Weihnachten war genauso schnell vorbei wie es auch gekommen war und wir waren mittlerweile in Oberstdorf wo die Vier-Schanzen-Tournee begann. Da Konsi sich eine Grippe eingefangen hatte, hatte ich umso mehr zu tun, weshalb ich Anders während der Quali nicht so hofft sah wie mir lieb war. Den Abend verbracht ich mit im Zimmer von ihm, wo sich auch der Rest des Teams versammelt hatte, um eine kleine Weihnachtsfeier der Springer zu feiern. Jeder hatte was kleines für jeden gekauft. So bekam zum Beispiel Daniel von mir neue Badelatschen, da er ja fast nur solche Dinger trug. "Danke Anni, die habe ich noch nicht." Daniel nahm mich kurz in den Arm und wir fingen alle an zu lachen. Wie ich dieses Team liebte. Wenn man Probleme hatte, konnte man zu jedem gehen und darüber reden. Dann gab es auch die Tage wo man sah, dass sie alle noch sehr jung waren und einfach auch mal scheiße bauten über die wir dann ewig lachen konnten. Die ganze Zeit unterhielten wir uns alles möglich und irgendwann schlief ich an Anders gelehnt ein.
Am nächsten Tag stand dann der Wettkampf an und ich stand mal wieder ziemlich im Stress. Alex hatte irgendwie Wind davon bekommen, das ich nebenbei als Trainerin arbeite und bat mich das Trainerteam ab sofort zu unterstützen. Also musste ich den Jungs schon beim Aufwärmen helfen, aber auch gleichzeitig die Arbeit von Konsi mit erledigen. "Soll ich dir was abnehmen." Ich umarmte Ewa kurz zur Begrüßung und setzte mein Weg zur Norwegischen Hütte fort. "Du könntest ein paar Bilder mit für mich machen, werde heute nicht allzu viele machen können, aber die Medien erwarten es." "Klar mache ich und du kommst mal etwas zur Ruhe." Ich bedankte mich normal bei Ewa und ging dann zur Teambesprechung.
Zur Ruhe kam ich nicht wirklich. Immerhin war es die Vier-Schanzen-Tournee und es war immer was zu tun. Aber ich konnte eigentlich sagen zum Glück. Die Jungs machten ihre Sache gut und waren alle relativ vorne mit dabei. Mein einziges Sorgenkind, war mein Bruder. Domen konnte den Druck nicht ganz stand halten und schaffte es gerade so in den zweiten Durchgang, aber auch nur weil er sein Duell gewonnen hatte. "Lass dich nicht unterkriegen. Das ist deine erste Tournee. Du hast noch viele vor dir. Zeig jetzt einfach das du immer noch der Domen bist, den alle kennen." Mein Bruder lief mit gesenkten Kopf neben mir her. "Dennoch habe ich alle enttäuscht." Ich hielt meinen Bruder am Arm fest und drehte ihn zu mir und umarmte ihn. "Du hast niemanden enttäuscht. Du wart heute nur mal menschlich. Ich bin froh das du heute mal den nerven nicht stand gehalten hast. Ich habe mich schon gefragt ob du noch mein Bruder bist." Zog ich meinen kleinen auf was auch funktionierte. Domen trat mir auf den Fuß. "Alles wieder gut?" "Alles wieder gut." Domen umarmte mich nochmal und machten sich dann auf den Weg nach oben, besser gelaunt als vorher. Erstes Problem gelöst.
