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Als ich das nächste Mal erwachte merkte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Zunächst fiel mir nicht ein, was es sein könnte, doch dann, langsam aber sicher dämmerte es mir. Taylor lag nach wie vor hinter mir. Die Löffelchen-Stellung schien seine Liebste zu sein. Seine Brust ruhte an meinem Rücken, seine Lenden an meinem Po. Sofort stieg mir die Röte ins Gesicht. Nicht aus Wut, nein aus Scham darüber, dass ich es mochte. So sehr ich auch Angst vor diesem "Menschen" hatte, so sehr zog er mich an. Ob es dieses geheimnisvolle Etwas war das ihn umgab? Oder einfach nur die Tatsache, dass er in jedem Roman einen, nein, DEN Badboy darstellen würde? Vielleicht war ja doch was an der Aussage dran, dass Frauen auf "böse Jungs" standen? Wobei er definitiv kein Junge mehr war. Ganz und gar nicht. Er war ein Mann, durch und durch. Seine Muskeln, sein Körper, sein Geist. Leise stöhnte ich auf bei diesem Gedanken. Er war die Ausgeburt an Männlichkeit, so viel stand fest.

Vielleicht war es aber auch dieses Mate-Ding? Ich hatte schon oft in Romanen darüber gelesen, wobei ich jetzt mal ganz klar zu bedenken gab, dass diese Mate-Ausraster, die in den meisten Storys beschrieben standen, bei mir nicht zur Anwendung gekommen waren, zumindest nicht das ich es mitbekommen hätte. Ihr wisst schon dieses Ich-sehe-meine-Mate-und-stürze-mich-auf-sie-wie-ein-Wahnsinniger-Ding. Was war ich froh, dass es sich hier um eine Art stiller oder heimlicher Anziehung handelte. Sie kam schleichend, zumindest bei mir. Als Beispiel: Am Anfang hatte ich Taylor nur attraktiv gefunden, was sicherlich bei jeder Frau der Fall gewesen wäre. Jetzt könnte man sagen, dass mir etwas fehlte, wenn er nicht da war. Wenn er mich nicht in seinen starken Armen hielt, so wie jetzt. Ich lag auf seinem Arm, während der andere um meinen Bauch geschlungen war. Es war ein herrliches Gefühl ihn in meiner Nähe zu wissen.

Doch dann riss ich die Augen auf. Wenn ich in seinen Armen lag, wer hielt dann grade...

Ich schrie erschrocken auf. Es gab ja wohl nichts Schlimmeres, als nachts aufzuwachen und in ein grinsendes Gesicht eines fremden Menschen zu schauen.

"Was ist los Schatz?", Taylor war sofort in Alarmbereitschaft und richtete sich auf, aber auch er schien nicht darauf vorbereitet zu sein einen fremden Mann neben seiner Mate liegend vorzufinden.

Dieses Mal schlich sich keiner von ihnen in meine Gedanken und ich konnte ihnen nicht folgen.

Irgendwie war es super interessant dieses Duell mit anzusehen, waren sich die Männer doch ziemlich ähnlich. Ich war mir sicher, dass wenn sie sich duellieren würden es ein langer und erbitterter Kampf werden würde. Ein Kampf dessen Ausgang ungewiss wäre. Das Knurren klang wirklich sehr bedrohlich. So bedrohlich, dass ich sofort wieder an den Vorfall mit Ily erinnert wurde. Panik stieg in mir auf und ich schaute immer wieder vom einen zum anderen und wieder zurück. Mein Herz pochte so laut, dass ich der Überzeugung war jeder der im Raum war müsste es ebenfalls hören können.

