Schlimme Ereignisse und neue Freundschaft

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Nach Willingen stand das nächste Saison-Highlight auf dem Programm. Die Skiflug-WM am Kulm. Die Freude aufs fliegen war bei allen groß. Und auch Domen hatte sich augenscheinlich damit abgefunden, dass er nicht mitwirken konnte. Doch das es in ihm anders aussah wusste ich genau. Doch das sich das noch an diesem Wochenende zumindest ein wenig ändern würde, konnte wir vorher noch nicht ahnen.

Wir hatten uns entschieden schon mal die Vorflieger anzuschauen, um zu sehen wie gut die Schanze war. Was wir da sahen zeigte uns wieder wie gefährlich der Sport war. Lukas Müller, ein junger Österreicher, hatte ein Materialfehler. Sein Schuh war während dem Flug aufgegangen. Das Training wurde sofort abgebrochen und er, mit Verdacht auf Querschnittslähmung, ins Krankenhaus gebracht. "Weißt du jetzt warum wir dich nicht fliegen lassen." Ich schaute Domen traurig an. Der Gedanke das es Domen hätte sein können, erschreckte mich noch mehr. Domen nahm mich in den Arm und strich mir beruhigend übers Haar. "Ich verstehe euch Anni. Und glaub mir, ich werde es soweit nicht kommen lassen." Immer noch entsetzt machten wir uns auf den Weg zurück. Jeder von uns wusste, dass der Sport gefährlich war Aber es dann wieder zu sehen, dass ein Sturz so ausgehen konnte, ging uns allen nah.

Da am nächsten Tag nur die Quali anstand, war am Abend noch die Eröffnungsfeier. Normalerweise war eine ausgelassene Stimmung bei solchen Feiern. Aber was war schon an diesem Tag normal. Jeder hatte die Bilder von dem Sturz im Kopf. Der Gedanke das es jeden hätte passieren können, machte die Sache noch schlimmer. Es war ein Materialfehler und kein Verlust der Konzentration. Das wussten wir alle, obwohl es noch nicht einmal bestätigt war.

Nachdem alle anwesend waren, betrat Walter die Bühne. Um Aufmerksamkeit brauchte er heute nicht mal beten, da jeder auf gute Neuigkeiten hoffte. "Danke das ihr alle, trotz der schlimmen Vorfälle, erschienen seid. Gleich mal vorne weg. Lukas geht es den Umständen entsprechend gut. Ob er wieder laufen kann, können die Ärzte im Moment noch nicht sagen. Die Chancen stehen aber leider relativ schlecht." Walter machte eine kurze Pause und schaute in die Runde. Irgendwo unter den Leuten müsste auch Nick Fairall stecken. Er selber hatte vor einem Jahr einen schlimmen Sturz gehabt und war immer noch auf den Rollstuhl angewiesen. Er hatte aber immerhin schon wieder Gefühl in seinen Beinen und war auf einen guten Weg irgendwann mal wieder laufen zu können. Der Junge war stark und das würde Lukas auch sein.

"Ob es wirklich ein Materialfehler war, wird noch geprüft, man ist sich aber relativ sicher." setzte Walter seine Rede fort. "Die Wettkämpfe werden wie geplant durchgeführt. Auch auf ausdrücklichen Wunsch von Lukas hin. Sobald wir was neues von ihm wissen, werden wir euch informieren.

Wir wünschen euch jetzt viel Erfolg für die Wettkämpfe und das ihr alle heil da runter kommt. Natürlich wünschen wir auch Lukas alles erdenklich Gute." Im Raum brach leider Applaus aus und Walter verließ die Bühne. Im Hintergrund wurde nur leise Musik gespielt. Auf Tanzen hätte sowieso keiner Lust gehabt.

Nachdem Walter seine Rede beendet hatte, ging ich kurz an die frische Luft. Auch wenn Semenic nicht mehr im Team war, hörte er dennoch nicht auf mich runter zu machen. Auch wenn Anders wollte, dass ich ihm alles erzählen sollte, machte ich es nicht. Ich hatte beschlossen die Nachrichten einfach zu ignorieren. Das Deschwanden sich es jetzt zur Aufgabe gemacht hatte, mich fertig zu machen, machte die Sache auch nicht besser.

Etwas abseits vom Hotel ließ ich mich auf eine Bank fallen. Die ganze Sache nahm mich mehr mit, als mir lieb war. Ich müsste eigentlich mit jemanden darüber reden. DAs wusste ich selber. Aber ich wollte niemanden damit belasten.

"Darf ich dir Gesellschaft leisten?" Ich schaute etwas auf und sah vor mir ein Rollstuhlfahrer. "Klar. Ich bin Anni." "Hi Nick." Nick reichte mir seine Hand und lächelte mich Freundlich an. "Ich habe gehört, dass du eine unglaublich gute Trainerin sein sollst." Seine Worte zauberten mir ein Lächeln aufs Gesicht. "Naja die Jungs übertreiben gerne mal." "Vielleicht habe ich es auch schon selber gesehen, wie du arbeitest." lächelte mich nun auch Nick an. "Dir liegt doch was auf dem Herzen. Ich sehe es dir an." Nick wurde wieder etwas ernster und musterte mich. Sollte ich ihm wirklich die Sache mit Semenic und Deschwanden erzählen. Immerhin kannte er mich ja eigentlich nicht. Aber ich hatte sofort ein gutes Gefühl bei ihm und ich wusste sofort das ich ihm vertrauen konnte. Leise und unsicher fing ich an zu erzählen. Nick hörte mir die ganze Zeit zu. Immer wieder musste ich kurze Pausen machen, da mir mittlerweile auch die Tränen über die Wangen liefen. "Komm mal her." Ich stand von der Bank auf und Nick zog mich auf seinen Schoß. Er schloss mich in seine Arme und ich vergrub meinen Kopf an seiner Schulter.

Slowenien trifft NorwegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt