Bonus 2

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Black Streets
Bonus 2
Buke und Ekin

Als meine Sohlen den Boden immer wieder mit kurzen Küssen versehen, während ich den Gang verlasse, höre ich seine Stimme nach mir rufen.
»Buke.«
Mein Name hat zwei Silben mit je zwei Vokalen und zwei Konsonanten. Er ist einfach zu merken, einfach auszusprechen und doch kommt er mir im Munde dieses Mannes wie eine neue Kreation vor. Die Tiefe seiner Stimme übertönt meine Schritte. Ich halte an und sehe hoch. Er kommt die Treppen hinunter mit einem verschmitzten Grinsen über den Lippen. »Herzlichen Glückwunsch.«

Ich muss lächeln. Es ist einer der seltenen Tage, an denen ich mich freuen kann, nach Hause zu kommen. »Dankeschön.«
Ekin kommt lässig die Treppen hinunter. »Können wir gleich noch etwas unternehmen?«
»Ich würde ja gerne, aber meine Schwester wartet zu Hause.«
»Familienfeier«, schließt er daraus und nickt. »Dann bist du mir aber einen Tag schuldig.«
»Ich glaube, du vergisst, dass ich diejenige bin, die Geburtstag hat.«

Er lacht darüber und beißt sich dann auf die Lippe. »Lass mich dich nach Hause fahren.«
Die braunen Augen folgen meiner Bewegung. Sein Haar ist Kastanienbraun und das weckt Herbstgefühle in mir. Es ist wie rascheln von bunten Blättern. »In Ordnung.«
Normalerweise hätte ich abgesagt, aber heute bin ich zu gut dafür gelaunt.

Ekins Wagen ist das Gegenteil von unserer Schrottkarre. Ich habe Angst, irgendetwas zu beschädigen, so schön ist es. Ekin aber wirft sich ungehalten auf seinen Sitz und startet schleunigst den Wagen. »Wieso arbeitest du so viel? Lüg mich ja nicht an, ich habe dich beobachtet.«
»Was hast du denn beobachtet?«
»Du gibst Nachhilfe in deinen Pausen und danach gehst du auch noch bei diesem Fotostudio aushelfen. Ist das überhaupt alles legal?«
Ich lächle. »Wenn es nicht legal wäre, wie wäre es möglich?«
Fragen stellen, statt zu lügen.

Ich lehne mich an den Sitz und sehe aus dem Fenster.
»Ich wollte dich nicht beschuldigen«, räuspert er sich. »Ich wollte nur wissen, wieso.«
»Dieser Frage bin ich der Fahrt dann wohl schuldig«, erkenne ich. Meine Stimme ist durchgehend ruhig. Wenn ich wütend bin, traurig bin, verletzt bin, egal, welche Stimmung- meine Stimme ist immer ruhig. Wie soll ich Izem beruhigen, wenn ich nicht einmal richtig sprechen kann? Auch wenn es sich doch manchmal anfühlt, als würden meine Stimmbänder sterben.

»Nein, also so ist das nicht«, verkrampf er. »Ich würde dich ja immer fahren, aber du würdest es mir nicht erlauben- und heute kann ich deinen Geburtstag als Vorwand benutzen.«
  »Hier- hier kannst du anhalten«, erkläre ich. »Danke noch einmal für die Fahrt.«
  »Einen schönen Geburtstag noch.«

Ich lächle und bedanke mich ein weiteres Mal als ich den Wagen verlasse. Er fährt ab und ich laufe noch zwei Straßen, bis ich zu Hause ankomme.
Izem öffnet mir die Tür und springt gleichzeitig in meine Arme. »Danke, dass du geboren bist.«
  »Danke, dass du geboren bist, Schwesterherz.«

Izem lachen zu sehen ist so etwas wie ein Wunder. Eigentlich ist es nicht viel, was sie braucht. Aber ich bin nicht fähig, ihr dieses bisschen zu geben. Sie hat das schwarze Haar elegant nach hinten gebunden, ihre Augen strahlen, als sie mir den Kuchen, den sie gebacken hat, vorzeigt. »Und das beste ist: Elias hat Scheiße gebaut und das bedeutet, dass er und der Stiefvater bis heute Abend zutun haben werden.«

»Der ist wunderschön, Izem«, hauche ich. Sie reicht mir ein Messer. »Dann probier einmal, wie er schmeckt.«
  »Du bist aber selbstsicher«, erwidere ich und mache den ersten Schnitt. Izem fotografiert und sieht dann stolz zu mir. »Nur noch ein Jahr.«
  »Dann sind wir dieses Haus los.«
  »Und diese hässliche schwarze Straße.«
Jedes Mal, wenn wir dieses Gespräch führen, packt mich die Angst zu versagen- und wir reden beinahe jeden Tag darüber.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 24, 2016 ⏰

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