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Ping. Hörte ich den Aufzug verlauten, als er endlich die gewünschte Etage erreicht hatte. Meine Nervosität stieg bis ins Unermessliche. Der einzige Trost, den ich mir in diesem Moment selbst spenden konnte, war die Tatsache, dass ich mehr als pünktlich war. Auch, wenn es nicht unbedingt mein verdienst war, denn erstaunlicher weise wohnte ich im Geschäftsgebäude. Ja, mehr als erstaunlich, aber hey, als ich von Deutschland hierher gezogen war, war es mir mehr als recht gewesen, dass der Arbeitgeber jedem eine eigene Wohnung in dem riesen Geschäfts-Complex zur Verfügung stellte. Denn seien wir mal ehrlich, wie kompliziert hätte es werden können innerhalb weniger Wochen eine Wohnung in einem fremden Land zu bekommen? Und wenn ich wenige Wochen sage, meine ich tatsächlich 2. 2 Wochen in denen ich gepackt und gemacht hatte, was nur irgendwie geht. Wie immer, wenn ich etwas "nur aus Spaß" mache.

Die Tür ging auf und ich zupfte noch einmal meine Bluse zurecht. Ich richtete mich auf, atmete noch einmal tief ein und setzte dann einen Fuß vor den anderen, in der Hoffnung mich nicht zu blamieren. Lächelnd nickte ich den Damen und Herren zu, die an mir vorbei gingen. Manche im Gespräch, andere am Telefon. Sofort viel mir etwas auf. Sie waren alle schlank und verdammt! Warum sahen denn hier alle Männer aus, als wären sie einem Fittness-Katalog entstiegen? Mit einem Mal war mir nicht mehr wohl in meiner Haut und wie schon so oft in den letzten Tagen fragte ich mich, ob ich nicht doch die falsche Entscheidung getroffen hatte.

"Guten Tag Miss, wie kann ich Ihnen helfen?", fragte mich die blonde Schönheit am Empfang freundlich.

"Hallo, mein Name ist Gül...", wollte ich ihr antworten, wurde aber prompt unterbrochen.

"DU bist Gül? Die neue Kreativ Direktorin? Oh mein Gott, ich bin so aufgeregt! Jessi!!! Jessi! Komm schnell her und übernimm für mich!", schrie sie förmlich und mir wurde plötzlich bewusst, dass dank ihr die Aufmerksamkeit, die auf mir Ruhte von Sekunde zu Sekunde stieg. Oh nein, nicht das auch noch. Errötend lächelte ich einigen zu, doch keiner machte Anstalten weg zu schauen. Scheiße, fing ja schon gut an. Ich merkte kaum, dass die Frau vom Empfang, die nun zügigen Schrittes vor mir her hüpfte, mit mir redete. Viel zu geflasht war ich von dem dunklen Marmorboden und den hohen Decken. Überall hingen moderne Kronleuchter und warfen viele kleine Regenbogen an die Wände. Links und Rechts von mir gingen Türen zu Büroräumen ab und sobald sich die Tür schloss, wurden die vormaligen Glaswände undurchsichtig, wie Milchglas.

"Wahnsinn...", rutschte es mir heraus. Für einen Moment blieb ich stehen und berührte die Wand, die sich jetzt in ein helles Grün gefärbt hatte. Man konnte nun nicht mehr hindurch schauen. Es war nicht einmal zu erahnen, was sich hinter diesen Türen abspielte. Irgendwie beunruhigte mich das, auch wenn ich nicht wusste warum.

"Gül, kommst du?", holte mich die Stimme der Empfangsdame, deren Namen ich immer noch nicht wusste ins hier und jetzt zurück. Peinlich berührt, dabei erwischt worden zu sein, spürte ich wie mir das Blut in die Wangen schoss. Ohne zu antworten ging ich schnell weiter. Nach weiteren sechs Stockwerken und einem Flur, hielt sie mir endlich eine Tür auf und ich glaubte, dass ich meinen Augen nicht trauen könne. Vor mir ergoss sich ein wahnsinnig großer und hoher weißer Raum, der komplett den Blick auf die Stadt frei gab. Die Lagerräume einer internationalen Firma waren ein Witz dagegen. Hier und da standen ein paar Blitze, dort eine Leinwand, die, wie es aussah austauschbar war. Dahinten, dass mussten Requisiten sein. Und da, ganz am Ende der großen Halle, gab es einen Bereich, der komplett durch Glas abgetrennt worden war. Fassungslos ging ich Schritt um Schritt durch die Halle. Völlig überwältigt von den Gegebenheiten, die mir dieser Arbeitgeber zur Verfügung stellte. Immer wieder drehte ich mich um, versuchte zu verstehen, was mir meine Augen grade zeigten und dennoch konnte ich es nur mit einem Kopfschütteln quittieren.

"Gefällt dir, was du siehst? Dann wird dir das noch viel mehr gefallen.", lächelte die Empfangsdame, als sie mir wieder lächelnd eine Tür aufhielt, die sie nur Sekunden vorher aufgeschlossen hatte und nach einem ersten schüchternen Blick konnte ich ihr da nur zustimmen. Es verschlug mir doch glatt die Sprache.

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