Dass das nächste Problem mit Daniel zusammenhängen würde, hätte ich am Anfang auch nicht gedacht. Und bei ihm brauchte ich sogar Lars als Hilfe. "Ich bin ein Versager." "Das bist du nicht Daniel." Daniel hatte sich auf die Bank fallen lassen und fuhr sich immer wieder durch seine blonden Haar. So niedergeschlagen hatte ich ihn noch nie gesehen, obwohl ich schon viele Gesichter von ihn kennengelernt habe. "Schmeißt mich aus dem Team und lasst Tom wieder springen." "Du hast ein Knall Daniel. Wir schmeißen dich nicht wegen einen schlechten Sprung aus dem Team. Wir arbeiten gemeinsam daran und du wirst dann wieder dort angreifen, wo du vor der Tournee standest, Und außerdem bist du immer noch vorne mit dabei." Mittlerweile war auch Anders schon gesprungen und Lars kümmerte sich um ihn. Also besser gesagt um seine Ski, denn er war ganz vorne mit dabei. Dennoch stand Daniel jetzt erst mal im Vordergrund. "Wir beide Treffen uns morgen früh um 10 an der Schanze. Bereit zum Springen. Daniel wir schaffen das gemeinsam." Ich hockte mich vor ihn hin, nahm seine Hände in meine und lächelte ihn aufmunternd an. Daniel versuchte mich zwar auch anzulächeln, was ihn aber nicht wirklich gelang. "NA komm mache dich jetzt fertig und dann machen wir gemeinsam zurück." Ich reichte Daniel seine Sachen und machte seine Skier zusammen. Danach ging ich schnell zu meinen Freund und küsste ihn. "Glückwunsch mein Gewinner." "Naja ich bin nur vierter." "NA und dennoch bist du mein Gewinner." Ich nahm ihn in den Arm. "Ich komme heute Abend nicht vorbei. Ich kümmer mich um Daniel." "Mache das." "Ich kümmer mich um seine Sachen, da könnt ihr heute schon fahren." Lars mischte sich bei uns ein und ich war ihn dankbar für diese Idee. Ich verabschiedete mich also von Anders, der meine Sachen morgen mitbringen würde, und von Lars. Danach schloss ich noch kurz meinen großen Bruder in die Arme und zog Daniel mit zum Springerlager. "Plan Änderung. Wir beide fahren heute schon nach Garmisch und springen heute noch ein wenig." Daniel blieb stehen und schaute mich erstaunt an. "Jetzt schau nicht so. Es ist alles abgeklärt." Daniel war immer noch etwas erstaunt, packte aber nun seine Sachen in mein Auto. Auch Jurij und Domen schlossen sich uns noch an und so machten wir uns dann schon zu viert auf den Weg nach Garmisch.
Ein Glück konnte ich mit derselben Ausrüstung wie Domen springen. "Wie du kannst Skispringen." Daniel blieb vor mir erstaunt stehen, als er mich in kompletter Ausrüstung sah. "Glaubst du, dass das ganze Talent bei meinen Brüdern hängengeblieben ist?" "Nein ich hätte nur nicht damit gerechnet." Ich zog den immer noch etwas erstaunten und verwirrten Daniel mit mir mit die Schanze rauf.
Daniel bekam während dem Training immer mehr das Gefühl fürs Springen wiederum allerdings war mir von vorne rein schon klar, dass es nicht mit eine Training getan war und er noch etwas länger bräuchte.
Im Hotel mussten wir uns ein Zimmer teilen, da die ganzen Teams ja erst am nächsten Tag ankommen würden und sie so nicht mit uns gerechnet haben, aber das störte uns nicht sonderlich. „Danke Anni wegen heute." Ich stand auf dem kleinen Balkon und schaute auf die Landschaft während ich mit meinem Schatz schrieb. Daniel stellte sich mit zu mir und legte mir meine Jacke um die Schulter. „Das ist meine Aufgabe Daniel. Ich bi mit dafür verantwortlich das ihr eure Ergebnisse erzielt." Ich merkte ihm sofort an das es ihm zwar besser ging, er aber immer noch mit dem Ergebnis heute zu Kämpfe hatte. „Warum springst du nicht aktiv Ski?" Daniel drehte sich so dass er mich anschauen konnte. „Ich springe nur aus Spaß. Ich will auch die Freude an dem Sport nicht verlieren, deswegen habe ich mich recht früh dazu entschieden immer nur zu Springen wenn ich Lust habe." „weist das eigentlich Anders." Daniel schaute mich fragend an und ich senkte den Kopf. „Nein noch nicht, es gab irgendwie noch nicht den richtigen Zeitpunkt dafür." „Du solltest es ihm erzählen." „ich weiß ich werde es auch morgen machen." Daniel lächelte mich aufmunternd an und ging dann zurück ins Zimmer. Daniel hatte recht ich muss es Anders erzählen, immerhin ist er mein Freund und hat ein recht das zu erfahren. Allerding würde er, wie die meisten, versuchen mich zu zwingen aktiv zu springen. Das wollte ich aber nicht, es hatte schon lange gedauert bis meine Trainer die Entscheidung akzeptiert hatten. Sie war immer der Meinung gewesen, dass ich mit eins der größten Talente der Skisprung Szene war und ich es bis ganz nach oben geschafft hätte. Aber wollte ich das wirklich. Ich könnte immer noch einsteigen, es war immer für mich ein Platz frei. Ich Verwurf die Gedanken schnell wieder. Wie konnte ich nur darauf kommen das Anders mich zwingen würde. Wenn ich wirklich aktiv springen würde, würden wir uns nicht mehr so oft sehen und ich merkte wie sehr ich ihm gefehlt hatte. Und selber würde ich auch die Entscheidung nicht fällen, nicht Leuten den Platz wegnehmen nur weil ich gerade die Laune hatte.
Warum hatte ich nur gerade die Gedanken. Ich wollte noch nie an Wettkämpfen teil nehmen. Ich sah in mir noch nie die große Springerin. Warum kamen mir auf einmal die Gedanken. Wenn ich aktiv Springen würde könnte ich meine Jungs nicht mehr sehen. Müsste das hier alles aufgeben. Wollte ich das wirklich? Okay mir machte es gerade unglaublich viel Spaß mal wieder die Schanze runter zu jagen. Ich genoss im Moment jeden Sprung und sogar das reißen. Aber lag es nicht eher daran das ich alles mit meinen Liebsten Menschen Teile. Bei ihnen sein kann. Jeden Moment wenn ich mich nach ihnen sehne. Ich drehte mich um und lehnte mich mit den Rücken an die Brüstung. Im Zimmer lieferten sich gerade Daniel und Domen eine Kissenschlacht und Jurij versuchte in Ruhe zu arbeiten. Der Anblick zauberte mir ein Lächeln aufs Gesicht. Arbeite ich nicht nur so hart um die Jungs nach einem verkackten Sprung dann wieder so fröhlich zu sehen. Bin ich nicht eigentlich nur hier um sie alle so viel wie möglich zu sehen. Habe ich nicht die ganzen Leute und den Stress über Weihnachten vermisst? Ich war Teil dieser unglaublichen Familie und war froh und stolz darüber. Will ich das alles hier wirklich hinschmeißen nur um meinen ehemaligen Trainern ihre Bestätigung zu geben, dass sie die ganze Zeit recht hatten. Dass ich das nächste große Talent aus Slowenien war. NEIN, das will ich nicht. Ich will nicht die Zeit mit Anders missen, die wir gerade haben. Ich will nicht das Team verlieren in dem ich ein fester Bestandteil bin. Ich will nichts verlieren was ich gerade habe. Ich bin so glücklich wie lange nicht mehr und das soll auch so bleiben.
Ich atmete nochmal tief Luft um die letzten Gedanken, das hier alles hinzuschmeißen und aktiv zu springen, aus meinen Kopf zu bekommen und ging dann zurück ins Zimmer.
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Slowenien trifft Norwegen
FanficAnni Prevc möchte aus dem Schatten ihres Bruders raus treten und nimmt einen Job im Norwegischen Team an. Sie rutscht in eine neue "Familie" rein und muss dabei die Jungs unterstützen wo sie kann. Aber auch in ihrer richtigen Familie geht es drunte...