Ich weiß nicht, wie lange ich schon nicht mehr die schönen warmen letzten Sonnenstrahlen des Jahres auf meinem Gesicht gespürt hatte oder wann ich das letzte mal einen Fuß aus diesem vermaledeiten kleinen Apartment gesetzt hatte. Aufjedenfall ist das schon viel zu lange her. Carter ließ mich nicht heraus. Er hatte Angst ich würde weglaufen. Ich, diejenige mit der er seine Zukunft verbringen wollte, obwohl ich völlig dagegen und bereits vergeben war. Seit unendlich langen 3 Monaten hielt er mich schon hier fest. Etliche Male hatte ich versucht hier herauszukommen, doch es klappte nie. Verdammt nochmal! Das ist Freiheitsberaubung! Ich hatte die letzten Male, wenn Vollmond war, immer gejault, ja Carter kam jedes Mal ins Zimmer und hat mir gesagt ich sollte keine Angst haben, die Wölfe würden nicht hier her kommen, dabei wollte ich doch genau das! Jedes mal habe ich 'Das Lied der Wölfe' gesungen. Doch nie habe ich eine Antwort erhalten. Ob die mich überhaupt hören konnten aus so einer weiten Entfernung? Was sie wohl dachten, wo ich war?! Hatten sie die Hoffnung endgültig aufgegeben und suchten nicht mehr nach mir?! Hatten sie es überhaupt je getan?! Wie ging es meiner Familie mit diesem anscheinenden Verlust? Haben sie sehr gelitten? Ich will nicht, dass sie nur meinetwegen leiden. Ich will, dass sie glücklich weiter leben... Aber das können sie wohl nicht, oder?
Diese Fragen schwirrten mir jeden Tag im Kopf herum. Jeden vermaledeiten Tag den ich auf diesen 47 Quadratmetern verbrachte. Immer derselbe Tagesablauf:
Carter weckt mich.
Carter und ich frühstücken zusammen.
Carter verlässt das Apartment, aber nicht ohne sicher zu gehen, das alles abgeschlossen ist und mir einen Kuss auf die Stirn zu geben (ich hab es aufgegeben mich dagegen zu wehren).
Carter ist für 8 einhalb Stunden bei seiner Ausbildungsstelle, während denen ich alleine bin (so wie gerade auch).
Carter kommt, nachdem er noch kurz etwas eingekauft hat (Essen und jeden Tag ein neues Kleidungsstück für mich), auch nach "Hause".
Carter lässt mich das neue Kleidungsstück anprobieren und präsentieren, wie bei einer Modenschau.
Carter macht Abendessen und hofft jedes Mal aufs Neue, dass ich ihm helfe, tue ich aber nicht.
Carter ruft mich zum Essen und ich quäle mir unter seiner Beobachtung die normalen Gerichte hinunter.
Carter und ich gucken Fernsehen, wobei er immer näher an mich heran rutscht und Händchen halten will.
Carter und ich gehen ins Bett: Ich auf der kleinen Couch, weil ich mich weigere bei ihm im Bett zu schlafen und er in seinem 2 Meter großen Ehebett.
Achso und ganz zum Schluss kriege ich natürlich immer einen Gute-Nacht-Kuss.
Aaaaaaaah! Immer muss sich alles um ihn drehen! Carter HIER! Carter DA! Carter ÜBERALL! Dabei sehne ich mich doch so nach meinem Seth. Seine so wunderschön strahlenden Augen. Sein so unbeschreiblich glücklich machendes Lächeln. Seine zarten liebevollen Berührungen. Sein Charakter, der mir immer wieder den Atem raubt. Seine Küsse, die jedes Mal wieder eine Explosion in mir auslösen würden. Da ist es wieder: Das 'würde'. Dass alles könnte ich genießen, wenn ich bei ihm sein würde. Dass alles könnte ich genießen, wenn ich nicht hier sein würde. Dass alles könnte ich genießen, wenn ich Carter nicht vertraut hätte. Und da ist auch mein zweiter bester Freund: Das 'hätte'. Dass alles könnte ich genießen, wenn ich nicht von dieser Klippe gestürzt wäre. Wo die anderen beiden sind bleibt der dritte im Bunde meist nicht weit: Das 'wäre'. Diese drei Worte begleiten mich tagtäglich. Immer wenn ich mir Gedanken darüber mache, was wohl anders gelaufen wäre, wenn ich etwas anders gemacht hätte als ich es getan habe, und wenn ich mir mal wieder selbst die Schuld an diesem ganzen Schlamassel hier gebe.
Ich hörte wie sich der Schlüssel im Schloss drehte und sofort stellten sich meine Nackenhaare auf. Ich lag gerade auf dem Rücken, die Beine über der Lehne, auf der Couch und starrte kopfüber auf die Wand vor mir. Normalerweise hätte ich mir ein Knurren unterdrücken müssen, aber dadurch, dass ich schon so lange in diesem Käfig war, war ich schon viel zu sehr zum Menschen geworden. Selbst den kleinen Teil Vampir hatte ich merklich besiegt. Zumindest zeigte er sich seit dem Sturz überhaupt nicht mehr. Ich hatte das Gefühl mir selbst so fremd zu sein, wie noch nie zuvor. Ich hatte mir noch nie etwas gefallen lassen. Ich war immer die, die es gesagt hatte, wenn ihr was nicht passte. Aber jetzt?! Ich hatte so eine Angst vor Carter und seinen Taten, dass ich mir einfach alles gefallen ließ. Naja, fast alles. Sagen wir, das meiste. Denn als ich mich gestern gegen etwas gewehrt habe, was mir einfach zu intim war, hat er mich gegen eine Wand geschubst und nach dem er seine Wut an mir ausgelassen hatte, hatte ich große blaue Flecken auf dem Rücken, Blessuren an Arm und Bein und absolut keine Kraft mehr um irgendwas zu tun. 5 Minuten später, war er wieder ins Zimmer gekommen und tat als hätte jemand anderes mir das angetan. Er nahm mich in den Arm, wischte meine Tränen weg und versuchte mich zu trösten. Dieser Typ hatte echt Stimmungsschwankungen... Ich musste unbedingt hier weg... Nur wie?! Ich war besser bewacht als der weltgrößte und bösartigste Kriminelle...
Als ich aus meinen Gedanken hochschreckte, hockte Carter direkt vor mir und schaute mir direkt in die Augen. Ich zuckte zusammen und am ganzen Körper stellten sich meine Haare auf. Er grinste hinterhältig und gab mir einen Kuss auf die Nasenspitze. Geschockt riss ich meine Augen auf. Das hätte er nicht tun sollen. Das darf nur mein Seth, aber ganz bestimmt nicht Carter! Plötzlich hatte ich keine Kontrolle mehr über meine Hand:
Ich hob sie an, holte aus und gab ihm mit aller Kraft eine Backpfeife.
Oh Shit! Was hatte ich getan?! Sollte er mich nochmal zusammen schlagen?!?! Shit! Warum arbeitete mein Gehirn nur so unendlich langsam?! Verdammt! Jetzt komm schon!
Ich sprang vom Sofa, ließ den völlig verdattert drein blickenden Carter zurück vor der Couch sitzen und flüchtete mich ins Badezimmer. Der einzige Ort hier, wo ICH die Tür abschließen konnte. Nur ein paar Sekunden später hörte ich wie er zur Badezimmertür trampelte und drohte die Tür einzuschlagen.
Er bollerte mit aller Kraft gegen die Tür und schrie, ich solle die Tür aufmachen.
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Wolves - Eine von ihnen
Manusia SerigalaDies ist die Fortsetzung meiner ersten Story 'Wolves - Alleine unter Wölfen' und somit der zweite Teil meiner Trilogie. Was passiert, wenn Wolfsblut und Vampirgift aufeinander treffen?! Schon immer gibt es zwischen den beiden Seiten Auseinandersetzu...