich aufgewacht bin, war ich im Krankenhaus. Es hat sich angefühlt, als würde ich sterben. Ich hatte mir immer eingeredet, dass es mir nichts ausmacht, weiß du? Ihre Existenz hat nichts erleichtert, habe ich mir gesagt und ich glaube, ich war sogar ziemlich gut darin, mich selbst anzulügen.«
Ich schlucke. Mein Hals ist trocken. »Ich ertrage das nicht. Ich bin so schwach, ich wollte es beenden.«
Bei den letzten Worten, zittert meine Stimme schon. »Elias war plötzlich da und er hat gesagt, das wir beide das vergessen und es nie passiert ist. Ich war ihm dankbar dafür, ich wollte es selbst einfach vergessen. Aber der Idiot ist so bescheuert. Seitdem glaubt er immer, ich würde mich versuchen umzubringen unf hat sogar alle Schmerztabletten mitgenommen.«
Ich schweife aus. »Wieso nimmt er alle Schmerztabletten? Wieso muss ich ihm jedes Mal welche abnehmen?«Ich höre Deniz trocken lachen. Mein Blick huscht in seine Richtung. Er sieht mich gequält an. »Du bist das tapferste Mädchen, das ich kenne.«
»Fang nicht schon wieder damit an.«
Ich seufze und lehne meinen Kopf tiefer in den Sessel. »Manchmal denke ich immer noch daran.«Jetzt- genau in die Augenblick- richtet er sich ruckartig auf und starrt mich mit weit aufgerissenen Augen an. So als wäre die Information neu, so als würde ich ihm nicht seit zwanzig Minuten erklären, dass mich umzubringen versucht habe. »Du hast Selbstmordgedanken?«
»Deniz, ich habe mich versucht umzubringen, verdammt. Wie soll das ohne Vorbedenken gehen?«
In dieser emotionalen Lage hat er es tatsächlich geschafft, mich wütend zu machen.»Wann- weshalb?«, will er wissen. Seine Hand legt er auf meine. »Ich hab dir doch gesagt, du hast dich nicht versucht, umzubringen. Du kannst dich doch nicht daran erinnern.«
»Nur weil ich mich nicht daran erinnern kann, macht es die Sache nicht ungeschehen.«»Erzähl mir von den Gedanken«, fordert er. Das Blau in seinen Augen hat eine hypnotisierende Wirkung.
»Zuerst auf dem Dach der Werkstatt, bevor du gekommen bist und dann immer wieder«, antworte ich knapp, als eine Frage in mir aufkeimt. »Wie kommst du darauf, dass ich es nicht getan habe?«Er verkrampft kaum merklich, hätte beinahe die Hand weggezogen. »Wenn du es versucht hättest, hättest du dann nicht Hilfe bekommen? Zumindest zum Psychologen verordnet worden, oder nicht?«
Ich mustere ihn stutzig. »Cansels Mutter arbeitet im Krankenhaus. Elias meinte, er hätte mit ihr geredet und das geklärt und dann sind wir raus. Ich hatte keine Kraft und sowieso keine Lust, Fragen zu stellen. Das Ganze war mir lieb so. Vor allem Buke hätte es niemals erfahren sollen. Es hätte sie umgebracht.«
»Siehst du, du würdest dich nicht umbringen. Dafür bedenkst du zu viel und du weißt, dass es sich nicht lohnt.«
»Ich weiß gar nichts«, behaupte ich bissig und obwohl eine Seite in mir ihm vollkommen vertrauen will, zweifelt die andere Seite doch.
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Black Streets
Teen FictionIzems Welt liegt in Trümmern auf einer dieser schwarzen Straßen, auf denen kalter Wind weht. Ihre Hoffnung verlässt sie, eingepackt in dem Koffer, den ihre Schwester hektisch dem Fahrer reicht. Aber wieso verlässt sie sie? Wieso geht sie allein, ob...