Kapitel 21

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Seth POV

Seit mehr als 3 Monaten hatte ich meine Ally schon nicht mehr gesehen. Also, das heißt, eingebildet habe ich sie mir schon. Aber wie oft war ich alleine gewesen und hatte mich mit meiner imaginären Ally unterhalten. Es war ein schreckliches Gefühl von meiner Prinzessin getrennt zu sein und nicht zu wissen, ob sie überhaupt noch lebte. Am liebsten würde ich ihr hinter her, würde mir am liebsten das Leben nehmen, um ihr näher zu sein. Aber ich konnte nicht. Der einzige Grund, dass ich noch hier bin, ist dass ich in der Zeit vor Allys Sturz von der Klippe und auch jetzt danach für ihre Familie wie ein eigener Sohn geworden war und ich ihnen nicht noch mehr Schmerz zufügen wollte. Als wir ihnen damals gesagt haben, dass Ally von einer Klippe gefallen und wahrscheinlich gestorben war, war für die ganze Familie verständlicher Weise eine Welt zusammen gebrochen. Seitdem war ich mehrmals die Woche dort gewesen, weil sie durch mich das Gefühl hatten ihr nahe zu sein. Gerade war ich wieder auf dem Rückweg von dort. Sie liebten ihre Tochter so sehr. Oh wie hätte ich mir gewünscht, diese Liebe je bei Ally sehen. Das sie so unsere Tochter angesehen hätte. Doch ich würde sie nie sehen, da ich weder Ally überhaupt sehen, noch mit ihr zusammen ein Kind bekommen konnte.

In den letzten Monaten war ich laut vielen Aussagen zu einem sehr vernünftigen und verantwortungsvollen jungen Mann geworden. Ich hatte meine Haare länger wachsen lassen, als ich sie früher immer getragen hatte. Ich fand es sah erwachsener aus. Ich glaube, ich hatte auch gehofft durch die neue Frisur einen neuen Lebensabschnitt beginnen zu können, doch gelungen war es mir nicht.

Ich setzte mich auf einen umgefallenen Baumstamm. Wie ich meine Ally doch vermisste. Ich hatte mir in den letzten Wochen sogar immer wieder eingebildet an Vollmond Ally singen zu hören, aber leider war ich der Einzige, der sie hörte, die anderen hörten sie nie. Also war es wahrscheinlich mal wieder ein Produkt meiner Sehnsucht gewesen. Wie ich es doch hasste. Gerade hörte ich sie wieder. Doch diesmal schien es näher und lauter. Ich seufzte laut. Warum musste mir meine Fantasie nur immer vorspielen, dass ich Ally hören, sehen oder riechen konnte?! Das machte mich noch wahnsinnig. Langsam versuchte ich mir einzureden, dass ich Ally nicht wirklich hören könnte, sondern es nur ein Ergebnis meiner blühenden Fantasie war. Doch ihr Gesang wurde immer lauter, klang immer näher. Als ob sie nach jemandem rufen würde. Und plötzlich hörte sie abprubt auf. Die ganze Zeit über hatte ich nicht nach oben geguckt, doch jetzt hörte ich einen Ast vor mir knacken.

Alissa POV

Ich war so weit gelaufen. Doch jetzt war ich endlich da. Ich hatte es endlich geschafft. Ich war wieder da. Ich war wieder zu Hause. Seit dem ich das Reservat betreten hatte, hatte ich gesungen. Und eigentlich wollte ich direkt zur Siedlung laufen, doch auf meinem Weg dahin, konnte ich Seths Gedanken hören und ihn spüren. Oh man... Wie hatte ich das vermisst. Sofort lief ich in seine Richtung. Und tatsächlich. Ich hatte ihn gefunden. Er sah anders aus als sonst. Er hatte längere Haare, aber das störte mich nicht. Ich liebte ihn so wie er ist. Die langen Haare passten zu ihm. Sie ließen ihn erwachsener wirken. Ich hörte abprubt auf zu singen und kam ein paar Meter von ihm entfernt zum Stehen. Darauf bedacht, dass er meine ganzen Blessuren an meinen Armen nicht sah, versuchte ich meine Ärmel weiter herunter zu ziehen. Als ich wieder aufblickte sah er mich an. Eine Gefühlsexplosion durchfuhr meinen Körper und ich wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen, doch sein Gesichtsausdruck schien nicht gerade begeistert und was er sagte verwirrte mich: "Habe ich dir nicht schon etliche Male gesagt, du sollst endlich aus meinem Kopf verschwinden?! Ally ist gestorben und du wirst sie nie ersetzen können. Hast du verstanden?! Diese vermaledeite Sehnsucht nach Ally, warum musste ich mir immer wieder einbilden, sie wäre hier?!"

Was?! Er hat sich eingebildet, ich sei bei ihm?! Er hat Sehnsucht nach mir?! OMG ist das süß! Urplötzlich begann ich zu grinsen und nahm das Wort an mich:

"Seth...", sagte ich sanft und leise, "Was würdest du sagen, wenn ich wirklich Ally bin?!

"Das sagst du immer..."

"Und wenn ich es dir beweise?!"

"Wie denn das?! Alles was meine Ally wüsste, weißt du auch..."

"Tanzende Gefühle

Wir bekommen Gänsehaut
Schmetterlinge in unserem Bauch
Können nicht mehr klar denken
Haben verlernt uns're Taten zu lenken

Es ist das, was alle erstreben
Ein Nehmen und ein Geben
Glücklich, und einfach Sein
Ich bin Dein und du für immer Mein

In uns'rem Inneren, tanzen sie
Lassen uns alleine, nie
Wir sind zum Fühlen verdammt
Ziehen uns für immer in ihren Bann."

Verständnislos blickte Seth mich an und ich erklärte ihm mein Vortragen des Gedichtes, dass ich selber geschrieben hatte:

"Ich habe das Gedicht in mein Tagebuch geschrieben... Es bezieht sich auf dich... und ich weiß, dass du es gelesen hast... Die Ally aus deinem Kopf würde es dir niemals auswendig vortragen können. Und die Ally aus deinem Kopf wüsste nicht, dass ich weiß, dass du es gelesen hast, denn sie denkt, was du denkst..."

"Al?!", seine Stimme zitterte. Ich nickte leicht und er sprang auf und schloss mich sofort in seine Arme. Ich spürte wie er sofort vor Freude anfing zu weinen. Auch mir kamen die Tränen und so standen wir da beide weinend und schluchzend. "Ich lass dich nie mehr los", nuschelte Seth mir in meine Schulter und ich drückte ihn noch fester an mich. "Ich liebe dich so sehr mein Prinz. Ich lasse dich nie mehr allein", antwortete ich ebenfalls nuschelnd. Mich durchströmten in diesem Moment so viele Gefühle, die ich so vermisst hatte. Doch am meisten genoss ich seine Nähe und Wärme und die bedingungslose Liebe, die er mir entgegen brachte.

Als wir uns endlich voneinander lösten, strich er mir vorsichtig die Tränen von den Wangen und wollte mit mir Richtung Rudel gehen, jedoch bemerkte er genau in diesem Moment die blauen Flecke an meinen Armen.

Wolves - Eine von ihnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt