56. Der Takt der Schmetterlinge

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7k! Woooow! Danke!❤️😍🎉

„Sie sind sozusagen zusammen", übernahm da Lona für mich das Wort und zwinkerte mir zu. Wie auch Jonas vorhin hätte ich meine beste Freundin gerade am liebsten abgeküsst. Das war die beste Lösung. Wenn sie Kyle zu sehr an mich band mit ihrer Antwort, kann man es darauf schieben, dass sie ein offenes Mädchen war, das ihrer Freundin einen Freund wünschte – im Übrigen hatte sie bald wieder ein Date mit dem Cocktail-Typen. Und ihr Charakter war nicht so verklemmt, als dass sie Kyle hätte abstossen können. Was mir durchaus hätte gelingen können.

Meine Mutter aber war abgestossen. Oder auf Distanz gehalten. Oder was auch immer. Aber ganz sicher wollte sie Lona gerade nicht abküssen. Sie starrte mich mit einem Gesicht an, als hätte ihr gerade gebeichtet, dass ich von einem One-Night-Stand schwanger war und der Typ wieder nach Amerika abgereist sei. Ihr Mund war wieder leicht geöffnet und die Augen weit aufgerissen, sie sass wie erstarrt auf dem Sofa und es schien ihr unmöglich, in naher Zukunft etwas zu sagen. Nervös und beschämt schaute ich wieder zu Kyle, der interessiert seine Schuhe betrachtete. Heute hatte er die Haare wieder offen und durch die blonden Strähnen konnte ich sein Gesicht nicht gut sehen. Also tat ich das, was ich mich nicht getraut hatte zu Beginn unseres Horror-Treffens: ich bewegte meine leicht zitternde Hand zu Kyles und nahm seine in meine. Er erwiderte den Druck überrascht, fuhr sich mit der anderen Hand durch die Haare und warf mir einen sanften Blick zu. Mein Herz klopfe wie verrückt, aber es fühlte sich gut an, dazu zu stehen, dass er sozusagen mein Freund war.

„Und du bist?", fand meine Mutter ihre Sprache wieder, dabei kramte sie ihren kühlen Tonfall aus. „Was machst du so?"

Mein Vater warf seiner Exfrau einen strafenden Blick zu, aber sie sah es nicht.

„Kyle", er räusperte sich. „Ich, äh, studiere Kunst. Und tanze Tango."

Meine Mutter hob eine Augenbraue, aber bevor sie etwas sagen konnte, hatte mein Vater ihr mit dem Ellbogen in den Bauch gekickt, sodass sie ihre Meinung änderte und keine Bemerkung abgab – was auch immer sie sagen wollte. Jetzt gehörte auch mein männlicher Erzeuger auf die Umarmungs-Liste, sobald das alles vorbei war.

„Also, ist das jetzt okay? Lasst ihr uns unsere Beziehungen leben, wie wir es wollen?", wollte Theo auf einmal wissen, der bisher noch nichts gesagt hatte. Er hatte den Kopf auf die Hände gestützt und sich ungeduldig nach vorne gebeugt. Das war ein Unterschied zwischen uns bei-den: er war um einiges weniger geduldig als ich, doch jetzt würde ich auch gerne langsam zu einem Schluss kommen.

Meine Mutter seufzte und warf ihrem Exmann einen Blick zu, sie wirkte nicht besonders glücklich, aber auch nicht so, als würde sie gleich in die Luft gehen oder mir lebenslangen Hausarrest geben. Sie sah geschlagen aus. Erschöpft. „Wenn das wirklich euer Wunsch ist...", sagte sie zu meinem älteren Bruder und mir. „Dann lasse ich euch treffen und ... was auch immer, wie ihr wollt." Es gefiel ihr überhaupt nicht, dass zu sagen. Bei der Diskussion mit Theo hatten wir uns ja auf einen Kompromiss geeinigt, doch erst jetzt liess sie uns anscheinend Freiraum.

Aber ich brauchte einige Sekunden, bis ich die Nachricht wirklich verdaut hatte. „Wow, danke Mama", sagte ich dann erstaunlich wenig enthusiastisch, strahlte sie aber an. Ich konnte es noch nicht ganz glauben, dass wir nun wirklich normal mit unseren Freunden und Freundinnen ausgehen durfte, ohne jedes Mal zu streiten. Aber Lona und Jonas sprangen bei den Worten meiner Mutter begeistert auf und jubelten. „Yeah, Leute, habt ihr gehört?", rief Lona, kam zu mir und warf sich mir um den Hals. Ich grinste. „Ja, vielen Dank für deine Hilfe", sagte ich ihr in ihr violettes Haar, dass ich während der Umarmung sah. Dann löste sie sich von mir und liess Jonas Platz, der mir ebenso euphorisch auf die Schulter klopfte und dann dasselbe bei Theo und sogar Kyle machte. Da all meine Freunde ausser mir standen, stand auch ich auf und ging zu meiner Mutter. Etwas steif nahm ich auch sie in die Arme und murmelte: „Danke. Das freut mich wirklich!"

Meine Mutter drückte mich an sich und atmete tief ein, für einen Moment befürchtete ich, dass sie weinte. „Du bist gross geworden, meine Tochter." Das war ein überraschend emotionaler Satz und ich erwiderte ihren Druck gerührt, aber beruhigt, dass sie ihrer Stimme nach nicht weinte. Anschliessend umarmte ich auch meinen Vater ein weiteres Mal und er mur-melte mir ebenfalls ein paar Worte ins Ohr, jedoch etwas anderes. „Es scheint, dass du dir einen guten Freund ausgesucht hast, Malia." Ich lächelte breit und lachte ein wenig, zu berührt von den Versöhnungen, als dass ich etwas sagen konnte. Stattdessen legte ich meinen Kopf auf seine breite Schulter und sah aus den Augenwinkeln, dass Theo meine Mutter gerade in den Armen hatte. Ich war kleiner als sie, aber mein Bruder überragte sie um einen Kopf und es sah eher aus, als wolle er sie beschützen, als umarmen. Die Stimmung war von bedrückt und besorgt auf friedlich gewechselt und wunderschöne zehn Minuten lang hatten meine Freunde Lona und Jonas, Kyle, mein Bruder, meine Eltern und ich einen harmonischen Moment zusammen.

Aber erst als wir uns verabschiedeten und ich schlussendlich Kyle gegenüberstand, begriff ich die Reichweite des heutigen Tages. Theo und meine Eltern schauten uns zweifellos zu, aber für das erste Mal war es mir egal. Ich blickte meinem Freund in die blauen Augen und augenblicklich begannen mehrere Dutzend Schmetterlinge, in meinem Bauch zu tanzen. Sie tanzten nicht Tango, sondern einen wilden Tanz, vielleicht ein schnelles Salsa oder Jive. Mein ganzer Bauch kribbelte und tausend Gefühle explodierten in mir, als Kyle sich vorbeugte und mich küsste. Ein Kuss, der sanft begann und immer intensiver und gefühlsvoller wurde, der den Takt der Schmetterlinge und den Rhythmus meines Herzens auf die Spitze trieb.

* * *

Friede, Freude, Eierkuchen :D
Eigentlich mag ich solche Enden nicht wirklich. Aber es geht ja auch noch ein bisschen weiter.

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Küsse im 2/4-TaktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt