Mir war die ganze Zeit schon kalt gewesen. Der Wind fuhr durch meine Haare und blies mir meine Anziehsachen an den Körper. Zu dem war ich ja auch nicht gerade warm angezogen.
Aber auf einmal erfüllte mich eine angenehme Wärme. Es fühlte sich so an, als ob noch jemand hier wäre. Aber das war ja total abwegig, alle waren ja eigentlich im Wohnzimmer.
Doch plötzlich hörte ich, wie die Tür geöffnet wurde. Ich klammerte mich am Geländer fest und drehte mich langsam um. Wer war das? Es interessierte sich doch eh niemand für mich.
In der Tür stand Sean! Er hatte meinen Brief in der Hand und Tränen in den Augen.
Es tat weh, ihn so verletzt und traurig zu sehen. Aber wahrscheinlich hatte er nur Stress mit Alicia oder so, wegen mir würde er doch nie weinen.
Er stürzte zum Geländer und hielt mich am Arm fest: ,,Du darfst das nicht tun!" ,,Du interessierst dich doch eh nicht für mich", ich drehte mich wütend wieder von ihm weg. Zweifelte nun aber doch, ob es das richtige war, was ich tat. Gerade eben war ich mir noch so sicher gewesen, aber jetzt...
Ich sah, wie Sean traurig den Kopf schüttelte. Dann wurde ich auf einmal von zwei starken Armen über das Geländer gehoben. Keine Ahnung, wie er das gemacht hatte.
Er setzte mich auf dem Balkon, hinterm Geländer wieder ab. Ich wehrte mich und wollte wieder zurück. Aber er hielt mich an der Hüfte fest. Ich hatte keine Chance, er war einfach zu stark.
Erschöpft gab ich mich ihm hin. Als er merkte, dass ich mich nicht mehr wehrte, hob er mich hoch und trug mich ins Zimmer.
Ich ließ mich müde auf den Boden fallen und lehnte mich an die Wand.
Er setzte sich neben mich. Eine Weile saßen wir nur schweigend da. Ich starrte die Pflanze an, die in der Ecke des Zimmers stand und meine Augen waren kurz davor, zu zufallen. Das war ja auch kein Wunder, ich hatte totalen Schlafmangel.
,,Wo sind die anderen?", ich guckte vorsichtig zu Sean auf. ,,Im Wohnzimmer, schlafen alle", er guckte mich aus diesen wunderschönen Augen an. ,,Achso", ich wendete mich wieder ab. ,,Wir müssen mal reden", ich sah, wie übermüdet und besorgt er war, doch trotzdem wirkte er total ernst.
Ich nickte leicht. ,,Was läuft zwischen dir und Alicia?", ich wusste auch nicht, warum ich das so einfach gefragt hatte und wünschte mir sofort, dass ich es nicht getan hatte.
Er seufzte und sagte dann müde: ,,Gar nichts." Ich musste lachen: ,,Is klar."
Unangenehmes Schweigen, dann sagte er ernst: ,,Das stimmt, wirklich. Auch, wenn sie es oft so aussehen lassen hat. Ja, sie ist gar nicht so schlimm, wie gedacht, aber überhaupt nicht mein Typ und außerdem redet sie viel zu viel. Ich hab heute mit ihr 'Schluss' gemacht, wenn man das so sagen kann, wir waren ja nie richtig zusammen. Sie hat sich einfach die ganze Zeit an mich geklammert.", kurze Pause. Mein Mund stand offen, ich konnte das einfach nicht glauben. Jetzt redete er weiter: ,,Ich weiß auch nicht, warum ich da manchmal mitgemacht habe. Wahrscheinlich brauchte ich einfach jemanden, der für mich da war, bei mir zu Hause gab es nämlich etwas Stress, aber ich empfinde nichts für Alicia, bitte glaub mir!", er guckte mich an und sah so ehrlich aus, dass ich nichts anderes tun konnte, als ihm zu glauben.
Mein Mund stand immer noch offen und ich war total verwirrt. War das alles wirklich nur ein Missverständnis gewesen? Sean sah so ehrlich aus, das konnte nicht gelogen sein, aber trotzdem wollte irgend etwas tief in mir drinnen ihm nicht vergeben.
,,Aber es gibt da ein anderes Mädchen", er stockte und guckte kurz zu mir auf. Ich hielt den Atem an. ,,Du bist das Mädchen, ich hatte so Angst um dich, bitte mach das nie wieder. Schon, als ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich, dass du ein ganz besonderes Mädchen bist und es hat mich echt verletzt, dich und Jaden zu sehen.", er atmete durch. ,,Ich liebe dich", er lächelte, sein süßes Lächeln.
Mir stockte der Atem. Sean hatte mir gerade sämtliche seiner Gefühle gestanden. Das musste ihn echt Überwindung gekostet haben! Und ich war 'sein Mädchen'.
Ich konnte es noch gar nicht fassen.
,,Es ist okay, wenn du erstmal nachdenken musst, ich kann auch warten", er guckte mich lieb an.
,,Nein, passt schon", ich war immer noch total geschockt.,,Ich, es ist nur... Sean, du weißt gar nicht, wie doll es weh getan hat, dich und Alicia so zu sehen. Ich... ich wollte mich umbringen deswegen und jetzt soll ich dir das alles einfach verzeihen? Ich würde dir ja gerne verzeihen, aber ich habe das Gefühl, dass ich dir nicht mehr vertrauen kann, ich habe Angst, nochmal so etwas durchmachen zu müssen, nochmal verletzt zu werden.", ich atmete auf, es tat gut das alles gesagt zu haben, aber im gleichen Moment tat es mir schon wieder leid, als ich Sean sah, der aufstand und komplett zusammenbrach. Wütend und enttäuscht zugleich schlug er gegen die Wand: ,,Scheiße Mann, Alicia hat alles zerstört. Ich bring sie um", er atmete jetzt schwer und ließ sich an der Wand nach unten sinken.
,,Sean", vorsichtig ging ich zu ihm und setzte mich neben ihn. ,,Geh weg, du willst doch eh nichts mit mir zu tun haben", ich konnte spüren, wie wütend er war. Wie ein Vulkan, der kurz davor war, auszubrechen. Allerdings war Sean schon einmal "ausgebrochen".
,,Doch Sean, das will ich", mit Zuversicht in der Stimme sagte ich das. ,,Irgendwann kann ich dir bestimmt verzeihen." ,,Toll, irgendwann! ", er unterbrach mich. Er hatte seine Knie angezogen und seinen Kopf auf die Knie gelegt.
Jetzt wurde ich langsam auch ungeduldig und etwas wütend: ,,Kannst du nicht verstehen, wie oft du mir weh getan hast, indem du dich für Alicia und nicht für mich entschieden hast? Ja, ich empfinde etwas für dich, aber im Moment weiß ich nicht, ob es etwas gutes oder schlechtes ist", wütend stand ich auf. Sean schwieg, als ich schon fast an der Tür war, meldete er sich wieder: ,,Ich kann das verstehen und es tut mir leid. Ich war nur wütend, wegen dir und Jaden. Aber bitte geh nicht. Bleib hier! ", er klang jetzt wieder so müde und fertig aber auch traurig.
Ich drehte mich langsam wieder um und setzte mich wieder neben ihn: ,,Ich war ja auch wütend, wegen dir und Alicia, aber Jaden hat mich nur aufgemuntert, wir sind nur gute Freunde und außerdem hat er schon seine Liebe gefunden", ich sprach ruhig.
In Seans Gesicht konnte ich keine Emotionen erkennen.
Jetzt sprach er zum Glück wieder, ich konnte es nicht ertragen, wenn er mich anschwieg: ,,Kannst du nicht wenigstens probieren, mir zu verzeihen? Ich kann es einfach nicht ertragen, mit dir zerstritten zu sein", hilflos guckte er mich an. ,,Mann Sean, ich will dir doch auch verzeihen, weil es mir weh tut, mit dir zu streiten, aber... ", verzweifelt stockte ich. ,,Aber was?", ich merkte, wie er schon wieder kurz vorm Ausrasten war. ,,Nichts", ich guckte kleinlaut zu Boden.
Ich sah, dass Sean das nicht glaubte. Er sagte aber nichts.
Es tat ganz gut, dass wir uns endlich ein bisschen ausgesprochen hatten.
Sean atmete neben mir ein paar Mal tief ein und aus. Er schien noch ziemlich durcheinander zu sein.
Aber auch ich war ziemlich durcheinander und aufgeregt. Sean hatte mir seine Gefühle gestanden und ich... hatte ihn enttäuscht? Die ganze Zeit hatte ich mir so gewünscht, dass ich Alicia sein könnte und jetzt wies ich ihn ab?
Ich verstand mich langsam selbst nicht mehr.Neues Kapitel, hoffe es bleibt spannend :)
Danke für die ganzen Votes und Reads ♡
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Ein etwas anderes Leben (New District FF)
Fiksi PenggemarIn dem Buch geht es um Anna und ihr Leben, am Anfang ist es noch nicht so eine FF, aber es WIRD eine Fanfiction, also seid gespannt :)♥