Ich sah Mex entgeistert an und schlug mir die Hand vor den Mund. Nun drehte auch Seth sich um und sah ihn. "Mex?! Wo warst du? Was hast du getan?", fragte auch er ziemlich geschockt darüber, dass Mex so mies zugerichtet war. Mex jedoch sagte nichts. Er kam nur langsam auf Seth und mich zu und blieb vor mir stehen. "Tut mir leid... Ich hätte ihn dir schon lange wiedergeben sollen...", er nahm beim Reden meine Hand und ließ meinen Verlobungsring hineingleiten. Ich nickte leicht. Ich war mit dem Kopf immer noch damit beschäftigt, was wohl passiert war. "Mex, geht es dir gut?", fragte ich meinen Ring fest umklammernd. "Jaja...", er zwang sich zu einem Lächeln, drehte sich um und wollte in seine Hütte gehen, doch ich hielt ihn auf, in dem ich ihn fest hielt. "Danke Mex, aber das wäre nicht nötig gewesen...", lächelte ich leicht. Er drehte sich wieder zu mir um und sah mich aus klaren braunen Augen an. Ein letztes gehauchtes "Doch..." entwich seiner Kehle, bevor er in den Schnee kippte und bewusstlos liegen blieb.
Na klasse... normalerweise bin ich doch diejenige, die das Bewusstsein verliert, und nicht einer meiner Freunde. Angespannt saßen Seth, Jake und ich auf den Stufen vor Mexs Hütte und warteten. Während ich genau wusste, was passiert war, philosophierten die Anderen wild darüber, was wohl passiert sein könnte. Ich sah die beiden an. Sollte ich es ihnen sagen? Was würden sie wohl denken? "Was denken wir worüber?" "Was willst du uns sagen?", hörte ich Seth und Jake mich fragend aus meinen Gedanken reißen. "Ääähm... also...."
"Ja?"
"Ich weiß was mit Mex passiert ist..."
"Und?"
"ErhatsichmitCartergeprügelt", sagte ich und ließ keine Pausen zwischen den Wörtern.
"Was?!", Jake sah mich an und Seth übernahm das Reden für mich: "Mex hat das getan, wovon ich mich die letzten 24 Stunden durchgängig abgehalten habe..."
"Hä?! Ich versteh nur Bahnhof", Jake sah uns verwirrt an.
"Er hat Carter verprügelt...", sagte ich nochmal und blieb dabei etwas ruhiger, damit Jake mich diesmal verstand. Dieser machte große Augen: "Naja... Carter hat wohl eher Mex verprügelt...", gab er zu denken und Seth und ich nickten vorsichtig.
Nach einer halben Ewigkeit saßen wir immernoch auf den Stufen. Ich saß auf Seths Schoß und kuschelte mich an ihn. Jake tipelte nervös mit den Füßen. Er war damals der Mentor von Mex gewesen und hatte die Beschützerinstinkte noch nicht ablegen können. Mex war halt wie ein kleiner Bruder für ihn.
Es war ein schönes Gefühl meinen Ring wieder am Finger zu tragen. Ich fühlte mich auf eine Art und Weise wieder komplett, die ich nicht beschreiben konnte. Seth und ich waren nach einiger Zeit aufgestanden und hatten einen kleinen Spaziergang angetreten. Wir wollten mal wieder für uns sein, ohne jemanden aus seiner Hütte auszusperren. Das hatten wir nämlich am Abend als ich wieder da war mit Leah gemacht. Sie nimmt uns das extremst übel... Seth und ich gingen Hand in Hand nebeneinander her. Doch Seth war ziemlich abwesend, schien mit dem Kopf woanders zu sein. Ich sah ihn von der Seite an und versuchte seine Gedanken zu lesen.
Seths Gedanken:
"Es riecht nach Regen", sagte Dad und setzte sich zu Leah und mir an den Tisch. "Gestern war die Rothaarige wieder da", sagte er knapp und sah uns an. "Ich möchte bitte, dass ihr vorsichtig seid... geht nicht zu weit raus und schon gar nicht alleine. Lasst euch bitte von Sam begleiten."
"Danke, auf den kann ich verzichten...", murrte Leah und biss von ihrem Brötchen ab.
"Dad, warum darf ich nicht alleine rausgehen?! Ich bin doch alt genug", sagte ich.
"Mit fast 15 Jahren ist man nicht alt genug um alleine draußen rum zu rennen, wenn eine Vampirin alle zwei Stunden vorbeischaut...", sagte Dad und beendete damit die Diskussion. Er stand auf. "Ich treffe mich heute mit Charlie. Wir gehen die Wölfe 'jagen'...", mit diesen Worten griff er nach seinem alten Jagdgewehr und verließ unsere kleine Hütte. Leah und ich hörten wie er in den alten Pick-Up stieg und davon fuhr. Ab Jetzt waren wir alleine.
Wir taten lange Zeit nichts. Langweilten uns. Sahen dem Uhrenzeiger beim Ticken zu, als wir draußen Autogeräusche vernahmen. Sofort sprang ich von der kleinen harten Couch und lief zur Tür. Ich hoffte es seien die Anderen, die die Rothaarige endlich zur Strecke gebracht hatten und Dad, der auch endlich wieder zurück kam. Die Anderen kamen angelaufen, da hatte ich Recht, aber an Stelle von Dads Pick-Up hielt der Polizeiwagen von Dads Freund Charlie vor unserer Tür. Ich runzelte die Stirn und lief dem aussteigenden Charlie entgegen. Er sah fertig aus. Hatte Tränen in den Augen. "Wo ist Dad?", fragte ich als ich neben Charlie zum Stehen kam. Er schluckte. Sam kam zu uns gelaufen und legte mir seine Hand auf die Schulter. Embry, Paul und die anderen aus dem damaligen kleinen Rudel kamen auch angelaufen. Selbst Billy tauchte plötzlich auf und an ihren Blicken erkannte ich, was hier los war. Nun kam auch Leah heraus gelaufen. Sie blieb auf den Stufen stehen. Betrachtete die Situation. "Wo ist Dad?", fragte sie ebenfalls, als sie in meine mit Tränen gefüllten Augen blickte. Sam war in der Zeit um Charlies Polizeiwagen herum gelaufen und hatte die Tür zur Beifahrerseite geöffnet. Jetzt hob er vorsichtug und behutsam jemanden heraus. Er hob Dad heraus. Leblos hing sein Arm herunter, sein Kopf fiel in den Nacken. Während Sam Dad in unsere Hütte trug begann ich zu schreien. Ich wollte tu meinem Dad, wollte ihn wieder lebendig machen, doch Paul, Embry und Quil hielten mich davon ab. Ich schrie. Schrie mir die Seele aus dem Leib, fiel zu Boden, weinte. Es fühlte sich an als hätte jemand etwas aus mir heraus gerissen. Es fühlte sich an als würde mir jemand in den Bauch treten. Es fühlte sich an als hätte man mir alles genommen und mich dann hinterrücks erstochen. Ich sah durch verheulte Augen zu Leah, konnte sie jedoch nur verschwommen erkennen. Sie wischte sich die Tränen weg und rannte los. Sie ignorierte Billys Rufe, dass sie bleiben sollte, dass es zu gefährlich sei. Sie rannte einfach davon.
Gedankenende.
Ich sah Seth an. "Seth? Ist... ist alles okay bei dir?", ich hatte Tränen in den Augen. Auch er sah mich jetzt an und als er meine Tränen sah wurde ihm Eines klar. "Du... du hast es gesehen... es tut mir leid... Du solltest das nicht sehen, dass war nicht für deine Augen bestimmt... Diese Erinnerung ist viel zu furchtbar für dich... Ignorier es einfach, ja?" Liebevoll legte er seine Hand an meine Wange und strich eine Träne weg, die über meine Wange kullerte. Ich schüttelte den Kopf. "Ich... Du... Ich wusste nicht... Ich hätte ihn gerne kennegelernt", sagte ich und sah ihn weiterhin an. "Er hätte dich gemocht", lächelte er. Doch sein Lächeln war kein so dahin gelächeltes Lächeln. Es war ein wahres, ein ehrliches Lächeln. Ein Lächeln bei dem man merkte, was alles auf ihm lastete und welches doch glücklich machte.
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Wolves - Eine von ihnen
WerewolfDies ist die Fortsetzung meiner ersten Story 'Wolves - Alleine unter Wölfen' und somit der zweite Teil meiner Trilogie. Was passiert, wenn Wolfsblut und Vampirgift aufeinander treffen?! Schon immer gibt es zwischen den beiden Seiten Auseinandersetzu...