44 | LUKE

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Bisher hatte ich noch nicht allzu viele Mädchen geküsst, denn ich konnte sie noch mit einer Hand abzählen und davon war eine ja schon Kylie selbst. Ich würde also nicht behaupten, dass ich mich besonders gut mit küssen auskannte, aber ich hatte das Gefühl, dass ich gerade doch alles richtig machte. Vermutlich war es dann irgendwie etwas intuitives, dass man wusste, wie man den Kopf hielt, ohne dass man zusammenstieß.

Ich küsste also erneut Kylie Fields vor unseren Freunden, doch dieses Mal war es etwas anderes. Dieses Mal war sie meine Kylie und nicht ein Mädchen, dass mir zwar gefiel, mit dem ich aber noch nie gesprochen hatte. Ich grinste innerlich, weil meine Lippen gerade mit etwas anderem beschäftigt waren und ich konnte nicht mal ansatzweise beschreiben, wie glücklich ich gerade war. Nicht nur, dass ich endlich Kylie so nah war, wie ich es mir seit unserem ersten Kuss täglich gewünscht hatte, auch unser Konzert war ein voller Erfolg gewesen. Ich kam mir nicht mehr wie Loser-Luke sondern eher wie Gewinner-Luke vor, der endlich sein Leben auf die Reihe bekam und auch mal Glück hatte.

Eigentlich wollte ich gar nicht aufhören, sie zu küssen, aber Kylie löste sich langsam von mir und mir blieb nichts anderes übrig. Das gute war, dass ich sie ja gleich wieder küssen konnte.

Als ich sie ansah, waren ihre Wangen rot und ihre Haare waren in einem, mittlerweile unordentlichem, Zopf zusammen.

„Ich muss dich was fragen", sagte sie und klang dabei außer Atem. Gut, die letzten paar Minuten war das Atmen auch Nebensache. Ich sah sie abwartend an und überlegte, was sie mich fragen könnte.

Sie wollte mich jetzt ja wohl nicht fragen, ob wir zusammen sind. Oder? Fragte man so was noch? Und sollte so etwas nicht eher ich fragen?

Ich überlegte schon, sie zu unterbrechen, doch dann fragte sie doch etwas anderes.

„In zwei Wochen heiratet meine Schwester, gehst du mit mir dahin?" kam es ziemlich schnell von ihr und ich nickte schnell.

„Klar!" antwortete ihr und sie atmete erleichtert auf. Ich wusste ja, dass ihre Schwester heiratete und ich hatte mich schon gefragt, mit wem sie da hinging. Als meine Cousine letztes Jahr geheiratet hatte, mussten wir das schon total früh sagen, weil ihr das für die Organisation total wichtig war. Damals war ich alleine dort gewesen, was jetzt aber nicht besonders erstaunlich war.

„Geht das denn noch?" fragte ich deshalb nach. „Also macht das keine Probleme, wenn ich einfach mitkomme?"

Kylie schüttelte langsam den Kopf und legte ihn dann leicht schief: „Ähm, also, ich hab schon vor einiger Zeit gesagt, dass du mitkommst. Ich wusste nur nie, wie ich dich fragen sollte."

Sie sah mich schüchtern an und anstatt ihr zu antworten, küsste ich sie einfach kurz. Schließlich konnte ich das jetzt einfach so tun.

Danach grinsten wir uns wieder an, bis meine Mutter plötzlich neben uns stand und vor Freude quietschte. Kylie und ich zuckten zusammen und ich musste gestehen, dass ich ganz vergessen hatte, dass um uns herum noch andere Leute standen. Erst jetzt fielen mir unsere Freunde wieder ein, die alle wie verrückt grinsten und anfingen zu lachen, als meine Mum: „Ach Gott, wie niedlich. Mein kleiner Luke hat endlich seine erste Freundin."

„Mum..." jammerte ich, aber sie ignorierte mich und entzog mir stattdessen meine Freundin, um sie zu umarmen.

„Ich war von Anfang an überzeugt, dass aus euch beiden ein Paar wird", teilte sie ihr mit und Kylie nickte nur leicht überfordert.

„Mum, das reicht jetzt", mischte ich mich ein und Mum ließ ihre Finger wieder von ihr, nur um dafür mich zu umarmen.

„Ich bin so stolz auf dich. Also vor allem, wegen dem Konzert. Ihr habt richtig gut gespielt, ich hab ja keine Ahnung von dieser Musik, aber ihr wart echt klasse."

„Danke Mum", antwortete ich ihr und dann seufzte sie und meinte, dass sie uns nun alleine ließ. Sie verschwand in die Richtung der Umkleiden und Kylie und ich drehten uns zu unseren Freunden. Ich legte dabei meinen Arm um ihre Hüfte und dann fand ich, dass ich mich auch bei ihnen bedanken sollte.

„Danke Jungs. Ohne euch hätte ich mich vermutlich wieder nicht getraut", gab ich kleinlaut zu und Michael grinste: „Das wussten wir doch."

„Seien wir ehrlich, ohne uns hättet ihr beide gar nichts auf die Reihe gekriegt", meinte Tricia.

Kylie und ich warfen uns einen schüchternen Blick zu und sagten dann fast gleichzeitig: „Stimmt."

***

Am Montag freute ich mich richtig auf die Schule. Ich wurde vorm Wecker wach, schaffte es meine Haare perfekt zu stylen und fand heute sogar die Schuluniform nicht so schlecht. Ich grinste die ganze Busfahrt lang und hörte mir gerne an, wie Michael von seinem Videospiel erzählte.

In der Schule machte ich mich dann als erstes auf den Weg zu Kylies Spind. Das hatten wir am Abend zuvor ausgemacht. Den Nachmittag hatten wir auch miteinander verbracht, allerdings waren unsere Freunde auch dabei, weshalb nicht so viel mit knutschen war. Wir wollten auch keines dieser nervigen Pärchen sein, die die Finger nicht voneinander lassen konnten.

„Guten Morgen Freundin", grüßte ich sie, als ich bei ihrem Spind ankam und Kylie grinste mich breit an. Ich gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange, weil ich mir nicht sicher war, wie viel Körperkontakt in der Schule erlaubt war.

„Guten Morgen Freund", antwortete sie mir und ich fragte, ob ich ihre Bücher nehmen sollte. Oder ihre Tasche.

„Nein danke, das geht schon", antwortete sie lachend und wir machten uns auf den Weg zum Klassenzimmer. Ich nahm ihre Hand und kam mir dabei richtig gut vor. Zum einen, weil ich endlich einfach ihre Hand nehmen konnte, zum anderen, weil ich die Blicke der anderen auf uns spürte. Ja, ihr seht richtig, wir sind jetzt zusammen. So richtig.

„Wie oft habt ihr jetzt eigentlich Bandprobe?" fragte sie nach.

„Jeden zweiten Tag. Ich hab aber darauf geachtet, dass wir immer dann proben, wenn ihr Training habt. Dann passt das eigentlich ganz gut. Oder?" fragte ich unsicher nach. Ich kannte mich nicht wirklich damit aus, wie man sich verhielt, wenn man eine Freundin hatte.

„Klar. Am Samstag ist die Junggesellinnenparty meiner Schwester. Die Woche darauf ist dann die Hochzeit. Ähm, hast du einen Anzug oder so?"

Ich überlegte und schüttelte den Kopf.

„Ne, ich werde meine Mum mal fragen", meinte ich und sie nickte.

„Okay, du brauchst keine Krawatte tragen, ein normales Hemd und eine Anzugsjacke reichen vollkommen. Das hat Violet gesagt, ich hab sie gefragt."

„Gut, welche Farbe hat dein Kleid schnell nochmal?"

„Lachsfarben", seufzte Kylie und dann waren wir an der Klassenzimmertür angekommen.

„Ich bin mir sicher, dass es super an dir aussieht", munterte ich sie auf und drückte ihre Hand kurz, bevor ich sie loslassen musste, weil wir auf unsere Plätze gingen.


Ticket outta LoservilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt