CAP 26

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Unglück oder Glück?


Nach dem Schock vom Wochenmarkt war mit Philipp nichts mehr anzufangen gewesen. Leicht gebeugt und mit hängenden Schultern war er nach Hause getrottet, in der sicheren Erwartung, dass sich nie etwas an seinem Schicksal ändern würde. Zuhause angekommen nahm er sich ein Blatt und einen Stift und schrieb das enttäuschende Ereignis nieder und heftete es dann in den großen Ordner für Katastrophen, wo sich schon an die fünfhundert andere Blätter tummelten. Fünfhundert schlimme Erinnerungen an Tage, die gut anfingen und dann in einem totalen Emotionschaos endeten. Fünfhundert gute Gründe, am Leben zu verzweifeln oder zumindest die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Eloise zu begraben. Philipp rollte sich auf seinem Bett zusammen und schlief bald ein. Doch er war nicht der einzige, der an diesem Tag verzweifelte. Zumindest eine andere Person hatte ähnliche Gefühle, nämlich Eloise.

Nur kurz hatte sie ihn gesehen, wie er dort vor der Fischbude stand und sich traurig abwandte, um im Gewühl der Menschen zu verschwinden. Im ersten Augenblick war sie unsicher gewesen, doch mittlerweile war sie sicher, ihren alten Freund wieder erkannt zu haben. Impulsiv hatte sie alle Einkäufe fallengelassen und war losgestürmt, um Philipp einzuholen. Doch er war schon zu weit weg, und außerdem blieb sie mit der Handtasche irgendwo hängen, überschlug sich zweimal und blieb dann regungslos liegen. Das letzte, was sie noch mitbekam, bevor sie bewusstlos wurde, waren einige bewundernde Pfiffe, ein leiser Beifall und ein breit grinsender Schnurrbart, der sich bedrohlich schnell auf ihr Gesicht zu bewegte. Dann wurde alles still um sie herum.

Sie erwachte in einem großen, leeren Raum, der sie irgendwie an ein Krankenzimmer erinnerte. Doch es war unverhältnismäßig warm und stickig, denn die riesigen Fenster, die fast eine ganze Wandseite ausmachten, waren geschlossen. Und weil die Vorhänge zurückgezogen waren, brannte die Sonne ungehindert herein. Als sie versuchte aufzustehen, schmerzte ihr Kopf gewaltig und sie spürte die Adern an ihrer Schläfe pochen. Auch der riesige Gipsverband, der ihren rechten Knöchel umschloss, behinderte sie enorm. Irgendwie schaffte sie es dann doch, halb hüpfend, halb fallend, bis hin zum Fenster und versuchte, es zu öffnen, um ein wenig Erfrischung zu erlangen.

Es öffnete sich die Tür...


Einer ist schon tot. Ein Leben auf Raten.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt