Der nächste Tag war ein freier Tag, dennoch waren wir wieder alle an der Schanze um ein paar wenige Sprünge zu machen. Auch ich würde wieder ein paar Sprünge machen. Natürlich schauten mich die anderen noch erstaunt an, da nicht alle wussten das ich springen kann. Da es ja eh ein freier Tag war wurde das Training auch nicht so ernst genommen und es sprangen immer mindesten zwei gleichzeitig. Dies ließen sich natürlich Jurij und ich uns nicht zweimal sagen und fuhren uns, wie immer, über den Haufen.
"Ich werde den Wettkampf nicht mit springen." Jurij und ich machten uns gerade auf den Weg an oben. "Deine Leistung oder?" Ich schaute zu Jurij rüber. Für mich war es keine Überraschung gewesen das Jurij sich so entschieden hatte. Er war schon länger nicht ganz zufrieden mit seiner Leistung und es war nur noch eine Frage der Zeit bis er die Auszeit nahm. Dass er es allerding während der Tournee machen würde, hätte ich vorher auch nicht gedacht. Auch wenn es für ihn nur um die Weltcuppunkte ging, die er auch nicht mehr so brauchte, er kam eh nichtmehr vorne rein. "Ja. Ich werde auch nach Slowenien fahren und trainieren. In B-Hofen bin ich dann auch wieder dabei." "Das habe ich jetzt auch erwartet. Wer weiß wie Pero das Springen jetzt abschließen wird." "Ich hoffe doch mal das er auf dem Podest steht." Jurij lächelte sicher. So sicher wie er sich war würde ich auch gerne sein. Ich wusste das Pero es schaffen kann, wenn er sich nicht selber im Wege stand. Immer wieder war er kurz davor die großen Titel zu schnappen, aber immer wieder verkrampfte er und andere holten sich dann den Titel. Dieses Jahr wollte er alles anders machen. Von Anfang an für seine Träume kämpfen, vorne weg gehen und den anderen zeigen, dass er auch Titel gewinnen konnte. Nicht immer nur zweiter ist.
Am Abend standen wir alle vor dem Hotel, um Jurij zu verabschieden. Er würde schon nach Planica fahren um dort ein paar Trainingssprünge zu machen. "Pass bitte etwas auf meine kleine auf." Jurij hatte mich gerade umarmt und mir die Worte zugeflüstert. Erstaunt schaute ich ihn an. Hatte es wirklich zwischen Leo und Jurij geklappt? "Leo und ich sind ein Paar." beantworte Jurij meine Frage, die ich nicht mal ausgesprochen hatte und ich umarmte ihn nochmal. Die beiden passten einfach zusammen und ich hatte ja von Anfang an gedacht, dass Leo sich in Jurij verliebt hatte. "Glückwunsch euch beiden. Und ja ich passe auf sie auf." flüsterte ich ihn noch zu bevor er sich von mir löste, Leo nochmal lange in die Arme nahm und ihr einen Kuss aufdrückte. Was natürlich nicht unentdeckt blieb und die Jungs zum grölen brachte. Beide lösten sich lachend und Jurij fuhr los. Jetzt war er also für ein paar Tage weg. Leo und ich waren die letzten die schließlich zurück ins Hotel gingen. "Du vermisst ihn jetzt schon?" Ich schaute Leo fragend an. "Nein, ich bin nur am überlegen warum er es mir so zwischen Tür und Angel gesagt hat." Ich blieb stehen und schaute Leo noch fragender an. "Wann hast du es erfahren?" "Kurz bevor er seine Sachen gepackt hatte." Leo schaute traurig auf den Boden und ich nahm sie tröstend in den Arm. "Vielleicht war er sich vorher noch nicht so sicher gewesen. Goran hat ja auch niemanden nach nominiert, auch wenn es nur für ein Springen wäre." "Vielleicht hast du recht. Aber was ist wenn er mir was verheimlicht." "Jurij verheimlicht dir nichts und wenn wüsste ich es. Als seine beste Freundin. Solche Aktionen sind übrigens typisch für Jurij, wenn er nicht in Form ist." Leo schaute wieder auf und lächelte mich an. "Dann vertraue ich dir mal."
Die Zimmer waren natürlich wieder so aufgeteilt wie in Garmisch und da die anderen noch immer keine Lust auf Semenic hatten, waren sie wieder mit in unserem Zimmer. Diesmal war es noch lustiger, da Tom Halvor ersetzte. Und wenn Tom da war wurde es immer lustig. Soviel hatte ich auch schon in meinen ersten Monaten gelernt. So wurde auch der Abend sehr lustig. Wir saßen gemeinsam auf unserem Bett und Tom gab seine besten Geschichten wieder. Wir mussten wohl an dem Abend so viel und laut gelacht haben, das uns am nächsten Morgen alle schief anschauten. "Was ist?" Ich hatte mir schon mein Frühstück geholt und setzte mich mit zu Ewa und Kamil, die ich beide kurz umarmte. "Kamil überlegt schon die ganze Zeit was ihr gestern gemacht habt." Kamil musterte mich immer noch und ich konnte mir mein lachen kaum unterdrücken. "Ich sage nur Tom." als die anderen aus Team Norwegen es hörten, fingen auch sie an zu lachen. Ja Tom war schon der Chaot des Norwegischen Teams und jeder musste einfach ständig über ihn lachen.
"Wollen wir vor der Quali noch eine runde zusammen gehen?" Anders schaute mich fragend an. "Ja klar." Ich schnappte mir meine Jacke und ging zu Anders. Er zog mich kurz in seine Arme und küsste mich. Als dann auch er seine Jacke hatte verließen wir gemeinsam das Hotel. "tut mir übrigens leid, dass ich jetzt so wenig Zeit für dich hatte." Ich schaut in seine Wunderschönen Augen und verlor mich mal wieder in ihnen. "Hey das ist kein Problem. Du machst doch nur deine Arbeit. Ich bin schon glücklich das ich dich jeden Tag sehen kann." Anders legte eine Hand auf meine Wange und küsste mich. "Ich hatte mir das ganze aber anders vorgenommen. Die ganze Tournee hatten wir nicht wirklich was zusammen gemacht weil ich immer anderweitig beschäftigt war." Anders strich mir eine Träne von der Wange und küsste mich wieder. "Es ist alles gut Anni. Sonst war ich immer der der keine Zeit hatte. Jetzt bist du es eben mal. Aber ich habe kein Problem damit." Anders strich mir immer wieder die Tränen von der Wange bis er mich schließlich an sich zog. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Es waren nicht nur die Schuldgefühle dich mich einholten, sondern auch das Ganze mit Semenic. Ich hatte es alles in mich rein gefressen, auch wenn Anders immer wieder sagte das ich mit ihm reden sollte. Aber ich wollte ihn nicht mit meinen Problemen belästigen. Aber ich war jetzt an einen Punkt angekommen, wo ich einfach nicht mehr konnte. Semenic machte die ganze Zeit weiter. Ich hatte nie wirklich ruhe vor ihm. Selbst wenn er nicht direkt da war, bekam ich immer wieder Nachrichten von ihm die niemand gerne bekommen wollte. Ich erzählte niemanden davon und hatte es auch nicht vorgehabt. Aber irgendwann ist jede starke Person am Ende und das war ich nun. Ich konnte nicht mehr. Ich wollte das alles nicht mehr. Der Gedanke alles hin zu schmeißen wurde immer größer, auch wenn ich wusste das die anderen immer zu mir standen und mir halfen. Aber irgendwann wollte man nicht mehr von den anderen abhängig sein. Man will sein eigenes Ding machen und die anderen nicht weiter belästigen.
"Was ist los Schatz." Anders strich mir beruhigend über den Rücken und wartete bis ich mich beruhigt hatte. "Ich kann nicht mehr Anders. Ich bin der Aufgabe einfach nicht gewachsen." Ich schaute Anders nicht in die Augen, ich konnte es einfach nicht. "Du erzählst Schwachsinn Schatz. Du bist die beste für die Aufgabe. Ohne dich würde unser Team nicht da stehen wo wir sind. Du bist ein wichtiger Teil des Teams." Anders legte seine Hand unter mein Kinn und drückte es leicht nach oben, so dass ich ihn ansehen musste. "Ohne dich würde ich mich nicht immer wieder aufraffen und weiter machen." Er strich mir wieder Tränen von der Wange und küsste mich voller Gefühle. Ich wusste das ich reden musste wegen der Sache mit Semenic. Und jetzt war der Richtige Zeitpunkt dafür. ""Ich kann nichtmehr wegen Seminc. Ich schaffe es einfach nicht mehr. Ich kann das Ganze nicht mehr." Ich lehnte mich wieder an Anders. "Was hat er noch gemacht was ich noch nicht weiß." Auch wen ich Anders nicht direkt ansah wusste ich das er mich besorgt musterte. Ich musste einfach Anders alles erzählen. Er würde jetzt eh keine Ruhe mehr geben. Immer wieder musste ich pausen machen, weil mir die Tränen über die Wangen liefen. Anders hörte mir zu und strich mir wieder beruhigend über den Rücken. "Lass uns zu Goran gehen und ihm alles erzählen. So kann es doch nicht weitergehen Anni."Anders strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Was sollte ich nur ohne Anders machen.
Nachdem wir mit Goran gesprochen hatten, versicherte er uns das er was gegen ihn unternehmen würde. Allerdings könnte er es erst nach der Tournee richtig durchgreifen. Jetzt musste erst mal ein klärendes Gespräch langen.
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Slowenien trifft Norwegen
FanfictionAnni Prevc möchte aus dem Schatten ihres Bruders raus treten und nimmt einen Job im Norwegischen Team an. Sie rutscht in eine neue "Familie" rein und muss dabei die Jungs unterstützen wo sie kann. Aber auch in ihrer richtigen Familie geht es drunte...