Sie würden sich doch jetzt nicht wirklich streiten? Sie würden nicht aufeinander los gehen, oder? Was wenn doch? Mein Blick schweifte für einen kurzen Moment durch den Raum. Ich suchte etwas, dass mir meine Panik nehmen könnte, irgendetwas... da fiel mein Blick auf das Handy. Natürlich! Andrew! Ich musste ihn irgendwie erreichen. Langsam, ganz langsam, als hätte ich angst erwischt zu werden - als würde ich etwas verbotenes tun oder die Männer überhaupt Notiz von mir nehmen - rückte ich näher an Taylor, der mittlerweile aufgestanden war und auf dem Bett Position bezogen hatte. Den Blick immer noch auf die beiden Männer gerichtet streckte ich meinen Arm nach dem Handy aus. Gerade dachte ich, ich hätte es auf dem Nachttisch erspürt, da startete der Kampf. Mit einem letzten lauten Knurren stürzte sich Taylor auf seinen Bruder. Noch in der Sekunde in der er auf ihn zu preschte verwandelte er sich und bis sich mit einer gezielten Attacke in seinem Nacken fest.  Harry jaulte auf. Ohne Vorwarnung schmiss er sich mit dem Rücken voran an die Wand. Gerade noch rechtzeitig duckte ich mich und entging damit dem sicheren Tod, dachte ich zumindest, denn ehe mich mich versah waren die beiden Wölfe wieder auf den Beinen und kläften sich nicht nur an. Eine Attacke folgte der anderen und ich hatte alle Mühe nicht getroffen zu werden. Das Adrenalin pumpte in großen Mengen durch meinen Körper und wäre ich nicht am japsen gewesen, ich wäre der Meinung gerade daran zu sterben. Herzinfarkt oder so... Harry schmiss sich erneut auf Taylor und tackelte ihn von der Seite. Taylors Schrei war lauter als der furchtbar heftige Aufschlag auf dem Schrank. Auch ich schrie, das bemerkte ich jetzt. Ich wollte zu ihm rennen, doch Harry drehte sich blitzartig um und stürzte sich auf mich. Heftig wurde ich zu Boden gerissen. Für einen kurzen Moment verlor ich jegliche Orientierung. Mein Kopf tat weh und wenn ich die Augen öffnete drehte sich alles. Das Einzige was ich wahr nahm, war Harry, der über mir war. Warum war er wieder ein Mensch? 

"Der Kampf ist vorbei, Prinzessin.", ließ er mich wissen. Was meinte er damit? Verwirrt und angestrengt versuchte ich in Taylors Richtung zu schauen und erschrak. Taylor lag Blutüberströmt am Boden. 

"Taylor!", schrie ich und versuchte aufzustehen, doch es gelang mir nicht. Harry hatte meine beiden Hände immer noch mit seinen neben meinem Kopf fixiert. Doch ich wollte nicht aufgeben. Taylor! Das konnte nicht sein! Mein geliebter Taylor! Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ich liebte Taylor. Egal ob er ein Wolf war oder ein Mensch. Ich liebte ihn.

>Taylor...lies meine Gedanken!< flehte ich. >Antworte mir! Taylor! Was ist los mit dir?<  den verschwommenen Blick immer noch auf Taylor gerichtet versuchte ich mich nach wie vor gegen Harry zu wehren. Ich bäumte mich auf, versuchte ihn von mir zu drücken, meine Hände heraus zu ziehen, doch es funktionierte nicht. 

Harry lachte auf:"Er kann deine Gedanken nicht lesen. Er ist bewusstlos. Und wenn du nicht sofort aufhörst, werde ich ihn töten!"

Erschrocken schnellte mein Blick zu ihm hoch. Sofort wurde ich mit noch mehr Schwindel und Kopfschmerz bestraft. Wie konnte er so etwas sagen? Es ist doch sein Bruder!

"Familienbande bedeutet mir nichts, Schöne, ich nehme mir was ich haben will. Egal was es mich kostet. Und wenn ich ihn umbringen muss um dich zu besitzen, dann werde ich das tun."

"Aber nicht heute Harry! Lass sofort die Luna los!", dröhnte Andrews tiefe Stimme durch den Raum. Dann war ein klicken zu hören, wie von Gewehren die entsichert wurden. Und dann endlich, verschwand Harry aus meinem Blickfeld. Der Druck um meine Handgelenke war verschwunden und auch meine Körpermitte, auf der Harry kurz zuvor noch gesessen hatte fühlte sich plötzlich wieder leicht an. 

"Meine Güte, dass ihr immer so über reagieren müsst...", hörte ich Harry sagen, doch das interessierte mich nicht. Ich stemmte mich hoch und ging wackelig auf Taylor zu. Sein Anblick erfüllte mich mit tiefer Furcht. Einer Furcht die ich glaubte nicht mal beim Verlust meiner Familie spüren zu können. Sein Gesicht war Blutüberströmt. Seine Kleidung trifte von der roten Flüssigkeit und sein Atem ging nur sehr flach, dafür aber viel zu schnell. Heulend nahm ich ihn in die Arme, was ich so vor mich hin stammelte vermag ich gar nicht zu sagen, dass einzige was ich sagen kann ist, dass ich ihn nicht verlieren wollte. Egal was er mir bisher angetan hatte. Ich wusste jetzt, dass ich ihn liebte. Und ich wollte ihn nicht verlieren.


Die andere MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt