38 | LUKE

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„Hey du!" sagte ich, etwas zu laut, während ich mich an den Spind neben Kylies anlehnte und sie angrinste. Sie zuckte zusammen und drehte ihren Kopf erschrocken zu mir. Dabei fasste sie sich mit der Hand ans Herz und atmete laut aus.

„Du hast mich echt erschreckt", kam es von ihr und ich setzt ein entschuldigendes Lächeln auf.

„Tut mir Leid", sagte ich versöhnlich und bevor sie etwas sagen konnte fügte ich: „tut mir auch leid, dass ich mich gestern nicht mehr gemeldet hab, aber die Besprechung hat länger gedauert und dann waren wir erst kurz nach zehn zuhause und Mum hat darauf bestanden, dass ich sofort ins Bett gehe, damit ich heute fit bin. Und ich wollte dich auch nicht aufwecken."

„Kein Problem, ich hab schon um neun geschlafen, weil ich von Samstag noch so müde war", antwortete mir Kylie und nahm einen pinken Ordner aus ihrem Spind, bevor sie ihn verschloss.

Fragend zog ich meine Augenbrauen zusammen.

„Was war Samstag schnell nochmal?"

Ich konnte mich wirklich nicht mehr daran erinnern, ob sie es mir erzählt hatte oder nicht. Während wir unter der Woche öfters telefoniert hatten, war ich am Wochenende zu beschäftigt dafür gewesen.

„Wir waren bei Alison über Nacht und haben Filme gesehen. Und irgendwie ist es dann ein bisschen zu spät geworden und ich konnte auf ihrer Couch auch nicht richtig schlafen. Was habt ihr denn am Wochenende getrieben?" fragte sie nach und ich freute mich schon darauf, es ihr zu erzählen.

„Also Samstagnachmittag haben wir spontan in einem Park gespielt und Samstagabend waren wir auf einem Konzert einer Band, die gerade durch Australien touren. Sonntag waren wir dann in einem anderen Park unterwegs und es waren richtig viele Leute da. Danach haben wir uns mit Produzenten getroffen und haben mit dem über weitere Möglichkeiten für unsere Band geredet."

„Und die wären?" fragte Kylie nach und ich überlegte, wie ich jetzt am besten das Thema wechselte. Ich hatte das Gefühl, dass sie über die Meinung nicht so erfreut wäre.

„Ach warte, bevor ich es vergesse, ich hab was für dich mitgenommen."

Ich kramte aus meiner Hosentasche eine dünne Kette mit einer Kirsche dran hervor.

„Oh", kam es überrascht von Kylie, während sie Kette genauer betrachtet. Sie sah so aus, als wüsste sie nicht, was sie sagen sollte. Ich hoffte, dass das ein gutes Zeichen war und nicht, dass sie sich gerade dachte: „Die Kette ist so hässlich und ich weiß nicht, wie ich das Luke sagen soll."

„Ich hab die in einem Geschäft gesehen und die hat nur ein paar Dollar gekostet. Bei der Kirsche musste ich an dich denken."

Streng genommen musste ich daran denken, wie ihre Lippen nach Kirschen schmeckten, als wir uns geküsst hatten. Aber das kam jetzt wohl etwas komisch rüber.

„Danke Luke, das ist echt süß von dir", lächelte Kylie und nahm die Kette aus meiner Hand.

„Ich musste die Woche auch öfters an dich denken, weil sich gefühlt jedes zweite Gespräch, in das Alison involviert war, um Channing Tatum ging."

Ich blinzelte sie verwirrt an.

„Und wieso musstest du da an mich denken?" fragte ich irritiert nach und sie sah mich nun ebenfalls verwirrt an.

„Na, weil er doch dein Lieblingsschauspieler ist", meinte sie und ich sagte schnell: „Ah ja, stimmt. Wir sollten jetzt zum Klassenzimmer gehen. Nicht, dass wir noch zu spät kommen."

Ich musste sie vielleicht doch noch irgendwann darüber aufklären, dass Channing Tatum nicht mein Lieblingsschauspieler war. Kylie nickte auf meine Frage hin und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum Klassenzimmer.

Der Unterricht verging relativ schnell, weil ich eigentlich nur auf Kylies Rücken starrte und daran dachte, wie ich sie letzte Woche vermisst hatte. Ich wusste, dass ich in der Lage sein sollte einfach mal eine Woche lang ohne ihr auszukommen, aber irgendwie war es doch ziemlich hart gewesen. Wir hatten zehn Songs aufgenommen, wobei letztendlich nur fünf davon auf die CD kommen würden. Es war schwieriger gewesen, als wir erwartet hatten. Die Leute im Studio überarbeiteten die Songs nochmal mit uns und sie kritisieren es auch, wenn wir die Töne nicht genau trafen.

In unserer Vorstellung wären wir da einfach nur hingekommen hätten die Texte einmal vorgesungen und dann hätte es gepasst. Tatsächlich mussten wir den selben Text immer und immer wieder singen, bis die Leute dort damit zufrieden waren. Nach dem zweiten Tag hatten mir die Stimmbänder weh getan, aber meine Mum hatte sich um mich gekümmert. Von dem her, war es nicht so schlecht gewesen, dass sie mit dabei war. Auch wenn ich mir ziemlich unerwachsen vorgekommen war. Ständig mit Aufpasser unterwegs zu sein, kam nicht besonders cool rüber.


Mittags saßen wir dann wieder alle zusammen im Schulhof und Michael legte seinen Arm um Tricias Schulter während er sie: „Na, hast du mich vermisst?" fragte.

Tricia verdrehte die blauen Augen und antwortete: „Ja, tierisch."

„Das kann ich mir vorstellen. Vermutlich bist du die ganze Woche lang todtraurig da gesessen und hast immer wieder verzweifelt zu unserem Tisch hingeblickt, in der Hoffnung, dass ich auftauchen würde", grinste Michael und Tricia fing an zu lachen. Kylie hatte erzählt, dass sie die Woche über bei ihren Mannschaftskameraden gesessen war. Es war schon erstaunlich, wie eine einzige Party es geschafft hatte, dass sich so eine Freundschaft zwischen uns entwickelt hatte. Früher hatten wir uns nicht mal richtig gekannt und jetzt waren wir so was wie eine Schulclique.

„Ich nicht", fing sie an und warf Kylie, die neben mir saß, einen Blick zu. Die sah ihre Freundin daraufhin schockiert an und Calum, Michael und Tricia fingen an zu kichern. Wollte Tricia damit sagen, dass Kylie mich die ganze Woche lang vermisst hatte?

Ich fing an mich darüber zu freuen und sah zu ihr, wie sie ihren Blick, vor Scham, auf ihr Mittagessen senkte. Um ihren Hals baumelte die Kette mit der Kirsche dran und sie sah damit wirklich süß aus.

Irgendwie tat sie mir leid, weil das für sie gerade bestimmt eine unangenehme Situation war.

Deshalb stieß ich sie leicht meinem Ellbogen an und meinte: „Ich hätte Michael auch total vermisst."

Kylie sah hoch und zu mir, auf ihrem Gesicht einen verwirrten Blick.

Ich grinste sie an, weil mir nichts Besseres einfiel und als sie zurück grinste, fing mein Herz an stärker zu schlagen.



Ticket outta LoservilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt