Letzte Nacht war sogar einigermaßen angenehm gewesen. Ich hatte zu Hause geschlafen. Hatte Seth gesagt, ich wolle die letzte Nacht in diesem Jahr noch bei meinen Eltern verbringen. Alleine. Er hatte zwar gefragt, ob alles okay sei, aber ich war nicht weiter darauf eingegangen. Ich wusste, dass man als Wolf innerhalb von nicht einmal zwei Wochen schon einen 'Babybauch' bekam. Nun war ich schon ungefähr 10 Tage oder so schwanger, also nicht besonders weit davon entfernt. Ich wollte es Seth auf romantische Art und Weise sagen, irgendwie. Ich wollte es um 12 Uhr machen. Wenn all das Gejubel, das Klirren von Gläsern und all die Feuerwerkskörper unsere Ohren erfüllten, dann ziehe ich ihn zu mir heran und flüstere es ihm ins Ohr, sodass sein neues Jahr gleich positiv beginnt. Ja. Positiv. Seit dem Gespräch mit meinen Eltern gestern Abend, sehe ich es nicht mehr so negativ. Ja, ich bin noch jung. Aber ändern konnte ich es eh nicht mehr... Und wieso schlecht gelaunt sein und das ganze negativ sehen, wenn man auch glücklich sein und es positiv sehen konnte?!
Eine Sache hatte mich gestern besonders gefreut. Meine Mutter hatte gesagt, dass sie sich normalerweise Sorgen gemacht hätte, dass mein Freund mich verlassen würde. Bei Seth aber, sei sie sich sicher, dass er an meiner Seite blieb. Und das Schönste war: Ich wusste, das sie recht hatte und das brachte mich zum Strahlen. Es war schön zu wissen, dass er mich niemals verlassen würde. Unter keinen Umständen würde er mich alleine lassen. Schon gar nicht mit einem Kind. Seinem Kind.
Müde stand ich auf. Ich hatte lange nicht mehr so erholsam geschlafen, obwohl Seth nicht bei mir gewesen war. Ich torkelte vorsichtig ins Bad und versuchte nicht zu großen Lärm zu machen. Doch spätestens als Barny voller Freude vor der Badezimmertür stand und bellte, waren sicher auch die anderen aufgewacht. Erst nachdem ich ihn ausgiebig begrüßt hatte, war er leise und mich schauten 4 genervte Augenpaare an. Clary, Lissy, Mama und Papa standen in den Türrahmen zu ihren Zimmern und schauten mich missmutig und müde an. Ja... Sie waren aufgewacht und im Punkto 'Morgenmuffel' waren sie nicht zu toppen.
Zum Glück hatte sich nach dem Frühstück die Laune erheblich gebessert und alle freuten sich auf die gemeinsame Silvesterfeier mit meiner zweiten Familie.
"Ally?! Was soll ich anziehen?!?", schrie mir meine kleine Schwester aus ihrem Zimmer zu. Ich musste lachen: "Irgendwas. Ist doch egal!"
"Und wenn ich meinen Traumprinzen treffe?!"
"Wen denn bitte?! Die einzigen einigermaßen anständigen Jungs aus dem Reservat sind schon vergeben!"
Ich lachte wieder als sie antwortete: "Na und?! Vielleicht hast du auch einen sch*** Geschmack! Außerdem habg ihr beide dort doch euren Traumprinzen gefunden!!!"
Damit war die Diskussion beendet und ich sollte ihr nicht mehr helfen etwas zum Anziehen zu finden. Kurz danach waren wir fertig. Papa stand mit Winterjacke in der Hand im karierten Hemd vor mir. Mama trug eine hübsche leicht rosane Bluse unter ihrer dicken Winterjacke. Meine Schwestern gingen im Partnerlook: schwarzer Rock, schwarze Strumpfhose, grauer Pullover. Und ich?! Ich trug ein Kleid, das Seth mir im Sommer mal geschenkt hatte. Es saß wunderschön, kaschierte den kleinen Bauch, den ich bereits besaß, und es sah einfach an sich schon mega hübsch aus.
Endlich gingen wir los. Ich war ziemlich aufgeregt, schließlich prallten nicht alle Tage zwei so unterschiedliche Welten aufeinander. Nervös tippelte ich auf und ab, als ich auf die anderen warten musste, weil Barny stehen geblieben war. Papa trug die gesamten Feuerwerkskörper. Mama einen Korb mit Essen und einer Flasche alkoholfreiem Sekt. Ja, er musste alkoholfrei sein, schließlich war ich jetzt schwanger und da durfte man ja keinen Alkohol mehr trinken. Lissy trug die Leine von Barny und Clary war damit beschäftigt sich beim Gehen einen Zopf zu flechten nur um ihn gleich danach wieder aufzumachen. Ich kannte sie einfach zu gut.
Wir kamen beim Rudel an. "Ally!", "Clary!", Seth und Embry kamen auf uns zu gelaufen. Hoffentlich merkten unsere Eltern, was für eine dämliche Idee es gewesen war, uns so ähnliche Namen zu geben. Seth störte es keinesfalls, dass meine Eltern dabei waren und küsste mich zur Begrüßung. Embry hingegen kannte unsere Eltern noch nicht allzu gut und verlangsamte seinen Schritt. Zögernd gab er meinen Eltern die Hände und begrüßte Clary dann zurückhaltend mit einer Umarmung.
Als sich auch Billy, Sam und Emily meinen Eltern und meiner Schwester vorgestellt hatten, verschwanden wir in der Küche. Also zumindest Clary, Mama, Emily und ich. Meine kleine Schwester wollte sich ein wenig umschauen und die Jungs zeigten meinem Vater ihre Motorräder, was ihn sehr begeisterte. Das Rudel unterschied sich doch eben nicht von normalen Menschen. Zumindest nicht wirklich. Klar, normale Menschen liefen bei solchen Temperaturen mit dicker Jacke rum und die Rudelmitglieder waren normalerweise der Meinung sie müssten Oberkörper frei rumlaufen, aber ihre Interessen blieben eben die Interessen von Jungs.
Ich schaute beim Karotten schneiden aus dem Fenster. Lissy stand mitten auf der geschmückten Lichtung und unterhielt sich. Sie unterhielt sich mit Mex. Sie lachten. Ich hatte ihn lange nicht mehr so lächeln gesehen, wenn er mich nicht sah. Irgendwie machte es mich auch glücklich. Ich freute mich, dass Mex auch ohne mich glücklich sein konnte.
Mittlerweile war es schon beinahe 20 Uhr abends. Draußen war es schon dunkel und wir saßen draußen am Lagerfeuer. Also zumindest Mama, Papa, Seth, Mex, Lissy, ein paar andere aus dem Rudel und ich. Clary und Embry waren vor ungefähr einer Stunde spurlos verschwunden. Keiner verlor ein Wort darüber, was sie taten und wo sie waren.
Die Zeit verflog wie im Flug. Die anderen holten die Gitarre und irgendwer fing wieder an zu singen. Wir alle sangen und redeten. Es war einfach wunderschön. Meine beiden Familien vereint. Ein einziger Traum. Zum Glück hat Seth noch nichts bemerkt. Weder mein Bäuchlein, noch dass ich mich etwaigen anders verhalte. Gleich würde wir zur Klippe aufbrechen. Von dort hatte man den perfekten Blick auf die andere Seite des Kanals und deren Feuerwerke und konnte am besten selbst Raketen in die Luft schicken.
Kurze Zeit später war es dann soweit:
"10!"
"9!"
"8!"
Die ersten Raketen wurden angezündet.
"7!"
"6!"
"5!"
Seth zog mich näher an sich heran.
"4!"
Unsere Gesichter kamen sich langsam näher.
"3!"
Wir beide grinsten über das ganze Gesicht.
"2!"
Unsere Lippen berührten sich.
"1!"
Eine Gefühlsexplosion in meinem Bauch.
"FROHES NEUES JAHR!"
Das Jahr endete mit einem schönen Ereignis und begann mit dem schönsten Ereignis, das ich mir vorstellen konnte: Ein Kuss mit Seth.
Gejubel, Feuerwerksgeräusche, das Klirren von Gläsern drang an unsere Ohren als wir uns voneinander lösten. Wir standen etwas abseits von den anderen.
"Frohes neues Jahr", sagte Seth leise, aber ich verstand ihn, und zog mich in eine Umarmung. Vorsichtig stellte ich mich in der Umarmung auf die Zehenspitzen. Über uns explodierte eine Rakete nach der anderen am dunklen Nachthimmel. "Seth", flüsterte ich ihm in sein Ohr, "Ich muss dir was sagen: Ich bin schwanger." Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen, als ich mich von ihm löste. Ich biss mir auf die Unterlippe. Ihm standen Tränen in den Augen. "Ist... ist das dein Ernst?!", fragte er leise und ich nickte vorsichtig. "OMG! ALLY DAS IST WAHNSINN!", er zog mich wieder in eine Umarmung. Er schniefte und seine Tränen, anscheinend vor Freude, tropften auf meine Schulter. Sie hinterließen ein brennendes Gefühl auf meiner nackten Haut. Meine offene Winterjacke war mir von den Schultern gerutscht. Er sah mich an. Wir standen wieder voreinander und er wischte sich schniefend die Freudentränen aus den Augen.
Plötzlich spürte ich etwas neben meinem Ohr. Gerade als ich meinen Kopf zur Seite nehmen wollte, erstarrte ich. Sofort machte sich eine Gänsehaut auf meinem Körper breit.
Eine raue kalte Stimme, die ich nur zu gut kannte, da sie 3 Monate lang das Einzige war, was ich gehört hatte, flüsterte mir ins Ohr: "Frohes neues Jahr."
ENDE
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Wolves - Eine von ihnen
WerewolfDies ist die Fortsetzung meiner ersten Story 'Wolves - Alleine unter Wölfen' und somit der zweite Teil meiner Trilogie. Was passiert, wenn Wolfsblut und Vampirgift aufeinander treffen?! Schon immer gibt es zwischen den beiden Seiten Auseinandersetzu...