33- Scherbenstaub

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33- Scherbenstaub

Mein Herz zerbricht. »Du findest es schön, wie ich zerbrochen bin. Du denkst, Liebe ist ist zu zerbrechen. Und ich zerbrach, um dich zu lieben.«

»Ich kann die Vergangenheit nicht ändern, Izem«, spricht er aus und sieht, wie ich mir in den Arm kneife, weil ich nicht mehr weinen will. Langsam legt er die Hand über meine, damit ich loslasse. Ich tue es, schlage seine Hand dann aber weg. Er soll nach allem nicht mehr so tun, als würde ich ihm etwas bedeuten.

»Ich habe meine Regeln für dich gebrochen. Ich wollte niemandem trauen, niemanden an mich ranlassen. Eigentlich könnte ich dich genauso gut anlügen. Behaupten, es hätte nichts bedeutet. Aber wem würde ich da eher etwas vorspielen- dir oder mir? Du weißt es, ich habe dir vertraut, auf dich gebaut. Ich weiß nich, wieso. Es ist einfach passiert. Du hast dieses Vertrauen missbraucht, Deniz. Ich war ein Haufen Scherben und du hast mich zu Scherbenstaub zermalmt, der Wind hat mich in alle Richtungen zerstreut. Jetzt ist Heilung unmöglich.«

Er sieht aus wie ein kleines Kind, unschuldig, verzweifelt und bereuend.

»Komm mir nicht nach«, flüstere ich und laufe zum Anwesen. Der Türsteher wirft mir einen verwirrten Blick. »Du solltest nicht kommen, Izem.«
  »Es ist das letzte Mal.«

Es fühlt sich komisch an, das Anwesen zu betreten. Es ist keiner im Flur. Ich nehme direkt die Treppen hoch. Was mache ich jetzt mit Ümit? Ich muss mich zusammenreißen.

»Was tust du hier?«, fragt Nurgül, als sie dann mein Gesicht sieht, reißt sie die Augen auf. Wie fertig ich wohl aussehen muss.
  »Komm doch rein. Was ist passiert?«, will sie wissen und zieht mich am Arm in ihr Zimmer.

Ich bin wie zu Eis erstarrt. »Es muss doch schwer gewesen sein, das alles zu ertragen, was Deniz getan hat.«
  Wir stehen mitten in ihrem Zimmer. Sie lässt meinen Arm los, ihre Augen werden groß, während sie sich langsam zu mir dreht. »Wovon sprichst du?«
  »Haben Sie mich deshalb eingestellt? Weil Sie alles, was Deniz tut, wiedergutmachen wollten? Dachten Sie, ein Mädchen, dessen Arbeitsstelle er damals weggerissen hat, einen Job zu geben, würde es wiedergutmachen?«

Sie antwortet nicht, ist viel zu schockiert über mein Wissen.
  »Haben Sie auch Ümit deshalb adoptiert? Glauben Sie, das macht alles rückgängig?«, will ich wissen. »Wussten Sie von Anfang an, dass ich das Mädchen bin. Haben Sie mir wirklich das Leben gerettet?«

Nurgül schluckt. »Ich- du. Es ist mir am Anfang nicht aufgefallen. Dein Haar verdeckte dein Gesicht und ich konnte dir auch nicht ins Gesicht sehen. Ich wusste, wenn ich das täte, würde ich es niemals vergessen.«
  »Danke dafür, dass Sie mein Leben gerettet haben und auch das von Ümit.«
Meine Stimme ist fester und viel kälter, als ich mich in meinem Inneren fühle.

»Er heißt Hoffnung. Ich dachte, das muss ein Zeichen sein«, flüstert sie. Ich habe mich immer gefragt, ob sie krank ist oder einfach nur verletzt. Ich glaube, Emir kennt die beste Antwort. Sie ist wie ein Kind, zerbrechlich und furchtbar naiv. »Ich dachte, er könnte uns helfen, neu anzufangen.«
  »Sie wissen es, oder?«, frage ich und dann lässt meine Stimme doch schon wieder nach. »Ümit gehört zu mir.«
  »Ich weiß«, haucht sie. »Er hat es mir gesagt.«
  »Deniz?«, frage ich.

Sie schüttelt nur den Kopf. »Ich kenne seinen Namen nicht. Er meinte, er sei dein Cousin. Ich wäre nie allein auf die Idee gekommen, deinem Vater zu erzählen, es handle sich bei Ümit um ein Mädchen, dass Deniz nicht existiert und dass dein Gehalt weniger ist. Dein Cousin bat mich darum.«
  »Elias?«, frage ich entrüstet. Das kann nicht sein. »Mein Cousin würde so etwas nicht tun.«
  »Er hat. Ümit ist im übrigen nicht hier. Hülya hat einige Verbindungen gehabt, die wir genutzt haben, damit deine Schwester noch heute ihr Kind wiederbekommt.«

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