31- Schuldgefühle

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Black Streets
31- Schuldgefühle

Er will mir seine Hand entziehen, doch ich drücke sie nur fester. Ich schüttele den Kopf. »Deniz, sieh mich an.«
Und endlich gehorcht er, sieht zuerst auf unsere Hände, dann in meine Augen. Ich lächle. »Sieh mich doch an. Sieh, wie gut du mir tust.«
»Vielleicht irrst du dich«, sagt er bestimmt. »Nein, du irrst dich sicher.«

Ich schüttele wieder den Kopf. Meine Augen werden glasig. »Das stimmt nicht.«
Es tut mir unfassbar weh, was er von sich hält und dieses Gefühl ist neu. Da ist ein Band zwischen uns, eine Art Verbindung, und diese wird immer stärker. »Du weißt nicht, wie schwarz meine Welt war, bevor du gekommen bist.«

Deniz sieht mich lange an. »Ich habe Angst, so zu sein, wie er.«
Er entzieht mir seine Hand. »Ich habe dir gesagt, dass er ein guter Vater war. Das war er auch. Aber was für ein Ehemann er war, das weiß ich nicht. Ich war wohl zu klein, um auf so etwas acht zu geben. Er hat meine Mutter nicht geschlagen. Aber ich weiß, nach all der Zeit, dass er ihr heftigen Druck gemacht hat. Er hat nich geschlagen- dafür hat er geschrieen, geflucht, beleidigt und immer wieder das Haus verlassen, wenn ihm etwas zu viel wurde. Weißt du, er hatte immer ein perfektes Familienbild und er hat uns nicht versucht, glücklich zu machen, sondern uns in diese Form zu bringen.«

Ich schweige, höre ihm nur zu. Seinen Schmerz hat auch niemand gemerkt. Stattdessen hat man lieber Gerüchte erfunden. »Als er der Anschuldigung geglaubt hat, ich sei von einem anderen, da hab ich ihn ihr zum ersten Mal eine klatschen sehen. Ich war ein Idiot, der sich unter dem Tisch versteckt hat. Wie jämmerlich. Statt sie zu beschützen, habe ich mich versteckt, die Augen zugekniffen und mir die Ohren zugehalten.«

»Du warst ein Kind«, widerspreche ich.
Er schließt die Augen. »Ich bin ihm hinterhergerannt und habe ihm versucht zu erklären, dass ich nicht dieselben Augen wie dieser Mann habe.«
»Und das war unfassbar mutig.«
»Es hat aber nichts gebracht. Seitdem war sie nicht mehr sie selbst. Vor allem nach seinem Tod hat sie sich verändert. Jedes Problem wurde ihr zu viel. Sie hat sich für allem die Schuld gegeben, hatte das Gefühl, versagt zu haben. Dabei war der Einzige, der versagt hat, mein Vater. Ihr Zustand hat sich immer weiter verschlechtert und auch ich war ihr keine große Hilfe. Sie hat viele Kliniken besucht und viele Mittel ausprobiert, aber nichts hat wirklich geholfen.«

Deniz stoppt einen Moment. »Meral sagt, sie ginge ins Krankenhaus, damit du nicht denkst, sie sei gestört. Dabei geht sie zur Klinik. Sie nimmt Ümit gerne mit. Du brauchst dir also keine Sorgen um Ümit zu machen. Ihm geht es gut.«

Nach diesen Worten sieht er auf seine Armbanduhr. »Mal sehen. Zuerst eine Stunde Sport und dann zwei Stunden Sozialwissenschaften.«
  »Du kennst meinen Stundenplan?«, frage ich überrascht. Deniz grinst. Es ist ein jungenhaftes Grinsen, das ich von ihm gar nicht so kenne. »Klar, tue ich das. Das heißt dann, wir haben noch drei Schulstunden Izem-und-Deniz-Zeit.«

Mein Herz hat gelehrt, Pirouetten zu drehen und Rückwertssalti zu machen. Ich kann gar nicht anders als zu lächeln und einfach nur seine Anwesenheit zu genießen.

»Und was werden wir machen?«, frage ich wie ein kleines Kind. Deniz drückt ein paar Scheine auf den Tisch, nimmt mich an der Hand und zieht mich raus.
  »Hey, ich will nicht, dass du für mich zahlst!«, meckere ich, doch das bringt ihn nur zum Lachen. »Zahlt nicht der Freund?«, fragt er und ich bin mir nicht sicher, wie warm ich noch werden kann. Dehydriert mein Körper so nicht irgendwann? Eigentlich müsste diese Beziehung ja ungesund für mich sein.

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