Black Streets
23- Schwarze KatzeEs ist nicht meine Aufgabe, mich in Denizs Angelegenheiten einzumischen. Es nicht meine Pflicht, mich um ihn zu sorgen. Ich sollte Ümit besänftigen. Ich sollte dafür sorgen, dass er nicht schreien braucht. Also ziehe ich langsam meinen Arm zurück und als ich einen Schritt zurück machen will, stolpere ich.
Es ist nur eine kurze Strecke, die für einen dumpfen Aufprall sorgt, aber ich muss wohl an einer ungünstigen Stelle gelandet sein, sodass ein ziehender Schmerz meinen Oberschenkel hinaufklettert. Da irgendwo hatte ich einen Schlag von Stiefvater kassiert. Ich presse vor Schmerz die Zähne zusammen und Deniz dreht sich um.
Er sucht mich mit den Augen, welche mich kurz danach lokalisieren. Seine Ohren funktionieren schließlich und der Aufprall war laut genug.
»Scheiße, Izem«, flüstert er. »Ich hab dir gesagt, du sollst im Zimmer bleiben.«
»Und ich hab gesagt, du sollst nicht gehen«, erwidere ich, als er bei mir ankommt und mir hochhilft. Keine Ahnung, ob ich das wirklich gesagt habe, aber der Satz hat einfach gut gepasst. »Geh nicht. Mach dir nicht umsonst Probleme.«
»Bellende Hunde beißen nicht, Izem.«
»Dann ist es ja sogar noch unnötiger, wegen ihm Stress zu bekommen.«Einen Moment scheint er darüber nachzudenken. Einen Moment vergesse ich sogar, dass Ümit schreit und unten Emir ist. Wenn man mich fragen würde, von wem ich eher Probleme erwarten würde, dann wäre meine Antwort nicht Emir- sondern Deniz. Aber in diesem Moment schalte ich das komplett ab. »Du bist wie eine schwarze Katze«, meint er.
»Ich bringe Unglück?«
»Deine Augen leuchten in der Dunkelheit.«Ümits Schrei wird lauter.
»Du solltest dich um das Baby kümmern«, höre ich Emirs Stimme, bevor er geht. Obwohl er es dem Türsteher sagt, fühle ich mich angesprochen und renne direkt in Ümits Zimmer und nehme ihn in meinen Arm. Ümit will sich nicht beruhigen. Er kneift die Augen sehr fest zu und strampelt mit Armen und Beinen. Erst als ich anfange zu singen, entspannt er sich. Das tue ich eigentlich gerade nicht so gerne, denn wahrscheinlich kann es Deniz hören und das ist mir einfach nur peinlich.Ich will Ümit nie wieder weglegen. Ich habe Angst, ich könnte ihn verlieren. Die Worte Merals kommen wieder auf. Wieso ist diese Bestie noch nach diesen Worten in diesem Haus? Dann scheint ihre Idee ja nicht so abwegig zu sein.
Ümit schaut mich mit meinen Augen an. Er streckt die Hand nach meinem Gesicht aus, lässt sie dann aber fallen.
»Ich lasse nicht zu, dass dir etwas geschieht«, flüstere ich. »Ich lasse es nicht zu, versprochen.«»Ich werde mich um den Stromausfall kümmern«, hört man den Türsteher mit Deniz reden. »Ist alles mit dem Baby in Ordnung?«
»Izem ist bei ihm.«
»Sie muss Angst bekommen haben.«
»Kümmre du dich um den Strom.«
»Hülya wird es erfahren. Du kannst schlecht ein gebrochenes Fenster verstecken.«
Deniz schnaubt. »Lass das mein Problem sein.«Die Tür öffnet sich danach. »Ist alles in Ordnung?«, fragt Deniz und ich frage mich, wie ich momentan in seinen Augen aussehe. Wie viel von mir sieht er? Was bedeutet leuchten für ihn? Wie leuchten meine Augen? Wie sieht er meine Augen bei Licht?
Ich nicke. »Woher wusstest du, dass es Emir ist? Was hast du für eine Beziehung zu ihm?«
Ich überrasche mich selbst. Wieso interessieret mich das?Deniz kommt einen Schritt näher. »Das haben wir früher immer gemacht, wenn ich Nachts raus wollte und meine Mutter dagegen war. Sie wollte nicht, dass ich mich wegen der Dunkelheit beeinträchtigt fühle und ich habe ihre Gutmütigkeit ausgenutzt. Deshalb hat sie mich dann rausgelassen.«
»Er hat es also absichtlich gemacht? Als eine Art Show, eine Einleitung?«
»So sieht es aus«, antwortet er und verzieht das Gesicht. »Außer meiner Mutter, meinem Arzt, Hülya und Farah war er der einzige, der davon wusste.«
»Jetzt weiß ich es auch«, nuschele ich.
»Der Kreis wird immer größer«, sagt er sich am Kopf kratzend. »Dabei war es mir schon zu viel, als es meine Mutter wusste.«
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Black Streets
Teen FictionIzems Welt liegt in Trümmern auf einer dieser schwarzen Straßen, auf denen kalter Wind weht. Ihre Hoffnung verlässt sie, eingepackt in dem Koffer, den ihre Schwester hektisch dem Fahrer reicht. Aber wieso verlässt sie sie? Wieso geht sie allein, ob...