CAP 31

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Dominic und die Lyrik


Die Sonne brannte nieder und wärmte sein Haupt. Sanft überkam ihn die Lust, etwas zu dichten. Dominic zückte seinen Füller, ein Blatt und brachte seine Gedanken zu Papier.

Eine Katze / mitternachtsgrau, im Dunkel der Nacht / im Zwielicht eines Hinterhofs, gefangen in einer Mülltonne / tot im Straßengraben.

Eine Katze / vormittagsgrau, lauert in der Ecke / frisst die Maus, die Ratte, versorgt ihre Jungen und läuft weg / kommt wieder, kommt nicht wieder / liegt tot im Straßengraben.

Eine Katze / abendrot geschwänzt, schleicht über die Felder / jagt Getier, frisst Gras und Stroh, hält sich von Menschen fern / lebt im Feld, im Wald, in der Phantasie / Lebt.

Ja, so musste es sein, die Dinge flossen und die Bilder wechselten sich ab. Er merkte, wie er in Fahrt kam und schrieb schnell weiter.

Ein Haus steht da, / schützt die Menschen, vor Regen, vor Sturm. / Vor Kälte und Wärme, gibt Sicherheit vor Menschen.

Ein Haus steht da, / gibt Zuflucht und Geborgenheit, / schenkt Wärme, Verständnis und Entspannung.

Ein Haus steht da, / steht nicht mehr da, wird abgerissen von Menschen, / schutzlos ohne Hilfe, schreiend und doch nicht gehört, / weil Menschen nicht verstehen, nicht zuhören, nicht sehen, nicht wissen.

Dominic geriet fast in Ekstase. So gut hatte er schon lange nicht mehr die Gedanken ausgedrückt, geschweige denn die Umwelt und die Menschen, die er kannte, präzisiert und festgelegt. Jetzt fehlte ihm nur noch sein eigenes Wesen, sozusagen als Krönung des Nachmittags, als Blick in die Zukunft;

Ein Schriftsteller sitzt da, / krault sich den Fuß, trinkt Tee, denkt und schreibt. / Schreibt Geschichten, Gleichnisse, / denkt und schreibt.

Ein Schriftsteller sitzt da, / krault seine Freundin, krault ihr den Nacken, den Rücken, massiert ihre Füße. / Denkt und lacht, / sitzt da und schreibt nicht.

Ein Schriftsteller sitzt da, / krault sich den Haaransatz und denkt. / Und er hat ein Problem, sein Roman ist weg, seine Geschichten, Ideen und Fabeln. / Er runzelt die Stirn, seine Freundin ist weg und ihr Rücken / und seine Entspannung.

Ein Schriftsteller sitzt da, / kann nicht verstehen. / Und seine Freundin sitzt irgendwo anders und läßt sich kraulen und verkauft seine Geschichten, / Texte, Romane, Ideen, Fabeln, Dramen, Dokumentationen, / Ihn und alles...

Irgendwie war Dominic nicht mehr so ganz zufrieden. Wieder kam dieses Gefühl, das ihn bei Meeryl überkommen hatte. Wenn so seine Zukunft aussah, und er glaubte fest an seherische Kräfte, musste er etwas dagegen tun. Diesen Verlust hätte er nie verwunden. Er war wohl doch nicht für die Frauen geschaffen. Er nicht.


Einer ist schon tot. Ein Leben auf Raten.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt