Kapitel 29

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'Ein Schrei. Was war das?! Ich will mich umdrehen, doch ich kann nicht. Auch sehen kann ich nichts. Alles ist verschwommen und ich kann kaum etwas erkennen. In meinen Ohren dröhnen die Geräusche: Der Schrei, ein weiterer Schrei, das Piepen einer Maschine, Stimmen, viele Stimmen. Doch eine höre ich ganz klar und deutlich heraus. Ich kenne diese Stimme zu gut. Es ist seine Stimme. Seine geliebte warme Stimme. So weich. So nah. Ich höre sie klar und deutlich. Er spricht langsam, aber doch wirkt er gestresst. Deutlich und doch gehetzt. Schreit er? Ja er schreit! Aber warum?!

"Bleib hier! Blei... bleib bei mir! Du darfst nicht gehen! Lass mich nicht alleine Ally! Nicht nur mich! Deine... sie sind hier. Unsere Kinder!"

Was sagt er da?! Kinder?! Ich bin schwanger gewesen?!

Ich will mich bewegen. Will mich rühren. Ihn Berühren. Sie berühren.

Ich will mit ihm sprechen. Etwas sagen. Zu ihm. Zu ihnen.

Ich will etwas sehen. Ihn sehen. Sie sehen.

Doch ich kann nicht.

Ich zappele. Und zappele. Und schreie. Und weine.'

"Ally! Ally! Hey!", jemand rüttelte an meiner Schulter und riss mich aus dem Schlaf. Seth sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. Er sah müde aus. Als ob er gerade aufgewacht wäre. "Prinzessin, ist alles okay bei dir?", fragte er mich liebevoll und strich mir die Haare aus dem Gesicht. "Ja... ich... ich glaube schon...", ich setzte mich auf und hielt mir die Hand an die Stirn, "Ich habe nur schlecht geträumt..."

"Na dann ist ja gut", er grinste breit und legte seine Arme um meinen Bauch. Er zog mich wieder zurück ins Bett und drückte mich an sich. Nase an Nase lagen wir da. Ich sah ihm tief in seine schokobraunen Augen und auch er schien den meinen zu verfallen.

"Frohe Weihnachten!", flüsterte ich leise und küsste ihn. Er erwiderte leidenschaftlich und flüsterte nach dem Kuss ein "Dir auch."

Danach standen wir auf. Alle anderen schliefen noch und so schlichen wir uns leise und heimlich ins Bad und machten uns gemeinsam fertig: Zähneputzen, Haare machen, Umziehen, etc. doch auch als wir hiermit fertig waren, schlief meine Familie noch. Wir setzten uns also wieder in mein Zimmer, auf mein Bett und redeten leise miteinander.

"Das ist unser erstes gemeinsames Weihnachten", grinste Seth.

"Ja... ich weiß", ich lächelte, "Das ist etwas ganz besonderes... und ich hab kein Geschenk für dich...", mein Lächeln verschwand.

"Ich hab doch schon gesagt, das du mir nichts zu schenken brauchst... Es ist Geschenk genug, dass ich dich wieder in meine Arme schließen darf", während er das sagte gab er mir zaghaft einen Kuss auf die Stirn und zog mich an sich.

Nach einer halben Ewigkeit war auch meine Famile endlich aufgewacht, aufgestanden und fertig für das Frühstück, welches Seth und ich währenddessen vorbereitet hatten.

Beim Frühstück wurde viel mit vollem Mund genuschelt. Barny freute sich, denn er fegte wie ein Staubsauger über den Boden und ließ keinen Krümel auf dem Boden liegen.

Nachdem der Frühstückstisch abgedeckt war und auch Clary und Embry endlich aus dem Bad kamen, zogen sich alle ihre Jacken an, natürlich auch wir Wölfe, wir mussten ja den Schein des normal sein wahren, und wir machten alle gemeinsam einen Weihnachtsspaziergang mit Barny zusammen durch den hohen Schnee.

Irgendwann nahm mein Vater das Wort an sich und richtete sich an meine ältere Schwester und mich selbst: "Clary, Ally... da ihr nun beide immer erwachsener werdet und die ersten vernünftigen Freunde habt", 'Oh nein...', dachte ich, denn so langsam dämmerte es mir, worüber mein Vater uns gerade jetzt unterrichten wollte. Als gedankliche Antwort bekam ich von Embry und Seth jeweils bloß ein Lachen. "Also, ihr wisst ja sicher, wo die Babys herkommen, oder?", fuhr mein Vater fort, "und naja, sie entstehen indem..."

"OOOOOOH NEIN, NEIN, NEIN, NEIN, NEIN, NEIN, NEIN, NEIN!!!!!!!!", riefen Clary und ich im Chor und auch Lissy schrie mit zugehaltenen Ohren, "Nein! Nein! Nein!", vor sich hin.

Dad sah uns amüsiert an und wollte weiter reden, als Clary damit heraus platzte, dass sie keine Jungfrau mehr sei. Jetzt sah er bloß noch mich amüsiert an und begann seinen Vortrag: "Um Kinder zu zeugen, macht man..."

"Dad... ich bin auch keine Jungfrau mehr...", mit diesen Worten war das Thema abgeschlossen und wir redeten über den Ablauf des Weihnachtsfestes. Puh, gerade nochmal Glück gehabt.

Nach eineinhalb Stunden waren wir wieder zu Hause angekommen. Von unserem eh schon weißen Hund war nur noch wenig zu erkennen, da in seinem strubbeligen Fell alles voll von Schnee hing. Selbst sehen konnte er nur noch wenig, weil er selbst Schnee im Gesicht hatte.

Jetzt ist es 18 Uhr abends. Zeit die Geschenke auszupacken, aber vorher musste ich noch meine beiden besten Freundinnen anrufen.

Ich saß alleine auf meinem Bett und wählte die Nummer von Mary, einer meiner allerbesten Freundinnen.

"Tuuuut.... tuuuuuut...", machte das Telefon, doch niemand nahm ab. Dann plötzlich:

"Ally?! OMG Ally bist du das?!", rief jemand ins Telefon, sodass ich es weiter von meinem Ohr weghalten musste um keinen Hörschaden zu bekommen.

"Ja, bin ich Mary... aber woher wusstest du...? Und warum schreist du so?"

"Woher ich wusste, das du mich anrufst?! Sorry, aber ich bin eine deiner besten Freundinnen! Ich habe deine Handynummer auch noch eingespeichert, nachdem du fast 4 Monate lang verschwunden warst!", sie schien außer sich über meine Annahme, sie hätte mich vergessen.

"Also, wo warst du so lange?! Wir dachten schon du wärst vielleicht gestorben...", begann Mary zu fragen und ich begann zu erzählen. Von allem außer dem Magischen. Immer wieder wurde ich von lauten Schluchzern von der anderen Seite der Leitung unterbrochen, was mir selbst die Tränen in die Auge trieb.

"Und naja... jetzt dachte ich mir... als kleines Weihnachtsgeschenk, erfahren meine besten Freundinnen am Weihnachtsabend, dass ich noch am Leben bin...", schloss ich meine Erzählung ab und wartete auf ein Antwort. Doch bekam ich keine. Erst nach ganzen 2 Minuten hatte sich Mary wohl wieder besonnen und antwortete: "Warte, Stopp! Heute ist Weihnachten?!?" Mit diesen Worten brachte sie mich zum Lachen, doch fand sie dies ganz und gar nicht lustig. Sie sagte einfach immer das richtige, obwohl man nie erwarten würde, dass es die Situation verbessern könnte.

Kurz danach rief ich bei meiner anderen besten Freundin Sophie an, um auch ihr zu berichten. Das Telefonat verlief ähnlich ab und so saß ich ca. eine dreiviertel Stunde später bei meiner Familie im Wohnzimmer. Es war beinahe Bescherungszeit und wir warteten nur noch darauf, dass das Essen fertig wurde. Mit den Jahren hatten wir eine Strategie entwickelt, wie man die Geschenke am besten auspackt: das Erste vor dem Essen, das Zweite nach dem Essen und alle anderen, erst 1 Stunde nach dem Essen. So machten wir es auch dieses Jahr wieder. Dabei kam es nicht darauf an, was man bekam, sondern, auf die Liebe, die dort hinein gesteckt worden war. So war ich am Ende des Abends um ein Armband, einen Schlüsselanhänger, ein schönes weiches Kissen, mit Bild von meiner Familie und mir drauf gedruckt, und ganz ganz viel Liebe reicher.

Wolves - Eine von ihnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt