Kapitel 12

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Alissa POV

Ich war schon länger mit Nathan zusammen unterwegs und so langsam kam mir die Gegend wieder bekannt vor, als ich Seth sah. Von einer Sekunde auf die andere musste ich anfangen zu grinsen und wollte ihn am liebsten sofort in meine Arme schließen - bis ich sein Gesicht sah.
Es war Wut verzerrt. Er kniff die Augen zusammen. Seine Stirn war tief in Falten gelegt und er schnaufte wütend und knurrte laut. Mein Lächeln verschwand sofort.

"Ally, wo warst du?! Was hat dieser S*****-Kerl mit dir gemacht?!", brüllte er aus einigen Meter Entfernung und wendete sich an Nathan: "Was hast du mit ihr gemacht?! Warum hast du sie über Nacht entführt!?!?"

"Ich habe gar nichts mit ihr gemacht! Hör auf mir immer zu unterstellen, dass ich ihr was antun würde! Das tue ich nämlich nicht! Wir sind einfach nur befreundet!", schrie Nathan zurück.

"Achja... UND WARUM KANNST DU DICH NICHT TAGSÜBER MIT IHR TREFFEN?!!!!", brüllte Seth so laut, dass ich zusammen zuckte und es mir eiskalt über den Rücken lief.

"Weil wir es geheim halten wollten, weil eine Freundschaft zwischen uns eigentlich tabu ist...", mischte ich mich vorsichtig ein. Beide sahen sie mich an, als hätte ich noch nie in meinem Leben ein Wort gesagt und würde jetzt plötzlich anfangen mich mit ihnen zu unterhalten.

"Halt du dich bloß da raus Ally... Ich will dich nicht mehr sehen...", sagte Seth, die Wut in seiner Stimme unterdrückend, zu mir und sah mich an. 'Was hat er denn jetzt?!' dachte ich und sah ihn an. "Du trägst deinen Ring nicht mehr, schleichst dich nachts heimlich weg und triffst dich dann mit irgendeinem Typen...", fuhr er fort. 'HALT STOPP! Denkt er etwa ich hätte eine Affäre mit NATHAN?! ACH DU SCHANDE!'

"NUR UM DAS KLAR ZU STELLEN: ICH HABE KEINE AFFÄRE MIT NATHAN!", sagte ich laut und deutlich, sodass die beiden zusammen zuckten.

"Es sieht aber ganz danach aus... dann erzähl mir doch, was ihr zusammen gemacht habt?!"

"Wir... sind spazieren gegangen..."

"Mitten in der Nacht!?!"

"Ja...?!"

"Das glaubst du doch wohl selbst nicht... und außerdem: Warum rennst du dafür vorher wie eine Furie aus dem Haus und schaust mich mit wildgewordenem Blick an?!"

"Das... ist etwas schwieriger... das kann ich dir nicht erzählen..."

"Danke... aber dann habe ich genug... Ich dachte wir könnten uns immer alles anvertrauen...", traurig sah er nach unten, wich meinem Blick aus drehte sich um und wollte gehen. 'Sollte ich ihm die Wahrheit sagen?! Das kann ich nicht machen... dann hasst er mich... das geht nicht...'

"Ja...", ertönte Nathans Stimme und ich sah ihn an. "Ja, wir haben eine Affäre", sagte er. Ich starrte ihn völlig entgeistert an: 'spinnt der?! Was soll das denn?!' "Hab ich doch gesagt...", murmelte Seth und ging mit gesenktem Kopf davon. Ich sah ihm hinterher und ich merkte, wie mein Herz langsam aber sicher in tausende von Stücken zerbrach. Ganz langsam und leise merkte ich jeden kleinen Riss, ein komplettes Stück abbrechen und es schien als hörte ich auch Seths Herz auseinanderbrechen, wie er so ganz langsam den Kopf schüttelnd davon ging. Er murmelte leise "Nein, Nein, Nein..." vor sich hin.

Als er nicht mehr zu sehen war, drehte ich mich zu Nathan. "SAG MAL TICKST DU NOCH GANZ RICHTIG?! WAS ZUM HENKER SOLLTE DAS?!?!", ich hatte Tränen in den Augen. "Glaub mir", antwortete er ruhig, "Es ist nur das Beste für ihn. Stell dir vor er hätte von dem Biss erfahren: Er hätte sich dafür geschämt auf dich geprägt zu sein... Das gesamte Rudel hätte es in weniger als einer Stunde gewusst... Jetzt ist er nur ziemlich geknickt, aber das geht vorüber und dann steht er immernoch auf dich geprägt vor unserer Tür. Ich wollte nicht, dass du so etwas zu ihm sagst, weil er dann geglaubt hätte, du liebst mich, so ist das aber was anderes. Mich hasst er doch eh schon..." Ich sah ihn an... irgendwie hatte er ja Recht... Ich schluckte und sagte: "Danke...", und dann umarmte ich ihn FREUNDSCHAFTLICH...

Nach einiger Zeit hatte ich es geschafft ohne Begleitung von Nathan zum Rudel zurückzukehren. Ich wusste noch nicht, was ich machen wollte. Ich glaube, ich werde Billy alles erzählen... Er würde es ganz sicher für sich behalten und ich könnte mit Sicherheit bei ihm auf dem kleinen Sofa schlafen, denn nach Hause konnte ich nicht, meine Familie sollte denken, alles war okay, und bei Seth schlafen, war gerade ganz unangebracht...

Als ich die kleine Siedlung unseres Reservates betrat, sah ich gleich Seth bei unseren Freunden. Er sah mich nicht an und auch die anderen musterten mich nur. Na super... die nächsten Tage würde ich Wohl oder Übel mit Nathan verbringen müssen. Ein Stückchen weiter sah ich auch Jake, Embry und Quil und natürlich auch Clary, die mich aber zum Glück nicht sah. Ich wollte jetzt echt nicht mit ihr reden. Sie würde sofort merken, das etwas nicht stimmt...

Danach ging ich fest entschlossen zur Hütte von Billy und klopfte an seiner Tür. Einen Moment später saß ich auch schon bei ihm auf dem gemütlichen Sofa in dem kleinen Wohnzimmer und berichtete ihm von allem: Clarys und Carlos Beziehung, dem Streit, der Rettungsaktion, dem Biss, was Carlisle erzählt hatte und zum Schluss von letzter Nacht und dem Streit mit Seth vor nicht einmal einer Stunde. Billy saß nur still da und hörte mir leise und aufmerksam zu. Dann nickte er: "Ich verstehe dich und es ist aufjedenfall richtig, dass du zu mir gekommen bist. Nathan hat aufjedenfall auch das Richtige getan, so wird Seth nicht zu sehr zu leiden haben. Du kannst die nächsten Tage sehr gerne hier auf dem Sofa schlafen", er machte kurz eine Pause und redete dann weiter, "Du bist natürlich weiterhin ein Teil unseres Rudels und ich werde dir helfen das alles zu verarbeiten." Ich sah ihn dankend an und nachdem er mich verabschiedet hatte, begab ich mich wieder nach draußen. Alle meine Freunde standen auf der anderen Seite, außer Seth. Mein Magen verkrampfte sich, als ich an ihn dachte.

Mit traurigem Blick ging ich in Seths und meine ehemalig gemeinsame Hütte um die Klamotten für die nächsten Tage zu holen und in Billys Hütte zu bringen. Vor der Zimmertür blieb ich stehen. Ich atmete ganz tief die Luft ein. Es roch nach Holz und natürlich nach Wolf, aber hauptsächlich roch es nach Seth und mir und nach wahrer Liebe und Schmetterlingen im Bauch. Vorsichtig legte ich meine Hand auf die Türklincke, öffnete die laut knartschende Tür und trat ins Zimmer.

Seth sah mich entgeistert an. Er saß auf dem Bett und hielt mit Tränen in den Augen ein Foto von ihm und mir in der Hand. "Was willst du hier?!", fragte er mich, mal wieder erfolglos die Traurigkeit in seiner Stimme unterdrückend.

Wolves - Eine von ihnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt